Beinahe zehn Jahre ist es her, seit sich Natascha Kampusch aus den Fängen ihres Entführers befreien konnte. Im Fernsehmagazin "Cafe Puls" gab die heute 28-Jährige einen Einblick in ihr Seelenleben, spricht über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – und das durchaus optimistisch, aber nur kurz und vage.
Als sie 2006 im Alter von 18 Jahren aus der über acht Jahre langen Gefangenschaft ihres Entführers Wolfgang Přiklopil fliehen konnte, stürzten sich die Medien auf die Wienerin
Auch wenn sich ihre Flucht erst im August diesen Jahres zum zehnten Mal jährt, hat das Puls4-Frühstücksfernsehformat "Café Puls" die verstrichene Zeit zum Anlass genommen, Kampusch für ein Interview auf die Couch zu bitten. Es ist eine kurze Bestandaufnahme: Wie geht es der mittlerweile 28-Jährigen, wie geht sie heute mit den Geschehnissen um, was sind ihre Pläne?
Wie geht es Kampusch heute?
"Sieben", antwortet sie auf die Frage des Moderators Florian Danner, wie glücklich sie sich auf einer Skala von eins bis zehn fühle. "Man kann sich immer noch verbessern und steigern", erklärt sie. "Ich bin dabei, und man soll's langsam angehen. Dann hält das Glück auch länger."
Auf die Frage, ob ihre Vergangenheit sie täglich verfolgt, antwortet sie: "Es gibt Tage, an denen ich das vergesse – aber natürlich, meine Geschichte hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin." Danner fragt, wie sich das bemerkbar mache, woraufhin Kampusch erläutert: "Mir fehlen einfach Erlebnisse mit anderen Menschen und ein normaler Werdegang."
"Es ist oft eine Erinnerung, die man zu dem Zeitpunkt gar nicht brauchen könnte", setzt sie an. "Es macht mich aber auch stolz, weil ich es ja geschafft habe, mich selber zu befreien". Dass sie immer wieder ihren Namen in der Zeitung liest, sei ihr unangenehm – "aber was soll man da machen?"
Welche Pläne hat sie für die Zukunft?
Viel lieber wäre es ihr, wenn ihr Name mit etwas Positivem in Verbindung gebracht würde. Ihr schweben offenbar mehrere Vorhaben vor, aber sehr konkret wird sie nicht: "Projekte, Karitatives, oder wenn ich mich künstlerisch betätigen werde in Zukunft."
Auch auf Danners Nachfragen bleibt sie vage: "Schmuck, Mode eventuell, aber natürlich auch weiterhin Kreatives, mit Menschen gemeinsam, Projekte für die Jugend, für Kinder."
"Mir ist vor allem wichtig, etwas Bleibendes für mein Umfeld, für die Menschen, die ich mag, zu erreichen – aber natürlich auch für andere Menschen, weil ich mich so gut in Notsituationen hineinversetzen kann", fasst sie ihre Pläne letztlich zusammen. "Da möchte ich vielen Leuten etwas geben, das ihnen vielleicht fehlt und das sie glücklich machen kann und voranbringt".
Wie sieht ihr Alltag aus?
"Ich versuche meinen Alltag so stressfrei wie möglich zu gestalten", lächelt sie. "Es ist eher der Alltag einer 70-jährigen. Ich habe schon so viel erlebt, und ich muss etwas ausatmen und mich erden und zur Ruhe kommen, das ist so wichtig für mich. Und deshalb nehme ich Tempo raus."
Sie hat noch vor, die Matura nachzuholen, lässt sich aber auch hierfür Zeit. "Ich lerne ja fürs Leben und nicht für den Prüfer", meint sie.
Danner spricht sie noch auf ihre Kritiker an. Auch hier zeigt sich Kampusch optimistisch: "Ich möchte teilweise meinen Kritikern auch die Hand reichen, nur funktioniert das nicht, weil die das nicht verstehen. Aber irgendwann werden die das schon verstehen."
Geplauder ohne konkrete Informationen
Ganze fünfeinhalb Minuten dauerte das Interview mit Natascha Kampusch – wenig Zeit, um ein interessantes Gespräch zu führen, und noch weniger Zeit, um in die Tiefe zu gehen.
Natürlich hat Kampusch über die Jahre immer wieder detailliert über ihre Vergangenheit geredet – aber dennoch wünscht man sich auch hier ein genaueres Nachfragen, etwas Konkreteres im Gespräch. In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" erklärte sie 2014 beispielsweise noch, dass es eine große Hürde für ihren Schulabschluss sei, mit vielen anderen Menschen in einem Raum zu sein.
Bei "Cafe Puls" ist davon keine Rede, stattdessen wird wenig erkenntnisreich über ihr unliebsamstes Schulfach geplaudert.
So sympathisch die optimistische und reflektierte Frau wirkt, so unklar ist doch, wofür sie hier eigentlich in die Sendung geholt wurde. Projekte gab es in den Jahren immer wieder welche, und es bleibt natürlich zu hoffen, dass sie viele findet, in denen sie sich verwirklichen kann – aber für ein bisschen Konversation, in denen der Moderator aufpasst, nicht zu genau zu werden, und immer nur von ihrer "Geschichte" spricht, hätte man Natascha Kampusch eigentlich nicht bemühen müssen.
Es ist schön zu sehen, dass Kampusch weiterhin positiv in die Zukunft blickt. Wer sich vom Gespräch aber Informationen erhofft hatte, wird enttäuscht. Vermutlich gibt ihr für Juli angekündigtes Buch "10 Jahre Freiheit" mehr Einblicke.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.