• Die PCR-Testkapazitäten sind in vielen Teilen des Landes angesichts der Rekordwerte an Neuinfektionen am Ende.
  • Labore kommen mit der Auswertung der Proben nicht mehr hinterher, Patienten müssen tagelang auf die Ergebnisse warten.
  • Dabei gäbe es eine einfache Möglichkeit, die Testkapazitäten zu erhöhen und die Labore zu entlasten: Auch Apotheken können einen vergleichbaren Test durchführen.
  • Warum die Testkapazitäten trotzdem ungenutzt bleiben.

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Die Corona-Infektionszahlen bewegen sich auf einem nie dagewesenen Niveau. Bei einer bundesweiten 7-Tage-Inzidenz über 840 geraten die Labore an ihre Grenzen, PCR-Tests werden knapp. Wer den Verdacht auf eine Corona-Infektion per PCR-Test abklären lassen möchte, muss teils tagelang auf sein Ergebnis warten. Die Auslastung der Testkapazitäten lag laut Laborverband ALM vergangene Woche bei 86 Prozent.

Um die Labore zu entlasten haben Bund und Länder bereits eine Priorisierung bei PCR-Tests beschlossen. Fortan sollen Risikogruppen und Menschen, die sie behandeln oder engen Kontakt zu ihnen haben, bei den PCR-Tests Vorrang haben. PCR-Tests gelten als "Goldstandard" unter den Corona-Tests. Sie liefern genauere Ergebnisse als Antigen-Schnelltests, die Auswertung erfolgt stets durch Labore.

PCR-Tests in Apotheken möglich

Doch es gibt einen weiteren Testtyp, der wenig falsch-positive Testergebnisse liefert und zur schnellen Verifizierung positiver Antigen-Schnelltests gerade bei asymptomatischen Personen geeignet ist: Der sogenannte "PoC-NAT"-Test. Er basiert – wie auch der PCR-Test – auf der so genannten Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT), kann aber vor Ort patientennah und kurzfristig ausgewertet werden. Ein Labor ist dafür nicht nötig.

Seit einer Änderung der Corona-Testverordnung dürfen auch Apotheken diese Vor-Ort-PCR-Tests durchführen. Anbieten tut das allerdings kaum eine Apotheke. "Die Durchführung ist ein absolutes Minusgeschäft", sagt Elektra Rigos-Neumann, Apothekerin in Herne. Sie führt Antigen-Schnelltests in ihrer Apotheke durch, die zuverlässigeren PoC-NAT-Tests bietet Rigos-Neumann hingegen nicht an.

Minusgeschäft für Apotheker

Das Honorar für PCR-Tests mittels eines PoC-NAT-Testsystems liegt nämlich je Testung nur bei 30 Euro – und damit unter den Kosten, die für die Apotheken entstehen. Allein die erforderlichen Verbrauchsmaterialien, bestehend aus Testkit und Schutzkleidung, kosten laut "Deutscher Apothekerzeitung" (DAZ) etwa 35 Euro. Hinzukommen die Kosten für die PCR-Testgeräte, die zwischen 2.500 und 15.000 Euro liegen. "Und in der Berechnung fehlen noch die Personalkosten", ergänzt Rigos-Neumann.

Aus eigener Tasche oben drauf zuzahlen, dazu sind die Apotheker nicht bereit. "Es müsste eine Vergütung des Abstriches geben, die mittelfristig auch die Anschaffung eines Gerätes amortisiert. Die Sachkosten müssten ebenfalls angehoben werden", sagt Rigos-Neumann. Eine solche Vergütung liege bei mindestens 65 Euro.

Deutschland: Schlusslicht bei Corona-Testen

Dann wäre die Apothekerin auch bereit, das Testverfahren anzubieten. "Die Schnelltests bieten wir ja auch aus dem laufenden Betrieb an, um einen Beitrag zur Pandemie zu leisten", sagt sie. Die Geräte hätten eine Auswertungszeit von etwa 15 Minuten, ein Gerät schafft also vier Tests pro Stunde. "Bei Bedarf und entsprechender Vergütung könnte man weitere Testpersonen einstellen und mehrere Geräte anschaffen", sagt Rigos-Neumann. Dann wären auch mehr als 30 Test pro Tag denkbar.

Im europäischen Vergleich zählt Deutschland bei den Testkapazitäten zu den Schlusslichtern: Allein in Wien werden mehr PCR-Tests durchgeführt, als in ganz Deutschland. Knapp 2,4 Millionen pro Woche verzeichnete der Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zuletzt, im knapp vierzig Mal größeren Deutschland meldete das Robert-Koch-Institut nur knapp 2 Millionen PCR-Testungen. Im Schnitt wurden hierzulande seit Pandemiebeginn 1,17 PCR-Tests pro Einwohner durchgeführt – in ganz Österreich 5,9 pro Einwohner.

Apotheker: "Vergütung muss angehoben werden"

Apotheker Björn Schittenhelm aus Baden-Württemberg bietet das Poc-NAT-Testverfahren an – allerdings nur für Selbstzahler. Die 30 Euro können Apotheker für Personen abrechnen, die nach der Corona-Testverordnung als "berechtigt" gelten. Selbstzahler-Tests sind theoretisch für jedermann möglich. Rechtlich unterscheiden sich die beiden Testverfahren nicht, beide sind weltweit anerkannt.

Auch Schittenhelm sieht eine Anpassung der Vergütung für dringend geboten. "Die 30 Euro müssen auf 69 Euro angehoben werden", fordert er. Er kann erklären, wie die Vergütung von 30 Euro überhaupt zustande kommt: "Die ärztlichen Labore bekommen 43 Euro. Wenn man die Logistik, also den Transport der Probe vom Testzentrum zum Labor, abzieht, dann kommt man auf 30 Euro", so Schittenhelm. Die Rechnung sei aber irrsinnig. "Weil wir nicht mit großen Geräten arbeiten, sondern mit kleinen, wo die Testkits viel teurer sind", erläutert er.

Gesundheitsministerium weicht aus

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat die Vergütung ebenfalls in einer Stellungnahme bereits als zu niedrig kritisiert. Gehör gefunden hat das beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) bislang allerdings nicht. Auch auf Anfrage unserer Redaktion beantwortet das Ministerium die Frage, ob eine Erhöhung der Vergütung denkbar ist, um damit die Testkapazitäten zu erhöhen, nicht.

"Angesichts des derzeit hochdynamischen Infektionsgeschehens steht für das BMG ein effektiver Einsatz der PCR-Testkapazitäten im Vordergrund", heißt es von einer Sprecherin ausweichend. Hierbei sei unter anderem sicherzustellen, dass vulnerable Gruppen ausreichend geschützt würden. Vor diesem Hintergrund werde die Testverordnung entsprechend angepasst. "Die Abstimmungen dazu laufen", so die Sprecherin weiter. Zu Details könne man sich erst äußern, sobald die Inhalte der neuen Testverordnung feststünden.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Elektra Rigos-Neumann und Björn Schittenhelm
  • Anfrage beim Bundesgesundheitsministerium
  • Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ): Es bleibt bei 30 Euro für den PCR-Test
  • Bundesgesundheitsministerium: Fragen und Antworten zu COVID-19-Tests
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