Unbekannte schleuderten Molotow-Cocktails in Richtung eines Hauses in Berlin-Mitte. Verletzt wurde niemand. Politik und die jüdische Community reagierten mit Entsetzen auf den Vorfall. Kanzler Scholz kündigt verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an.

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Auf ein Haus mit jüdischen Einrichtungen in Berlin hat es nach Angaben der betroffenen Gemeinde in der Nacht zum Mittwoch einen versuchten Brandanschlag gegeben. Die Gemeinde Kahal Adass Jisroel schrieb auf der Plattform X, früher Twitter, Unbekannte hätten zwei Molotow-Cocktails von der Straße aus in Richtung ihres Gemeindezentrums in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte geworfen.

Auch der Berliner "Tagesspiegel" berichtete über den Vorfall unter Berufung auf die Polizei. Diese bestätigte auf Anfrage einen Vorfall in der Brunnenstraße, nannte zunächst aber keine Details.

Versuchter Brandanschlag auf jüdische Einrichtungen: Molotow-Cocktails flogen nur bis auf den Gehsteig

Laut "Tagesspiegel" gab es keine Verletzten. Die Brandflaschen seien funktionsfähig gewesen und hätten gebrannt. Das Gebäude sei jedoch nicht in Brand geraten, da die Angreifer es verfehlt hätten.

Die Brandsätze seien nur bis auf den Bürgersteig geflogen und dort erloschen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf die Polizei. Objektschützer der Polizei waren demnach am Ort, konnten den Anschlag jedoch nicht verhindern und die Täter auch nicht festhalten.

Entsetzen bei der Politik

Auf den versuchten Brandanschlag haben Politiker mit Entsetzen reagiert und mehr Engagement gegen Antisemitismus gefordert. "Es ist ganz klar, dass wir nicht hinnehmen werden und niemals hinnehmen werden, wenn gegen jüdische Einrichtungen Anschläge verübt werden", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch vor Journalisten in Kairo. Auch gewalttätige und mit antisemitischen Parolen begleitete Veranstaltungen seien nicht zu akzeptieren. Scholz kündigte verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an. "Da müssen die Versammlungsbehörden das ihre tun, zum Schutz der jüdischen Einrichtungen die Polizei. Und das werden wir auch machen und alles verstärken", so der Kanzler.

Auch andere Politiker äußerten sich entsetzt. "Das ist einfach ein Wahnsinn, was sich hier gerade Bahn bricht", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, am Mittwoch in Berlin.

"Wir haben in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus und mit israelbezogenem Antisemitismus", konstatierte Mihalic. Dies sei in den vergangenen Jahren oft nicht ernst genug genommen worden. Hier müsse, unter anderem über politische Bildungsarbeit, viel mehr getan werden. Man müsse alles tun, damit Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher leben könnten.

"Es ist unerträglich", kommentierte die FDP-Bundestagsfraktion auf X den Vorfall. "Jüdisches Leben ist fester Bestandteil unseres Landes. Diese Gewalt hat hier nichts verloren!", schrieb sie weiter.

Reaktionen auch aus der jüdischen Community

Auch die israelische Botschaft reagierte auf den Anschlag. "Wir vertrauen darauf, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden diesen Fall mit unnachgiebiger Strenge behandeln werden", erklärte die Botschaft am Mittwoch. "Dies ist ein entscheidender Moment für jede Demokratie." Entweder man stehe an der Seite jener, die Terror bekämpfen, oder man schweige und lasse die Taten der Terroristen zu – "sei es im Nahen Osten oder im Herzen Europas".

Ebenfalls verurteilte der Zentralrat der Juden den versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin scharf. Zwei Brandsätze seien in der Nacht zum Mittwoch geworfen worden und hätten sich entzündet, das Gebäude selbst sei nicht in Brand geraten, erklärte der Zentralrat. "Dieser Brandanschlag ist die konsequente Fortsetzung der Verherrlichung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen. Der 'Tag des Zorns' ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet."

In dem Gebäude befinden sich dem Bericht zufolge mehrere jüdische Institutionen, darunter eine Talmud-Thora-Schule und eine Synagoge.

Zuvor hatte es in Berlin nach einer verheerenden Explosion in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit mutmaßlich Hunderten Toten spontane Proteste und teils Ausschreitungen gegeben.

Berliner Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung

Ein weiterer Fall beschäftigt die Polizei in der Hauptstadt. Während der Ermittlungen am Tatort sei am Mittwoch gegen 8.00 Uhr ein 30-Jähriger mit einem E-Scooter vorgefahren, habe diesen weggeworfen und sei auf das Gebäude zugelaufen. Polizisten hätten ihn gestoppt und den Mann vorläufig festgenommen, teilte die Polizei mit. Der 30-Jährige habe sich gewehrt und dabei volksverhetzende sowie israelfeindliche Parolen gerufen. Nachdem man die Identität des Mannes festgestellt habe, sei er wieder auf freien Fuß gekommen.

Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz ermittelt gegen den Mann unter anderem wegen Volksverhetzung und versuchtem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Im Fall des versuchten Brandanschlags auf die Synagoge ermittelt der Staatsschutz wegen versuchter schwerer Brandstiftung. (dpa/ank/the/faha)

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