- Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert die katholische Kirche zu einer "Null-Toleranz"-Politik gegenüber den Tätern auf.
- Im Missbrauchsskandal um etliche Geistliche sei "vielleicht" schon viel zu Zeit für die Aufarbeitung verloren gegangen.
Nach der Veröffentlichung eines Gutachtens zu Fällen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Erzbistum München und Freising fordert Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder: "Ein Blick in den Abgrund"
"Das ist natürlich ein langer und schwieriger Blick in den Abgrund, insbesondere, weil es um viele menschliche Schicksale geht", sagte Söder am Freitag in München über das Gutachten. Die Kirche müsse nun für eine schnelle und klare Aufarbeitung sorgen. Strukturen müssten so geändert werden, dass Derartiges in Zukunft verhindert werde. Und beim Umgang mit den Tätern müsse "null Toleranz" der Maßstab sein.
Söder betonte, er sei fest überzeugt, dass die Kirche in vielerlei Hinsicht einen ganz wichtigen Beitrag fürs Land leiste, dass von den Menschen dort unendlich viel Gutes geleistet werde. Dies sei aber nun "ein schwerer Moment für alle engagierten Christen und vor allem auch alle Anhänger der Institution Kirche". Diese stehe "in einer ganz besonderen moralischen Garantenstellung."
Angesichts des entstandenen Vertrauensverlusts sein nun eine konsequente Aufarbeitung nötig, sagte Söder, der selbst evangelisch ist. Er fügte hinzu: "Das hat vielleicht alles schon viel zu lange gedauert."
Gutachten setzt Joseph Ratzinger und Reinhard Marx unter Druck
Ein vom Erzbistum München und Freising selbst in Auftrag gegebenes Gutachten einer Anwaltskanzlei kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt wurden und wirft den ehemaligen Erzbischöfen Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, dem heute emeritierten Papst Benedikt XVI., konkret und persönlich Fehlverhalten in mehreren Fällen vor. Auch dem aktuellen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, wird formales Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen.
Von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern sprechen die Gutachter, gehen aber von einem deutlich größeren Dunkelfeld aus. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob und welche Ergebnisse auch strafrechtlich relevant sind. (dpa/hau)
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