Mit einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rolle von Ärztebewertungsportalen klarer definiert. Doch wie seriös sind die Informationen auf Seiten wie Jameda?

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Die Suche nach einem guten Arzt ähnelt oft dem beliebten Kinderspiel Topfschlagen: Wer Glück hat, kann sich auf Tipps von Freunden und Bekannten verlassen; alle anderen müssen den Selbstversuch wagen.

Genau an dieser Stelle wollen Ärztebewertungsportale wie weisse-liste.de oder Jameda Abhilfe schaffen. Doch gelingt ihnen das auch? Ein aktuelles BGH-Urteil wirft zumindest Fragen auf.

Wer einen Arzt googelt, findet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bald auf einer Ärztebewertungsplattform wieder. Dazu zählen unter anderem weisse-liste.de, arzt-auskunft.de, Sanego und Jameda - nach eigenen Angaben "Deutschlands größte Arztempfehlung".

Nutzer finden auf solchen Portalen Öffnungszeiten, Kontaktdaten und weitere Informationen zum gesuchten Arzt. Darüber hinaus bieten die Plattformen auch die Möglichkeit, Ärzte zu bewerten.

Während Jameda aus den unterschiedlichen Bewertungen eine Gesamtnote errechnet, die farblich betont – von grün für gut bis rot für mangelhaft – auf dem Arztprofil angezeigt wird, gibt es bei arzt-auskunft.de Empfehlungen. Die User sehen also, wie oft und mit welcher Begründung ein Arzt schon empfohlen wurde.

Ein ähnliches Prinzip verfolgt weisse-liste.de. Auch hier können Patienten ihren Arzt nach der Zufriedenheit in verschiedenen Kategorien wie Gesamteindruck, medizinische Behandlung und Arztkommunikation bewerten.

Daraus errechnet das Portal eine Weiterempfehlungsrate. Allerdings sind mindestens fünf Empfehlungen pro Arzt nötig, um eine Weiterempfehlungsarte anzuzeigen – und so einen glaubwürdigeren Durchschnitt zu vermitteln.

Zahlungspflichtiges Premium-Profil für Ärzte als Streitpunkt

Die Ärztebewertungsportale versuchen, möglichst viele Ärzte in ihr Portal aufzunehmen, um den Usern so eine möglichst lückenlose Auswahl zu bieten. Dafür müssen Ärzte in der Regel nichts selbst beisteuern, allerdings können sie bei manchen Portalen kostenpflichtige Premiumpakete abschließen.

Jameda beispielsweise teilt Ärzte intern in zwei Kategorien ein: "Kunden" und "Nicht-Kunden". Während "Kunden" für ihr Profilupgrade zahlen müssen und ihr Arztprofil unter anderem mit Bildern verschönern können, mussten "Nicht-Kunden" bisher Werbung auf ihrem Profil dulden. Dabei wurden Ärzte der gleichen Fachrichtung und in der Nähe der Praxis des "Nicht-Kunden" mit ihrer Note auf dessen Profil angezeigt.

Dagegen hatte eine Ärztin aus Köln geklagt. Die Dermatologin fühlte sich durch das Geschäftsmodell von Jameda unfair behandelt und sah ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Bereits 2015 war sie gegen das Portal vor Gericht gezogen und hatte durchgesetzt, dass 17 schlechte Bewertungen von ihrem Profil gelöscht werden mussten.

Da Bewertungen und ihre Glaubwürdigkeit maßgeblich den Ruf eines Ärztebewertungsportals beeinflussen, arbeiten die Anbieter mit unterschiedlichen Methoden.

Bei Arzt-Auskunft.de von der Stiftung Gesundheit werde "jede einzelne Bewertung von Fachkräften gesichtet und gegebenenfalls nicht freigeschaltet, etwa bei Rechtsverletzungen," erklärte Dr. Peter Müller, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheit, unserer Redaktion.

Zudem wird "jeder Arzt über die Bewertung im Detail vor der Veröffentlichung informiert und kann Stellung nehmen oder öffentlich kommentieren".

Portale ergreifen Maßnahmen gegen gekaufte Bewertungen

Jameda setzt dagegen im ersten Schritt auf künstliche Intelligenz. "Vor der Veröffentlichung einer Bewertung prüft unser selbstlernender Algorithmus die Bewertung anhand von mehr als 50 Kriterien auf sprachliche und technische Auffälligkeiten", erläuterte Anne Schallhammer, Pressesprecherin von Jameda, gegenüber unserer Redaktion.

Darüber hinaus werden die Bewertungen manuell geprüft. Gegen Agenturen, die gekaufte Bewertungen auf Ärzteportalen anbieten, gehen sowohl Jameda als auch arzt-auskunft.de nach eigenen Angaben strikt vor.

Die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) hat in einer Studie zu Bewertungen auf Ärztebewertungsportalen vom Mai 2017 allerdings mögliche Schwachstellen ausgemacht. Die DtGV hatte mehrere deutsche Ärztebewertungsportale verglichen, darunter auch weisse-liste.de, Jameda, arzt-auskunft.de und Sanego.

Nach Angaben des Marktforschungsinstituts verzichteten die meisten Portale bei der Prüfung der Bewertungen und Kommentare auf genaue Informationen der Patienten. Bei manchen Portalen war für Nutzer lediglich eine E-Mail-Adresse notwendig, um einen Arzt zu bewerten, nur weisse-liste.de überprüfte nach Angaben der Studie die einzelnen Nutzer.

Jameda reagiert sofort auf BGH-Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gab vor Kurzem der Forderung einer Kölner Ärztin nach Löschung ihres Profils auf Jameda Recht. Das Portal erklärte in einer Pressemitteilung direkt nach dem Urteil, dass Ärzte ihre Profile nicht löschen können. Stattdessen änderte das Unternehmen die eigene Werbungspraxis.

Jameda "hat die Anzeigen auf Arztprofilen, die Grund für das Urteil waren, nach Vorgaben der Bundesrichter mit sofortiger Wirkung entfernt", so Geschäftsführer Dr. Florian Weiß in der Pressemitteilung im Anschluss an das Urteil. Damit falle aus Sicht des Bewertungsportals der Grund für die Löschung weg. "Patienten finden somit auf Jameda auch weiterhin alle niedergelassenen Ärzte Deutschlands." Für arzt-auskunft ändert sich laut Dr. Müller durch das Urteil dagegen nichts.

Mit diesem Urteil zieht der BGH eine Trennlinie für Bewertungsportale. Als Austauschplattform für Informationen mit einem freien Erfahrungsaustausch gewährt ihnen der BGH die Freiheit, möglichst viele Ärzte aufzuführen. Bei einer Vermischung des Informationsaustausches mit werblichen Angeboten dagegen endet für den BGH die "Stellung als 'neutraler Informationsmittler'".

Das sagt Jameda zu den Ergebnissen der Studie

In ihrer Studie vom Mai 2017 hatte die DtGV kritisiert, nur sechs von zehn Anbietern würden eindeutig erläutern, wie ihr Portal finanziert sei. Gegenüber unserer Redaktion gaben zumindest zwei Portale Auskunft. Jameda-Pressesprecherin Schallhammer sagte: "Jameda finanziert sich zu circa 90 Prozent aus den Premium-Profilen der Ärzte. Auf die Bewertungen und das Ranking hat ein Premium-Profil keinen Einfluss." Anders ist das Finanzierungs-Modell bei Arzt-auskunft.de: "Der größte Teil sind Lizenzentgelte von Krankenversicherungen," so Vorstandsvorsitzender Dr. Müller.

Wie wichtig für die Funktionsweise der Ärztebewertungsportale eine Trennung von unabhängigem Informationsaustausch und werblicher Tätigkeit ist, zeigt ein vier Jahre altes Urteil. Bereits 2014 hatte der BGH dazu nach der Klage eines Arztes entschieden, dass der freie Austausch über die Erlebnisse beim Arztbesuch Vorrang vor dem Datenschutz habe.

Die damalige Klage des Arztes auf Löschung seines Profils wurde abgewiesen. Und auch in der Begründung des aktuellen Urteils betonten die Richter des BGH, dass ihre Entscheidung aus dem Jahr 2014 weiter Bestand hat.

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