Die Franziskanermönche in Deutschland wollen Missbrauchsfälle in ihren Klöstern aufarbeiten. Die Deutsche Franziskanerprovinz hat darum eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben, wie sie am Mittwoch in München mitteilte - und ruft Betroffene auf, sich zu melden.

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40 Meldungen seien seit 2010 bereits eingegangen, sagte Peter Caspari vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in München, das unter anderem schon Missbrauchsfälle im katholischen Bistum Essen und im oberbayerischen Kloster Ettal aufgearbeitet hat, und nun auch diese Studie durchführen soll. Diese 40 Meldungen beziehen sich nach Angaben der Franziskanerprovinz meist auf die Jahre 1960 bis 1990. Der Großteil der Täter sei bereits verstorben.

Nach Angaben des Leiters der Deutschen Franziskanerprovinz, Markus Fuhrmann, wurden bislang insgesamt rund 500 000 Euro an Anerkennungsleistungen an Betroffene ausgezahlt, die im Bereich des Ordens sexuelle Gewalt erfahren haben. 30 Betroffene hätten entsprechende Anträge gestellt, 27 dieser Anträge seien bislang positiv beschieden worden. Die Forscher des IPP gehen aber davon aus, dass es weitere Betroffene gibt, die sich bislang nicht gemeldet haben. Die Ergebnisse ihrer Studie sollen 2025 vorliegen.

Eine Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in allen katholischen Ordensgemeinschaften in Deutschland sei diskutiert worden, teilte die Franziskanerprovinz mit. Die Deutsche Ordensoberenkonferenz (DOK) habe Pläne dafür aber verworfen, weil die Situationen in den einzelnen Orden zu unterschiedlich seien. Darum ist es nun jedem Orden in Deutschland selbst überlassen, ob und wie er Fälle von sexueller Gewalt in seinen Klöstern aufarbeitet. "Es tut uns leid, dass wir so lange gebraucht haben", sagte Fuhrmann.

Ziel der Studie sei es auch, herauszufinden, "wo sich ähnliche Phänomene finden und wo es Unterschiede zwischen Bistümern und uns als Ordensgemeinschaft gibt", sagte Provinzialvikar Stefan Federbusch.

Caspari vom IPP definierte einige Ziele der Untersuchung so: "Das Beendigen des Schweigens der Betroffenen, die Benennung des erlittenen Unrechts, die Aufdeckung von Taten und Tätern, die Identifikation von Mitwissern und Vertuschern."

Die Deutsche Franziskanerprovinz besteht nach eigenen Angaben derzeit aus 212 Mitgliedern. 40 der Mönche sind jünger als 60, 172 älter. Das Durchschnittsalter beträgt 73 Jahre.


  © dpa

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