• Acht Jahre lang wurde Natascha Kampusch von ihrem Entführer gefangen gehalten.
  • Jetzt will die Wienerin anderen Menschen Mut machen: Auch nach den schlimmsten Erfahrungen könne es im Leben wieder bergauf gehen.
  • In einem Interview sprach die 34-Jährige jetzt über ihren Optimismus – aber auch über ihr Scheitern.

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Natascha Kampusch hat lange gebraucht, um sich nicht mehr nur als Opfer zu sehen. Sie hat lange gebraucht, um sich einzugestehen, dass sie eigentlich eine starke Person ist. Sogar ein "Glücksmensch". Das erzählte die 34-Jährige jetzt in einem Gespräch mit dem Radiosender Ö3. Und das würde man angesichts ihrer Lebensgeschichte vielleicht nicht unbedingt erwarten.

Als Zehnjährige entführt

Das Schicksal von Kampusch ging um die Welt: Sie war 1998 als Zehnjährige auf dem Schulweg in Wien entführt und mehr als acht Jahre lang im Keller eines Hauses östlich der österreichischen Hauptstadt gefangen gehalten worden. Im August 2006 gelang der damals 18-Jährigen die Flucht. Stunden später brachte sich der Entführer um.

Die junge Erwachsene musste danach einen Weg zurück in ein geregeltes Leben finden – in ein Leben, aus dem sie zuvor für lange Zeit herausgerissen war. Kampusch veröffentlichte Bücher, unter anderem zu Hass im Netz. Die Erlöse aus ihren Werken sind heute ihre Haupteinnahmequelle, erklärt sie im Gespräch mit Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl. Sie ist aber offenbar auf der Suche nach weiteren Aufträgen: Als Moderatorin oder Rednerin würde sie ebenfalls gerne arbeiten.

"Ich erlebe eine Art Hölle, aber komme gestärkt daraus hervor"

Gerade ist Kampuschs viertes Buch erschienen: ein Ratgeber, mit dem sie anderen Menschen Mut machen und Inspiration verschaffen will: "Stärke zeigen. Bewältigungsstrategien für ein kraftvolles Leben", heißt es. Kampuschs Botschaft: Auch nach den schlimmsten Erfahrungen kann es im Leben wieder bergauf gehen.

Im Gespräch mit Ö3 erzählt die 34-Jährige, wie sie sich damals in ihrem Verlies in Fantasien flüchtete und damit versuchte, die Zeit erträglicher zu machen: Sie zeichnete zum Beispiel eine Klinke an das Innere der Tür. "Ich habe mir immer vorgestellt, dass sie nicht wirklich verschlossen ist. Und ich habe mir vorgestellt, dass irgendwelche Leute mich retten kommen."

Kampusch ist nach eigener Aussage weiterhin in Therapie. Sie gehe den dunklen Erinnerungen nicht aus dem Weg, die von Zeit zu Zeit hochkommen. "Ich erlebe so eine Art Hölle, aber komme doch wieder gestärkt daraus hervor. Weil man eben die Sicherheit hat, dass es jetzt nicht mehr der Fall ist." Ihr Rat an andere Traumatisierte lautet: "Alle Menschen sollen in die Dankbarkeit gehen, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist. Das tue ich auch."

Natascha Kampusch spricht auch über das Scheitern

Kampusch hatte schon kurz nach ihrer Flucht betont, sie wolle kein Opfer sein. Auch jetzt sagt sie im Ö3-Gespräch: "Ich habe das Potenzial, glücklich zu sein." Sie sei in gewisser Weise ein Glücksmensch. Doch die 34-Jährige hat offenbar immer noch damit zu kämpfen, dass andere Menschen in ihr eben doch ein Opfer sehen.

"Es ist für mich schwierig, Leute kennenzulernen, die kein Urteil über mich haben", sagt sie. "Und oft beeinflusst das Umfeld die Männer, die ich kennenlerne, und bringt sie ab. Menschen zweifeln oft, dass man mit mir eine Beziehung haben kann."

Auch die Matura hätte Kampusch gerne gemacht. Doch das habe man ihr nach der Befreiung nicht zugetraut. Eine Goldschmiede-Lehre hat sie später abgebrochen, eine Talkshow wurde nach einigen Folgen eingestellt. Letzteres sei für sie durchaus ein Scheitern, sagt Kampusch inzwischen. Schließlich wollte sie Journalistin werden. Doch auch hier lautet ihr Motto: nach vorne schauen. "Das Tolle ist, wenn man noch Potenzial nach oben hat." (fab)

Verwendete Quelle:

  • Sound.orf.at: Frühstück bei mir

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