In den Ermittlungen zum Anschlag von Halle gibt es neue Informationen. Der in Untersuchungshaft sitzende Stephan B. soll sich die Waffe für die Tat im Internet besorgt haben. Auch ist mehr über seine Vergangenheit bekannt. Außerdem ermittelt die Polizei inzwischen gegen drei Männer aus NRW.
Der Attentäter von Halle soll sich bereits 2015 eine Schusswaffe und Bauteile für die Waffen, die er für das von ihm geplante Massaker selbst gebaut hat, im Internet besorgt haben. Das berichteten mehrere Teilnehmer einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages am Mittwoch unter Berufung auf Generalbundesanwalt Peter Frank.
Am Mittwoch vor einer Woche hatte Stephan B. schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge in Halle an der Saale einzudringen, wo rund 50 Gläubige den jüdischen Feiertag Jom Kippur begingen.
Als der Plan misslang, erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf einen 20-jährigen Mann in einem Döner-Imbiss. Es gab mehrere Verletzte. Der 27 Jahre alte Täter sitzt in Untersuchungshaft.
Woher stammt die Waffe?
Ob er die Waffe aber im offenen Internet oder im sogenannten Darknet, wie zuerst berichtet, fand, ist noch nicht endgültig geklärt. Auch die Frage, ob es sich damals um eine Schreckschusspistole oder um eine scharfe Waffe handelte, sei letztlich offen geblieben.
"Offenbar war Stephan B. auch im Besitz einer nicht selbst-konstruierten Waffe", sagte der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser. Die Behörden hätten über deren Herkunft bisher nur unzureichend Auskunft gegeben.
B. stellte auch Munition her, die er seinen Angaben zufolge einmal in einem Schuppen seines Vaters ausprobiert habe. Aufgrund der geringen Durchschlagskraft der selbstgebauten Waffen und Munition konnte B. wohl die Tür der Synagoge nicht überwinden, vermutete CDU-Innenpolitiker Armin Schuster.
Anschlag in Halle: Weiterer Mann im Visier der Ermittler
Im nordrhein-westfälischen Mönchengladbach wurde im Zusammenhang mit der Tat ein weiterer Mann festgenommen. Polizisten suchten den Verdächtigen am Wochenende in seiner Wohnung auf, wie am Mittwoch veröffentlichte Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" ergaben. Am Mittwochmorgen wurde demnach die Wohnung des Mannes mit richterlichem Beschluss durchsucht.
Die mit der Aufklärung des Anschlags in Halle betrauten Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) konnten den Verdächtigen aus Mönchengladbach demnach durch einen Hinweis aus dem Ausland identifizieren. US-Behörden sollen zuvor die IP-Adressen des von dem Mann genutzten Computers übermittelt haben.
Der Mönchengladbacher steht laut den Berichten im Verdacht, das rund 15-seitige PDF-Dokument, das B. erstellt haben soll, sehr zeitnah zur Tat im Internet veröffentlicht zu haben.
Mann sieht sich politisch eher "links"
Der Mann soll der Polizei bereits am Wochenende bereitwillig seinen Computer ausgehändigt haben, wie die Recherchen weiter ergaben. Er soll zudem erklärt haben, B. nicht zu kennen. Politisch sei er selbst eher "links". Weder Polizei noch Verfassungsschutz sei der Mann aus Mönchengladbach als Extremist bekannt.
Die BKA-Ermittler gehen den Berichten zufolge dem Verdacht nach, dass der Mönchengladbacher mit dem Attentäter von Halle an der Saale in Verbindung gestanden haben und über die geplante Tat informiert gewesen sein soll.
In Mönchengladbach wurde am Mittwoch außerdem eine Wohnung von zwei weiteren Männern durchsucht.
Sie sollen die Tat von B. im Internet verbreitet haben. Gegen die 26 und 28 Jahren alten Männer werde wegen Volksverhetzung ermittelt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Bei den Ermittlungen handle es sich um "separate Verfahren".
Attentäter bewarb sich bei Bundeswehr - und zog Bewerbung zurück
Derweil wurden gleichzeitig im Zuge der Sitzung des Innenausschusses des Bundestages weitere Informationen über B. bekannt. Er hat sich im September 2018 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr beworben, soll seine Bewerbung allerdings später wieder zurückgezogen haben.
Der Mann habe sich auf eine Mannschaftslaufbahn beworben, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus der Bundeswehr. 2019 habe er einen Tag vor dem Auswahlverfahren dann eine E-Mail geschrieben und erklärt, er verzichte auf die Bewerbung. Die Gründe seien unklar geblieben, hieß es dazu aus der Bundeswehr.
B. hatte ab Ende 2010 einige Monate Wehrdienst geleistet. Ein Chemie-Studium brach er ab. (dar/msc/dpa/AFP) © dpa
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