WhatsApp bietet eine neue Funktion an. Sie heißt "Kanäle". Wer sie nutzt, abonniert eine Art Newsletter - aber auch eine Art der Werbung. Ist das zulässig, was sind die Regeln und werden diese eingehalten?
Wer WhatsApp öffnet, findet in der Fußzeile des Angebots, getrennt von persönlichen Chats und Anrufen, den Reiter Aktuelles. Dahinter verbirgt sich neben Statusmeldungen von Kontakten seit kurzem auch die neue Funktion "Kanäle".
Aktuell findet man dort etwa Angebote von Fußballbundesligisten, Nachrichtenanbietern, Unternehmen oder auch von Personen, die etwas mitzuteilen haben. Konkret werden dort Texte, Bilder, Videos und Links bereitgestellt. Kommunikation findet auf den Kanälen – sieht man von Emojis ab – nur in eine Richtung statt. Wer mit dem Anbieter des Kanals chatten will, kann das nicht. Insofern kann man einen Kanal mit einem Newsletter vergleichen.
WhatsApp Kanäle: Nachrichten oder schon Werbung?
Über die Kanäle erhalten Abonnenten Nachrichten zu ihren Interessen. Wer etwa den Kanal des FC Bayern München abonniert, erhält mit weiteren ca. 2,6 Mio. Fans, die den Dienst gebucht haben, Impressionen aus dem Vereinsleben in Worten und Bildern, etwa vom letzten Spieltag.
Daneben sind aber auch Fotos von Spielern im Angebot, die vor dem Logo einer Brauerei Bierhumpen in die Kamera halten. Man kann sich fragen, ob das noch eine Nachricht des Vereins ist, oder schon Werbung für die Brauerei. Für letzteres könnte etwa ein Werbevertrag zwischen Verein und Brauerei sprechen.
Da der Begriff der Werbung sehr weit ausgelegt wird, dürfte schon der Kanal darunterfallen. Jedenfalls dann, wenn es um konkrete geschäftliche Handlungen geht und man etwa im Kanal des FC Bayern München per Link in den Onlineshop geführt wird, um dort das aktuelle "Wiesntrikot" des Vereins kaufen zu können. "Kanäle" ist insoweit schlicht ein Verbreitungsweg zur werblichen Kommunikation mit dem Kunden per elektronischer Post.
Einwilligung für elektronische Kundenansprache
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthält Regeln für die Ansprache von Verbrauchern per elektronischer Post. Das ist eine E-Mail ebenso wie das Verbreiten eines Inhalts in einem Kommunikationsdienst, wie WhatsApp. Eine solche Ansprache ist dann als unzumutbare Belästigung unzulässig, wenn sie ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Kanal-Abonnenten in eine Werbeansprache erfolgt.
Diese sogenannte Werbeeinwilligung muss die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllen. Wer "Kanäle" als Forum für Nutzeransprache per elektronischer Post nutzt, benötigt von jedem Nutzer eine wirksame Einwilligung zur Datenverarbeitung zu Werbezwecken. Dabei muss man verschiedene Pflichten auseinanderhalten.
Pflichten von Meta und der Kanal-Anbieter
Meta, der Mutterkonzern, der neben WhatsApp auch die Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram betreibt, bietet Kanäle als weitere Funktion von WhatsApp an. Nutzer müssen vor der ersten Nutzung von "Kanäle" den Nutzungsbestimmungen für die zusätzliche Funktion zustimmen. Details über die Datenverarbeitung durch Meta enthält die entsprechende Datenschutzrichtlinie.
Wer den Kanal abonniert muss sowohl in die Datenverarbeitung zu Werbezwecken im Rahmen der Nutzung des zu abonnierenden Kanals einwilligen und über sein Recht auf Werbewiderspruch informiert werden. Um diese Einwilligung zur Verwendung des Dientes "Kanäle" als Onlinewerbekanal muss sich dessen Anbieter kümmern.
Einwilligung in die Werbung fehlt
Klickt man auf den Button eines Kanalanbieters, fehlt es aber genau daran. Das "Abonnement" ist sofort und ohne Zutun des Nutzers mit Blick auf eine Werbeeinwilligung aktiv. Versteckt hinter drei Punkten in der Ecke des Anzeigefeldes des Kanals, findet sich lediglich die Möglichkeit, das Abonnement zu beenden.
Dass es sich dabei jedenfalls auch um die Nutzung eines Angebots sogenannter elektronischer Post mit Werbung handelt, in die der Nutzer bei jederzeitiger Widerrufsmöglichkeit einwilligen muss, wird auch hier verschwiegen. Da es sich bei jedem Kanal um einen sogenannten Telemediendienst handeln dürfte, müssen Anbieter dort ein Impressum aufnehmen. Platz dafür fände sich in der Rubrik Kanalinfo.
Gemeinsame Pflicht für Meta und Betreiber
Da alle Kanäle einheitlich hinsichtlich ihrer Funktionen gleich gestaltet sind, dürften Anbieter von Kanälen keine Möglichkeit haben, die rechtlichen Vorgaben aus UWG und DSGVO eigenständig einzuhalten. Insofern ist jeder, der einen Kanal betreibt, von Meta abhängig. Man kann sich fragen, ob Betreiber von WhatsApp-Kanälen datenschutzrechtlich zumindest teilweise eine gemeinsame Verantwortung mit Meta für ihr Angebot tragen. Während das für den Inhalt von Nachrichten nicht gilt, ist etwa nicht klar, welche Daten Meta über die Häufigkeit und Dauer des Betriebs von Kanälen ganz allgemein zu seinem Vorteil nutzt.
Der Europäische Gerichtshof wertet zumindest das Zusammenwirken von Fanpage-Anbietern und Facebook als gemeinsame Verantwortlichkeit mit besonderen wechselseitigen Pflichten. Um einen rechtskonformen Zustand zu erzeugen, müsste die Kanalbetreiber also nicht nur eine Einwilligung für Werbung über ihren Kanal einholen. Sie müssten auch Meta dazu bewegen, ihnen dies zu ermöglichen. Das schuldet der Datengigant den Kanalanbietern allerdings unabhängig vom Datenschutz aus vertraglichen Gründen.
WhatsApp-Kanäle sind rechtlich riskant
"Kanäle" dürfte für die Wirtschaft ein reizvoller zusätzlicher Werbekanal sein. Für Meta ist die neue Funktion von WhatsApp vermutlich eine gute Einnahmequelle in Kooperation mit der Werbewirtschaft. Dass Meta die Telefonnummern derjenigen, die "Kanäle" nutzen, schützt, ist glaubhaft.
Dass unabhängig davon aber keine verwertbaren Metadaten der Nutzenden in die Datenpools des Techgiganten fließen, ist schwer vorstellbar. Datenschützer und Verbraucherschützer dürften ein Auge auf das neue Angebot haben. Es ist für Kanalbetreiber und Meta rechtlich riskant.
Lesen Sie auch: So können Sie WhatsApp-Kanäle wieder deaktivieren
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.