In der aktuellen Ausgabe des "Coronavirus-Update“-Podcasts spricht Professor Christian Drosten über die Suche nach einem Medikament gegen das Virus SARS-CoV-2 und die Krankheit COVID-19. Zwar kommen klinische Studien teilweise zu vielversprechenden Ergebnissen, aber es gibt fast immer einen Haken.
Obwohl Professor
Diesmal ging es um die Suche nach einem wirksamen Medikament, das die Verläufe der durch SARS-CoV-2 verursachten Krankheit COVID-19 abschwächen und die Sterblichkeitsrate senken könnte - was natürlich für eine deutliche Entspannung in der weltweiten Corona-Krise sorgen würde.
Ein Hoffnungsträger hierfür ist das Medikament Remdesivir, das gegen Ebola entwickelt wurde, im Kampf gegen die Krankheit aber nicht die erhoffte Wirkung zeigte. Ersten klinischen Tests zufolge scheint das Medikament nun eine Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 zu haben. Sehr vereinfacht gesagt, hemmt Remdesivir ein Enzym, das für die Vervielfältigung des Virus im Körper zuständig ist. "Das ist insofern eine wirkliche Chance, weil wir wissen, wie es läuft“, erklärte Professor Drosten.
Remdesivir kann nur in einer bestimmten Phase eingesetzt werden
Allerdings machte der Direktor der Virologie der Berliner Charité den Hörern keine allzu großen Hoffnungen, dass Remdesivir eine schnelle und einfache Lösung in der Corona-Krise sein könnte. Denn zum einen kann das Medikament nur in einer bestimmten Phase der Erkrankung eingesetzt werden, wenn der Patient schon relativ schwer erkrankt ist und Sauerstoff braucht, aber noch nicht auf der Intensivstation mit kreislaufunterstützenden Medikamenten behandelt werden muss.
Zum anderen ist Remdesivir unter Umständen nicht ohne Weiteres in großen Mengen verfügbar. "Die Firma war natürlich nicht darauf vorbereitet, dass jetzt eine Pandemie kommt und jeder die Substanz haben will“, erklärte Drosten. Ob Remdesivir tatsächlich schnell in großen Mengen hergestellt werden könnte, wollte der Virologe nicht abschätzen. Ohnehin ist es aber noch zu früh für einen Einsatz in der Breite, derzeit laufen Studien mit dem Medikament, unter anderem in Deutschland in der Klinik München-Schwabing.
"Chloroquin ist keine Wunderpille“
Ein anderer hochgehandelter Wirkstoff ist das Malaria-Medikament Chloroquin. Es zeigte sich gegen das alte SARS-Virus wirksam und hat auch in Zellkulturen bereits seine Wirkung gegen SARS-CoV-2 unter Beweis gestellt. "Viele Leute, die sich auskennen, da gehöre ich auch dazu, sind aber sehr skeptisch, was Chloroquin angeht“, erklärte Drosten, der sich schon in der vergangenen Woche zweifelnd zu den Ergebnissen einer französischen Studie zur Wirksamkeit von Chloroquin geäußert hatte.
Chloroquin habe einen sehr starken Einfluss auf Entzündungsprozesse und könne deshalb vielleicht auf diese Weise COVID-19-Patienten helfen. Dass Chloroquin allerdings das Medikament sein könnte, das im großen Stil gegen SARS-CoV-2 wirken wird, bezweifelte Drosten erneut. "Einen durchschlagenden, großen Effekt, der wirklich über das Schicksal des klinischen Ausgangs entscheidet, kann man bei Chloroquin kaum erwarten.“ Chloroquin sei sicher keine "Wunderpille, wo man sagen kann: Das nimmt man und dann ist die Krankheit gestoppt.“
Auch Kaletra schätzt Drosten nicht als sehr erfolgversprechend ein
Als weitere Option werden die HIV-Medikamente Lopinavir und Ritavir gehandelt, die in dieser Kombination in Deutschland unter dem Namen Kaletra bekannt sind. Bei diesem Medikament handelt es sich um einen sogenannten Protease-Hemmer.
"Zu denken, dass die Protease von HIV schon genauso laufen und funktionieren wird und deshalb auch mit demselben Medikament hemmbar ist wie die Protease von einem Coronavirus, ist, gelinde gesagt, einfach gedacht“, erklärte Drosten: "Aber auf so einer einfachen Überlegung basiert das Ganze. Man hat irgendwann einfach gedacht: Diese Patienten sind so schwer krank, denen geben wir, was wir haben.“
Daraus entstanden klinische Studien. Eine dieser Studien konnte Drosten schon begutachten. "Man sieht darin kaum einen klinischen Effekt. Man kann also nicht erwarten, dass es bei Lopinavir/Ritavir-Kombinationen zu großen Erfolgsmeldungen kommen wird“, sagte Drosten.
Wirkt Favipiravir gegen SARS-CoV-2?
Ein Problem bei allen diesen noch nicht offiziell für die Behandlung von COVID-19 zugelassenen Medikamenten ist, dass sie in hohen Dosierungen im Krankenhaus verabreicht werden müssten. Ein Virenhemmer müsste aber wohl schon in der ersten Krankheitswoche verabreicht werden, in der der Verlauf bei fast allen Patienten noch mild ist. Die an COVID-19 erkrankten Personen befinden sich in dieser Phase also noch gar nicht im Krankenhaus, da sich meist erst in der zweiten Woche entscheidet, ob die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt, oder ob die Patienten wieder von selbst gesund werden.
Einen Schritt weiter wäre da schon das in mehreren Ländern bereits zugelassene Grippemittel Favipiravir, das beispielsweise in Japan in der Apotheke erhältlich ist und einer chinesischen Studie zufolge auch bei COVID-19 wirksam sein soll. "Das ist für mich erstaunlich“, erklärte Drosten, der den Wirkstoff vor einigen Jahren ohne großen Erfolg auf seine Wirksamkeit gegen das alte SARS-Virus untersucht hatte: "Ich bin da immer noch skeptisch, ob das echt ist, oder ob da irgendein Haken an der klinischen Studie dran ist.“ Um die Wirksamkeit von Favipiravir zu belegen, sind also weitere, größere Studien nötig.
Drosten ist in Forschungen zum Wirkstoff Camostat beteiligt
Natürlich laufen weltweit die Forschungen auf Hochtouren. Drosten selbst forscht mit einer Göttinger Gruppe an dem Wirkstoff Camostat, der die Vermehrung vom SARS-CoV-2 im Menschen stoppen könnte. Das Medikament ist in Japan gegen chronische Pankreatitis zugelassen und wirkt in Zellkulturen auch gegen das Coronavirus.
Ein weiterer Hoffnungsträger also, die Medikamentenforscher scheinen in mehreren Bereichen auf einem guten Weg zu sein. Bis tatsächlich aber ein wirksames und ausreichend getestetes Medikament in ausreichender Menge zur Verfügung steht, wird wohl noch einige Zeit vergehen.
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