Bildern wohnt eine immense Macht inne. Immer wieder haben sich Fotografien in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Eines der berühmtesten Bilder der Geschichte wird heute 50 Jahre alt. Doch es ist nicht das Einzige, das Menschen seit Jahrzehnten bewegt.
Achtung: Im folgenden Artikel sehen Sie Bilder, die auf manche Menschen verstörend wirken können
Bilder sind kurze Momentaufnahmen und hinterlassen doch oft einen bleibenden Eindruck - gerade dann, wenn es sich um Bilder aus Kriegen handelt.
Die folgenden fünf Fotos markieren Wendepunkte in der Geschichte oder haben diese Wende gar verursacht. Das berühmteste davon ist heute vor 50 Jahren geschossen worden.
Foto bricht Widerstand gegen Vietnamkrieg los
General Nguyen Ngoc Loan macht sprichwörtlich kurzen Prozess mit Vietcong-Anhänger Nguyen Van Lem. Der Polizeichef der Stadt Saigon schießt dem Mann im Karohemd am 1. Februar 1968 auf offener Straße in den Kopf.
Van Lem bricht zusammen und ist sofort tot. Der Grund der Erschießung war, dass man ihm vorwarf, die Familie eines Offiziers getötet zu haben, zu der auch die Patenkinder des Generals gehörten.
Die Szene verfolgen eine Hand voll Kriegsreporter. Es gibt sogar Filmaufnahmen der Hinrichtung, doch um die Welt geht das Foto von Eddie Adams, der Van Lem im Angesicht des Todes einfängt.
1969 erhält Adams den Pulitzer-Preis für seine Arbeit. Das "Time"-Magazine wählte die Aufnahme unter die 100 wichtigsten Fotos aller Zeiten.
In den USA ändert das Foto die öffentliche Wahrnehmung des Vietnamkriegs massiv. Die Bevölkerung beginnt an dessen Sinn zu zweifeln, die Regierung gerät in Erklärungsnot.
"Napalm Girl" - oft gezeigt, oft fehlinterpretiert
Vier Jahre nach dem Bild von Van Lem schockiert erneut ein Foto aus dem Vietnamkrieg die Weltöffentlichkeit. Es zeigt das Mädchen Kim Phuc, das in Begleitung anderer Kinder vor einem Napalm-Angriff flieht, nackt und mit schweren Verbrennungen.
Der vietnamesische Fotograf Nick Út schießt das Foto und nennt es schlicht "The Terror of War". Auch er erhält dafür den Pulitzer-Preis im Jahr 1973.
Das Foto des "Napalm Girl" ist wohl auch eines der am meisten fehlinterpretierten Bilder. Oft wurde es aus dem Kontext gerissen oder ohne ausreichende Erklärung veröffentlicht.
Einige Fakten sind aber immens wichtig: Die Aufnahme ist während der Phase der "Vietnamisierung" entstanden, in der sich die USA bereits auf dem Rückzug befand. Den Napalm-Angriff flog außerdem nicht die US-Luftwaffe, sondern die südvietnamesische Armee. Noch 2003 behauptete ZDF-Chefhistoriker Guide Knopp, dass Amerikaner in den Flugzeugen saßen.
Nicht unter den Tisch fallen lassen sollte man auch die Rolle der Fotografen: Einige sollen die Kinder sogar angetrieben haben, um bessere Fotos zu bekommen. Den Kindern selbst wurde erst wesentlich später geholfen.
Auf Iwojima wird gleich zwei mal eine Flagge gehisst
Es ist das am meisten reproduzierte Bild der Geschichte: Am 23. Februar 1945, zum Ende des Pazifikkriegs, hissen sechs amerikanische Soldaten eine Flagge auf dem Mount Suribachi auf der japanischen Insel Iwojima.
Die Aktion müssen sie dann allerdings nochmal wiederholen, denn die erste Flagge ist der Bataillonsleitung zu klein. Der Fotograf Joe Rosenthal schießt eine 18-teilige Bilderserie. Ein Bild dieser Serie wird weltberühmt.
Während das Bataillon die Bilder noch nicht einmal in seinem Tagesprotokoll erwähnt, erkennen die Verantwortlichen der US-Armee am US-Stützpunkt Guam das enorme propagandistische Potential, als sie die Negative in Händen halten.
Sie machen die sechs Soldaten zu Kriegshelden, doch deren Schicksal nimmt kein gutes Ende. Drei fallen wenige Zeit später im Verlauf der Kämpfe. Die Überlebenden kommen mit dem plötzlichen Ruhm nicht zurecht:
Ira Hayes stirbt zehn Jahre später im Alter von 32 Jahren nach jahrelangem Alkoholmissbrauch. Rene Gagnon wird ebenfalls alkoholkrank und stirbt verarmt im Jahr 1979.
Die Geschichte des sechsten Soldaten ist nicht verbrieft. Mehrere Männer haben seine Identität im Lauf der Jahrzehnte beansprucht.
Trickserei am Reichstag
Flaggen sind ein Symbol des Sieges. Analog zum Hissen der US-Flagge auf Iwojima nutzten die Propaganda-Institutionen der Sowjetunion das Hissen der Sowjet-Flagge auf dem Reichstag in Berlin 1945 für ihre Zwecke.
Dabei tricksen sie ordentlich: Das bekannte Foto ist inszeniert - bei der tatsächlichen Eroberung am 30. April ist weder ein Fotograf noch ein Kameramann anwesend.
Also beschließen die Sowjets zwei Tage später, dass der Georgier Militon Kantarija für den russischen Kriegsfotografen Jewgeni Chaldej die Flagge ein zweites Mal auf dem Dach des Reichstags befestigen soll.
Neben dem Aufnahmedatum fallen Forschern später noch andere Ungereimtheiten auf.
Der Fotograf hat die Armbanduhr des Soldaten Kantarija aus dem Bild retuschiert, damit die Soldaten nicht wie Plünderer erscheinen. Der Rauch auf dem Bild ist ebenso im Nachhinein eingefügt. Und: Bei der Flagge soll es sich gar nicht um eine mitgebrachte Flagge der roten Armee handeln, sondern um ein rotes Betttuch einer deutschen Familie.
Der eigentliche Flaggenhisser Michail Petrowitsch Minin wartete laut einem Interview mit der "Welt" 50 Jahre lang auf die Anerkennung seiner Aktion. Er starb vor ziemlich genau zehn Jahren im Alter von 85.
Fallende Statue wird zum Symbol des Irakkriegs
Am 20. März 2003 ziehen die USA mit einer "Koalition der Willigen" in den Krieg gegen den Irak. Die militärische Einmischung löst weltweite Proteststürme aus, denn die USA handeln mit ihren Verbündeten gegen ein UN-Mandat.
Im April 2003 bekommt der Marine Edward Chin die Aufgabe, die amerikanische Flagge auf das Gesicht der Statue Saddam Husseins in Bagdad zu befestigen. Danach wollen die Soldaten die Statue des ehemaligen Diktators medienwirksam abreisen.
Aus Sicht der irakischen Bevölkerung ein Eklat. Die US-Armee verhält sich wie ein Besatzer, so das Empfinden vieler beim Anblick der US-Flagge. Nur Sekunden später wird die US-Flagge durch die irakische Flagge ersetzt. Das Bild der fallenden Statue wird berühmt.
In Interviews sagt Edward Chin später, dass er seinen Einsatz im Irak bereut und lieber nichts mit dem Foto zu tun hätte. Aber ein Marine habe nun einmal Befehle auszuführen, in der Hoffnung, dass die Führung weise und richtige Entscheidungen treffe.
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