Entsetzen, Trauer und Rätselraten löste der Tod von Ena Kadic aus. Die Miss Austria stürzte vor knapp einem Jahr am Innsbrucker Bergisel ab. Unfall? Mord? Oder Selbstmord? Gerüchte kamen auf, ein mysteriöser "Guru" habe sie dazu getrieben. Die Ermittlungen sind mittlerweile abgeschlossen - mit dem Ergebnis, Kadic habe Suizid begangen.

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Sie galt als eine, die der oberflächlichen Glamourwelt die kalte Schulter zeigte und ein Mensch mit Bodenhaftung blieb: Ena Kadic, Miss Austria 2013. Die sympathische 26-Jährige stürzte vor knapp einem Jahr, am 16. Oktober 2015, rund 30 Meter am Innsbrucker Bergisel in die Tiefe und erlag drei Tage später ihren schweren Verletzungen: Lungentrauma, Beckenbruch und massive Schädelverletzungen.

Die Medien überschlugen sich in Spekulationen: Wirklich ein Unfall? Oder Fremdverschulden? Oder gar Suizid? Noch heißer brodelte die Gerüchteküche, als es plötzlich seitens der Eltern hieß, ein geheimnisvoller "Guru" und Vertrauter von Ena Kadic hätte eine gefährliche, nicht näher definierte Rolle bei ihrem Sturz gespielt.

Ena Kadic nahm Abschied via SMS

Aber der Reihe nach: Nachdem es im ersten Moment nach einem tragischen Unglück aussah – Zeugen sahen Kadic unmittelbar davor mit ihrem Mobiltelefon beschäftigt, ein unvorsichtiges Selfie stand als Absturzursache kurz im Raum– erhärtete sich zunehmend der Verdacht "Selbstmord".

Tatsächlich gab es eine Textnachricht an einen Verwandten, in dem Kadic ihren geplanten Abschied aus dem Leben angekündigt hatte. Das bestätigte der Anwalt der Familie, Hermann Holzmann, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Dass Ena Kadic dann direkt nach dem Absturz doch noch die Rettung alarmierte und unter anderem den umstrittenen "Guru" anrief, gibt dem Ganzen eine besonders tragische Note. Wohl ein Hilferuf, der zu spät kam.

"Guru" stand unter Verdacht

Kadics Eltern wollten den Verdacht "Selbstmord" nicht widerspruchslos hinnehmen: Der erwähnte Bekannte ihrer Tochter schien ihnen verdächtig, Ena zumindest manipuliert und unter Umständen zum Suizid angestiftet zu haben. Darüber berichtete bereits im Februar, knapp vier Monate nach ihrem Tod, die "Tiroler Tageszeitung".

Anwalt Holzmann weist darauf hin, dass der besagte Bekannte den über eine Minute dauernden Anruf nach Kadics Sturz bestreitet, "obwohl dieser Anruf objektiv laut Protokoll vorliegt. Es ist letztendlich nicht mehr möglich zu ermitteln, was Inhalt dieses Gespräches war", erläutert Holzmann gegenüber unserer Redaktion.

Der Verdacht, der letztlich überprüft wurde: "Mitwirkung am Selbstmord". Der Anwalt regte die Ermittlungen dazu an, "da es laut dem vorliegenden Datenmaterial denkbar ist, dass dem Mann die Gedankengänge von Ena Kadic bekannt waren und er ihre Pläne allenfalls mit einer einfachen Meldung an die Eltern oder Behörden hätte verhindern können," so Holzmann.

Die Beweislage wurde noch einmal genau überprüft. "Das bedeutet, die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat dann unter anderem noch einmal sehr genau das Handy, mit dem sie direkt nach dem Absturz zwei Anrufe tätigte, angeschaut, ausgewertet und vorhandene Blutspuren überprüft. Auch der Absturzort wurde genauestens unter die Lupe genommen", berichtet Holzmann, "ermittlungstechnisch wurde wirklich alles getan, was getan werden konnte." Das Ergebnis: "Wir gehen von Selbstmord aus. Die Verdachtsmomente gegenüber dem erwähnten Bekannten konnten aber völlig zerstreut werden", so Holzmann.

Fall für Ermittler erledigt

Auch Hans Jörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck legt Wert darauf, dass sich in den Ergebnissen der Ermittlungen "keinerlei Bestätigung" gefunden hätten, der Mann hätte Kadic "zum Selbstmord angestiftet oder dazu ermuntert". Auch hätten die "Ermittlungen keinen Verdacht ergeben, dass jemand ein Verschulden am Tod der Frau hätte", heißt es weiter in nüchternem Juristendeutsch.

Was das im Klartext bedeutet: Der mysteriöse Fall scheint aufgeklärt, Ena Kadic dürfte sich in suizidaler Absicht vom Bergisel gestürzt haben. Sehr viel anderen, denkbaren Spielraum gibt es nicht mehr, mögliche Spuren in Richtung Fremdverschulden verliefen im Sand.

Dass die Ermittlungen daher seit rund einem halben Jahr eingestellt sind, ist der logische Schlusspunkt, mit dem ein allzu kurzes Leben ein juristisches Ende fand.

Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 0800 111 0 111 (Deutschland), 142 (Österreich), 143 (Schweiz).

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