Hilft gegen die galoppierende Ausbreitung des Coronavirus nur die erneute Schließung von Läden, Schulen und Restaurants? Am Mittwoch beraten Bund und Länder wieder. Die Erwartungen der Menschen sind recht deutlich. Ein radikaler Vorschlag kommt aus dem Süden.
Vor der neuen Bund-Länder-Runde zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie rechnen fast zwei Drittel der Deutschen damit, dass es wegen der dramatisch steigenden Corona-Infektionszahlen wieder zu Schließungen von Geschäften, Restaurants oder Schulen kommen wird.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 63 Prozent, dass sie einen solchen Lockdown erwarten. Nur 23 Prozent glauben nicht daran, 13 Prozent machten keine Angaben. Unter einem Lockdown versteht man weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens.
Die Gesundheitsämter meldeten unterdessen nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom frühen Dienstagmorgen 11.409 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Am Dienstag vor einer Woche hatte die Zahl bei 6868 gelegen. Am Samstag war mit 14.714 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden.
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Nur 15 Prozent halten Corona-Auflagen für zu weitgehend
Einer weiteren Umfrage zufolge hält gut jeder zweite Deutsche die geltenden Auflagen zur Eindämmung der Pandemie für angemessen. 51 Prozent der Befragten sind im "Deutschlandtrend im ARD-Morgenmagazin" dieser Ansicht. Das sind acht Prozentpunkte weniger als zu Monatsbeginn. Für 32 Prozent gehen die aktuell geltenden Einschränkungen nicht weit genug, ein Plus von 5 Prozentpunkten. 15 Prozent halten die derzeitigen Auflagen hingegen für zu weitgehend, das sind vier Prozentpunkte mehr als Anfang Oktober.
Wegen der angespannten Corona-Lage beraten
Kanzleramt wirbt für mögliche weitere Einschränkungen
Das Kanzleramt will nach "Bild"-Informationen bei der Bund-Länder-Runde am Mittwoch wegen der rasant zunehmenden Corona-Neuinfektionen für mögliche weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens werben. Im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr sollten Schulen und Kitas jedoch weiter geöffnet bleiben, außer in Regionen mit katastrophal hohen Infektionszahlen, berichtete die Zeitung am Montagabend.
Auch der Einzelhandel solle mit neuen Einschränkungen offen bleiben. Laut "Bild" will das Kanzleramt vor allem bei Gastronomie und Veranstaltungen hart vorgehen.
Zur Bekämpfung der ersten Corona-Welle hatten Bund und Länder beschlossen, Schulen und Kitas zu schließen sowie Kultur- und Sporteinrichtungen für die Öffentlichkeit zu sperren. Die meisten Gaststätten, Läden und Dienstleister durften keine Kundschaft empfangen, Zusammenkünfte etwa in Kirchen oder Sportvereinen waren verboten. Ansammlungen von mehr als zwei Personen unterschiedlicher Haushalte waren über Wochen nicht zulässig.
Ausgangsbeschränkungen in zwei bayerischen Landkreisen
Angesichts extrem gestiegener Corona-Zahlen gelten im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn seit Mitternacht strikte Ausgangsbeschränkungen. Am Sonntag lag der Schwellenwert in dem Kreis laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bei etwa 228 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen.
Neben dem Landkreis Berchtesgadener Land ist Rottal-Inn aktuell der zweite Landkreis in Bayern mit Ausgangsbeschränkungen. Die eigene Wohnung dürfen die Menschen nur noch aus triftigen Gründen verlassen, wie das Landratsamt mitteilte. Dazu zählen die Arbeit, Einkäufe oder Sport an der frischen Luft. Schulen und Kitas sind zunächst für die nächsten zehn Tage geschlossen. Die Gastronomie darf nur noch Speisen zum Mitnehmen anbieten. Allerdings bleiben anders als im Frühjahr viele Geschäfte geöffnet.
CDU-Vize Strobl will kurzen, aber harten Lockdown
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl fordert bei einer weiteren Verschärfung der Corona-Lage einen gut einwöchigen Lockdown in Deutschland. "Wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, dann müssen wir Maßnahmen in den Blick nehmen, etwa, dass wir auch einmal für eine Woche alles dicht machen, dass von Freitag bis Sonntag die Woche drauf gar nichts mehr geht", sagte der baden-württembergische Innenminister dem Nachrichtenportal "The Pioneer".
Auf die Frage, ob die Schließung auch Schulen, Kitas und Geschäfte betreffen würde, sagte Strobl: "Alles heißt alles." Das bedeute auch Einschränkungen im Grenzverkehr.
Damit könne man das Infektionsgeschehen zum Stillstand bringen, argumentierte Strobl. Der Vorteil dieser "sehr, sehr harten" Lösung wäre die zeitliche Begrenzung. Der CDU-Politiker betonte aber auch, dann wären ein Weihnachtsgeschäft und eine gemeinsame Weihnachtszeit mit der Familie wieder möglich.
Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, appellierte an die Menschen, das Weihnachtsfest in diesem Jahr zu "entzerren", um Kontakte zu reduzieren. Er rate dazu, lieber mit weniger Menschen und dafür doppelt zu feiern, sagte er der "Bild"-Zeitung (Dienstag). "Man kann auch mal am 28. Dezember oder sogar noch später Bescherung machen", schlug Westerfellhaus vor.
Mit Blick auf Besuche in Pflegeeinrichtungen sagte er, es könnten nicht alle an Heiligabend in die Heime kommen. Er rate daher zu "gestaffelten" Besuchen. (dpa/mf) © dpa
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