Der niedersächsische Landkreis Cuxhaven hat einem noch nicht einmal vier Wochen alten Mädchen die Abschiebung angedroht. Tausende Menschen unterzeichnen eine Petition und fordern ein Bleiberecht für das Kind einer marokkanischen Mutter.

Mehr Panorama-News

In einem im Auftrag von Landrat Kai-Uwe Bielefeld (parteilos) verfassten Brief der Behörde an die Mutter des Säuglings heißt es wörtlich: "Ich beabsichtige daher, das Kind (...) aufzufordern, die Bundesrepublik Deutschland freiwillig unverzüglich bis zu einem noch zu bestimmenden Datum zu verlassen(...). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise beabsichtige ich dem Kind (...) die Abschiebung nach Spanien oder Marokko anzudrohen". Das Kind könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden. Abschließend weist der Kreis "nochmals darauf hin, dass erforderlichenfalls auch die zwangsweise Rückführung als aufenthaltsbeendende Maßnahme eingeleitet werden würde, wenn das Kind (...) seiner Ausreisepflicht nicht wie zu fordern beabsichtigt nachkommt."

Aus Marokko stammende Mutter brachte Kind im Mai zur Welt

Duha Aline war am 10. Mai im Krankenhaus der Stadt Stade von ihrer Mutter Zohra entbunden worden. Die Mutter stammt aus Marokko. Sie hat in Spanien als Erntehelferin gearbeitet, bevor sie nach Deutschland kam. Im vergangenen Jahr lernte sie in einem häufig von Flüchtlingen besuchten Café in Hannover den späteren Vater kennen: Maher Al Mahdi ist Palästinenser. Weil ihm dort Verfolgung droht und kein anderes Land den staatenlosen Flüchtling aufnehmen würde, wird er aus humanitären Gründen im Landkreis Cuxhaven geduldet.

Derzeit leben die Eltern und das Kind in einer kleinen Wohnung in der kleinen Stadt Hemmoor. Sollten die Behörden Zohra und ihre Tochter Duha Aline tatsächlich ausweisen und in ein Flugzeug setzen, "würde die Kleine dem Vater entrissen", sagt die Juristin Angela Heinssen vom Unterstützerkreis der Familie. Dabei nehme der Kreis Cuxhaven in Kauf, dass die Mutter nicht allein für sich und den Säugling sorgen könne. Das sei "menschenunwürdig".

Petition der Grünen soll Abschiebung verhindern

Um die mögliche Abschiebung zu verhindern, "bleibt nicht mehr viel Zeit", so Heinssen. Das Grünen-Mitglied hat deshalb eine Petition im Internet angestoßen. Bis Mittwochmittag hatten fast 40.000 Menschen den an Landrat Bielefeld gerichteten Appell "Keine Abschiebung des Säuglings Duha Aline" online unterzeichnet. Viele User üben im Netz zudem scharfe Kritik am Landkreis. "Vielleicht sollte man langsam anfangen darüber nachzudenken, ob man nicht Politiker abschieben sollte, die für Entscheidungen verantwortlich sind, die ganz offensichtlich gegen Artikel 1 des Grundgesetzes verstossen", schreibt einer. Nach Ansicht des Niedersächsischen Flüchtlingsrates hat Duha Aline "einen Rechtsanspruch auf Erziehung durch beide Elternteile". Der Kreis Cuxhaven müsse schon erklären, dass und wie die Familie woanders leben könne. Der Flüchtlingsrat will zudem, dass die Fachaufsicht des Landes Niedersachsen interveniert.

Behörde weist Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück

Die Behörde lassen Proteste und "Shitstorm" nicht völlig unbeeindruckt. In einer kurzen schriftlichen Mitteilung hat Landrat Bielefeld auf die "unhaltbaren Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde" reagiert: "Entgegen polemischen Darstellungen im Internet schiebt der Landkreis Cuxhaven niemals Säuglinge ab", erklärt er. Zurzeit werde lediglich der aufenthaltsrechtliche Status einer Mutter mit ihrem neugeborenen Kind geprüft. Dazu sei der Rechtsanwalt der Mutter um eine Stellungnahme gebeten und nicht das Kind persönlich angeschrieben worden. "Mehr ist bisher nicht passiert. Eine Entscheidung ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten."

Der Sachverhalt werde in der Internet-Petition verkürzt dargestellt, sagt Kai Wollenweber, Fachgebietsleiter für Ausländerangelegenheiten im Cuxhavener Kreishaus. Tatsache sei: "Es gibt keine Verfügung für eine Abschiebung für den Säugling". Das hat allerdings auch niemand behauptet.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.