Der Fall des Fußball-Profis Serge Gnabry wirft Fragen auf: Warum wurde der Bayern-Spieler zunächst positiv auf SARS-CoV-2 getestet, dann mehrfach negativ? "Falsch-positive" Corona-Tests sorgen aktuell für Verunsicherung und es stellt sich die Frage, wie sicher Corona-Tests tatsächlich sind.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Bei einem Routine-Test wurde der Bayern-Spieler Serge Gnabry positiv getestet. Weitere PCR- und Antikörper-Tests waren jedoch negativ. Auch zeigte Gnabry weder Symptome noch Anzeichen einer bereits überstandenen Corona-Infektion. Daher bewertete das Münchner Gesundheitsamt den ersten Test als "falsch-positiv".

Meldungen wie diese sorgen für Schlagzeilen, die an der Sicherheit der Tests Zweifel aufkommen lassen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Tests und "falsch-positive" und "falsch-negative" Ergebnisse.

Welche Arten von Tests gibt es?

Beim PCR-Test, dem häufigsten und sichersten Verfahren, wird das Erbgut des Coronavirus nachgewiesen. Dazu wird ein Abstrich aus dem Mund-, Rachen- und/oder Nasenraum entnommen. Dieser wird im Labor mittels eines molekularen Tests auf Genmaterial der Viren untersucht.

Beim PCR-Schnelltest muss der Abstrich ebenfalls durch ein fachlich geschultes Personal durchgeführt werden. Nachteil: Es können nicht viele Tests gleichzeitig gemacht werden, und es bedarf einer sicheren Umgebung. Daher sei der Test nicht massentauglich, sagt Theo Stein, stellvertretender Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Laborärzte, "tagesschau.de".

Beim Antigen-Test werden die Eiweißfragmente des Virus untersucht. Die Probe reagiert mit einem Teststreifen, eine Farbreaktion bekommt man bereits nach 15 Minuten. Der Test eignet sich auch außerhalb von Laboren, etwa für Arztpraxen oder Pflegeheime.

Nachteil: Damit der Test anschlägt, muss eine größere Virusmenge vorhanden sein, erklärt Stein. Hat jemand keine Symptome, sind weniger Viren im Körper, und das Testergebnis könnte "falsch-negativ" sein.

Beim Antiköper-Test wird das Blut auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht. Damit kann festgestellt werden, ob sich jemand bereits früher mit Corona infiziert hat, es kann aber keine akute Infektion nachgewiesen werden, denn der Körper benötigt eine gewisse Zeit, um die eigene Immunabwehr zu aktivieren. Den Antikörper-Test gibt es auch als Schnelltest, von dem das RKI jedoch abrät und aufgrund der besseren Qualität auf den Labortest verweist.

Was bedeutet "falsch-positiv"?

Ein "falsch-positives" Testergebnis bedeutet, dass der Getestete positiv getestet wurde, obwohl er nicht infiziert ist.

Deutschland hat eine relativ geringe Infektions-Rate, testet aber vergleichsweise viel, auch ohne Anlass, was dazu führt, dass der Anteil der Infizierten an allen Getesteten klein ist. Dadurch könnte ein im Grunde kleiner Anteil an "falsch-positiven" Tests bedeutsam werden, weil die falschen Ergebnisse stärker ins Gewicht fallen und die Zahl erfasster Neuinfektionen womöglich zu hoch liegt.

Wie und wie oft kann es zu einem "falsch-positiven" Ergebnis kommen?

Zu einem "falsch-positiven" Ergebnis kann es durch Störanfälligkeiten des Tests oder durch Kreuzreaktionen mit anderen, älteren Coronaviren kommen, aber auch durch falsche Probeentnahmen.

In einem Ringversuch, veröffentlicht von der Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e.V., wurde festgestellt, dass die momentan zur Verfügung stehenden PCR-Tests eine Genauigkeit von 98 Prozent haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass zwei Prozent der Tests ein "falsch-positives" Ergebnis liefern: Die Fehlerwahrscheinlichkeit bezieht sich auf einen Gen-Ort, auf den getestet wird. Da viele Labore auf zwei oder drei Gen-Orte ("Dual-Target-System") testen, kann damit die Fehlerquote auf 0,01 Prozent gesenkt werden. Demzufolge wäre nur einer von 10.000 Tests "falsch-positiv".

Könnte ein merklicher Teil der gemeldeten Infizierten gar nicht infiziert sein?

Geht man von einer Fehlerquote von 0,01 Prozent aus und testet man 1,2 Millionen Menschen mittels PCR-Test, dann bekäme man 120 "falsch-positive" und 1.199.880 richtige Test-Ergebnisse.

Wie kommt es zu einem "falsch-negativen " Test-Ergebnis ?

"Falsch-negativ" kann ein Test ausfallen, wenn die Infektion entweder ganz frisch ist oder bereits länger zurückliegt. Auch wenn der Abstrich nicht tief im Rachen durchgeführt wurde, oder die Probe falsch, das heißt nicht gekühlt transportiert oder gelagert wurde, könnte dies das Testergebnis verfälschen.

Welche Folgen haben "falsch-positive" oder "falsch-negative" Ergebnisse?

Je höher die Anzahl der Infizierten, umso härter fallen die Maßnahmen der Politik zur Corona-Bekämpfung aus. Da starke Einschränkungen wie etwa ein Lockdown gravierende Auswirkungen auf Wirtschaft und Bildungssystem sowie auf die Freiheit der Menschen haben, wären zu hohe Zahlen fatal: Die Wirtschaft würde womöglich ganz ohne Not in die Knie gezwungen, und viele Menschen würden unnötig in Quarantäne geschickt oder nähmen an, sie hätten Corona bereits hinter sich.

Auch zu niedrige Fallzahlen aufgrund "falsch-negativer" Tests wären gefährlich, da sich die getesteten Personen in Sicherheit wiegten, aber dennoch viele weitere Menschen anstecken könnten, was zu einer weiteren Verbreitung des Virus führen könnte.

Kritik an großer Anzahl Tests ohne konkreten Anlass

Dagmar Lühmann, Vizevorsitzende des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (EBM-Netzwerk) kritisiert die große Anzahl von anlasslosen Tests. In einer rein theoretischen Beispielrechnung in einem von ihr veröffentlichten Papier geht sie davon aus, dass von 100.000 Getesteten 50 infiziert sind. Erkennt ein Test zwei Prozent der Infektionen nicht ("falsch-negativ"), schlägt er bei 49 von 50 Infizierten korrekt an.

Sie geht weiterhin davon aus, dass der Test bei jedem Hundertsten Nicht-Infizierten anschlägt. Bei 99.950 Nicht-Infizierten würden die Tests dann in 98.951 Fällen ein korrektes Ergebnis anzeigen. 999 Mal wäre der Test "falsch-positiv": 1.048 Getestete bekämen ein positives Ergebnis, aber nur 49 wären tatsächlich infiziert, also etwa fünf Prozent.

Der Virologe Christian Drosten widerspricht dieser Theorie. Der Deutschen Presse-Agentur erklärte er: "Das Ergebnis einer Labortestung ist immer eine Diagnose, nie ein rohes Testergebnis." Bei positiven Testergebnissen, so Drosten, werde ein Zusatztest auf eine zusätzliche Genstelle vorgenommen, was dazu führe, dass "falsch-positive" Diagnosen so gut wie nie vorkämen.

Allerdings kann man wohl nicht davon ausgehen, dass alle Labore bei positiven Testergebnissen immer doppelt testen. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur schreibt Synlab, das etwa 80.000 Tests pro Woche durchführt, dass nicht jedes positive Testergebnis mit einem Zusatztest bestätigt wird, da dies aufgrund der Expertise und der Qualität der Tests nicht erforderlich ist.

Ein anderes Labor, Bioscientia, erläutert auf seiner Internetseite, dass man bei den Tests nach drei Virusgenorten sucht. Damit summiere sich die Zuverlässigkeit auf 99,99 Prozent. Es bekäme demzufolge nur ein Getesteter von 10.000 Nicht-Infizierten ein "falsch-positives" Ergebnis.

Forderung nach wissenschaftlichen Studiendaten

Die Beispielrechnungen zu "falsch-positiven" Testergebnissen beruhen lediglich auf theoretischen Annahmen. Ohne reale Werte lassen sich die Daten aber nicht sicher einschätzen. Insofern bedarf es möglichst bald wissenschaftlich valider Studiendaten zur Zuverlässigkeit von Corona-Tests.

Verwendete Quellen:

  • Instand, Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e.V.: Kommentar zum Extra Ringversuch Gruppe 340 Virusgenom-Nachweis-SARS-CoV-2, von Prof. Dr. Heinz Zeichhardtund Dr. Martin Kammel
  • Correctiv: Corona-PCR-Test und Vortestwahrscheinlichkeit: So kann es zu falschen Ergebnissen kommen
  • Bioscientia - Labordiagnostik: Wie zuverlässig ist der PCR-Nachweis?
  • Tagesschau.de: Testverfahren im Überblick - Schnell ist nicht unbedingt sicher
  • Apotheken-Umschau: Gibt es mehr falsch positive Corona-Tests?
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "Einblick" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen.


JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.