Die Zahl der alleinerziehenden Väter steigt immer weiter an. Alleinerziehende müssen Haus-, Erziehungs- und Erwerbsarbeit meistern. Für alleinerziehende Mütter ist die wirtschaftliche Situation allerdings häufig schwieriger als für Väter.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Freckmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

In Deutschland gibt es 1,57 Millionen Alleinerziehenden-Familien. Dies betrifft 19 Prozent der Familien mit Kindern unter 18 Jahren. Alleinerziehende sind überwiegend Frauen, doch auch alleinstehende Männer leisten hierzulande Haus- und Erziehungsarbeit. Und diese Zahl stieg in den letzten 10 Jahren an. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte kürzlich Zahlen, aus denen dies hervorgeht. So waren im Jahr 2012 noch 10 Prozent der Alleinerziehenden männlich. Zehn Jahre später sind es bereits 15 Prozent.

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Besonders stark ist der Anstieg demnach bei Vätern mit minderjährigen Kindern. Dieser Anteil wuchs sogar um 44 Prozent. Hatten 2012 noch 166.000 Kinder einen alleinerziehenden Vater, sind es 10 Jahre später nun bereits 239.000 Kinder.

Bei den alleinerziehenden Müttern hingegen gab es eine rückläufige Entwicklung. Ihr Anteil sank um 10 Prozent von 1,48 auf 1,33 Mio. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Anteil auf hohem Niveau bleibt. Noch immer sind Alleinerziehende zu 85% weiblich.

Die wirtschaftliche Lage von alleinerziehenden Müttern und Vätern unterscheidet sich jedoch stark. Das erklärt Sarah Menne von der Bertelsmann-Stiftung, Mitautorin einer Studie zu diesem Thema. Demnach leben alleinerziehende Frauen häufiger mit mehreren Kindern zusammen, die zudem jünger sind als in Familien mit alleinerziehenden Männern. Unter den minderjährigen Kindern mit Geschwistern, die bei Alleinerziehenden aufwuchsen, lebten 35 Prozent bei ihren Müttern und 25 Prozent bei den Vätern, erklärt Menne.

Alleinerziehende verdienen weniger als Eltern in Paarbeziehungen

Auch die Einkommenssituation unterscheidet sich Untersuchungen zufolge deutlich zwischen alleinerziehenden Vätern und Müttern. So verdienten Angaben der Bertelsmann-Stiftung zufolge alleinerziehende Mütter im Jahr 2017 monatlich 1.873 Euro. Über die Hälfte dieser Mütter musste jedoch mit weniger als 1.700 Euro auskommen. Alleinerziehende Väter hingegen hatten ein durchschnittliches Monatseinkommen von 2.461 Euro. Paarfamilien hatten demgegenüber durchschnittlich 4.094 Euro zur Verfügung.

Dass Alleinerziehende bei der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Erwerbsarbeit besondere Lasten zu tragen haben, zeigen auch die Zahlen zur Berufstätigkeit. Sarah Menne weist auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes darauf hin, dass etwa 71 Prozent der alleinerziehenden Mütter erwerbstätig seien. Bei den alleinerziehenden Vätern liegt die Zahl bei knapp 81 Prozent.

Aufschlussreich ist ein Vergleich mit der Berufstätigkeit von Eltern in Paarbeziehungen. Alleinerziehende Mütter sind demnach häufiger berufstätig als Frauen in einer Paarbeziehung. Unter jenen arbeiten lediglich 68 Prozent. Bei den Männern ist es umgekehrt. In Paarfamilien arbeiten 92 Prozent der Männer.

Rollenmodelle aus der Paarbeziehung werden oft nach der Trennung fortgesetzt

Häufig sei die wirtschaftliche Situation der Alleinerziehenden eine Folge der Lebensrealität, die beide vorher in einer Paarbeziehung erlebt haben, erklärt Miriam Hoheisel vom Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter. Demnach gibt es zwar bei knapp jeder zweiten Paarbeziehung zu Beginn der Partnerschaft den Wunsch, die Haus-, Erziehungs- und Erwerbsarbeit untereinander gleich aufzuteilen. In der Praxis entwickele es sich aber in den meisten Fällen anders, so Hoheisel. So übernähmen die Frauen in den meisten Fällen dann doch die Haus- und Erziehungsarbeit, der Mann gehe meist einer Erwerbsarbeit nach.

Aus Studien sei bekannt, dass 74 Prozent der Paarbeziehungen mehr oder weniger das klassische Modell leben würden: "Er in Vollzeit, Sie in Teilzeit oder gar nicht berufstätig", erklärt die Vorsitzende des Bundesverbandes Alleinerziehender. An diese Rollenverteilung würden die Personen dann nach einer Trennung in vielen Fällen anknüpfen.

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Eine wichtige Rolle spiele auch das Alter der Kinder, sagt Hoheisel: "Bei alleinerziehenden Vätern leben in der Regel ältere Kinder, so dass ein höherer Erwerbsumfang leichter mit den Kindern zu vereinbaren ist." Männer könnten häufig direkt wieder an berufliche "Vollzeitbiographien" anschließen, erläutert Hoheisel. Frauen fielen dagegen in vielen Fällen in die "Teilzeitfalle".

Auf der beruflichen Ebene haben alleinerziehende Väter dann zwar einen leichten Vorteil. Doch stünden sie – wie auch die alleinerziehenden Mütter – weiterhin vor der Herausforderung, "alleine Beruf, Kind(er) und Haushalt zu stemmen", erklärt Hoheisel.

Über die Expertinnen:

Sarah Menne, Senior Project Manager bei der Bertelsmann-Stiftung im Projekt "Bildung und Next Generation"
Miriam Hoheisel, Bundesgeschäftsführerin des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (vamv)

Verwendete Quellen:

  • Statistisches Bundesamt: Zahl der Woche15 % der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren sind Väter
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