- Papst Franziskus akzeptiert den Rücktritt von Kardinal Reinhard Marx nicht.
- Dieser hatte Ende Mai darum gebeten, aus seinem Amt entlassen zu werden.
- Marx sieht die Kirche an einem "toten Punkt".
Papst Franziskus hat den Rücktritt des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, abgelehnt. "Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder. Mach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising", schrieb das Oberhaupt der katholischen Kirche in einem Brief an Kardinal Marx, den der Heilige Stuhl am Donnerstag veröffentlichte.
Marx hatte am 4. Juni ein Schreiben veröffentlicht, in dem er von einem "toten Punkt" in der katholischen Kirche sprach. "Ich stimme Dir zu, dass wir es mit einer Katastrophe zu tun haben: der traurigen Geschichte des sexuellen Missbrauchs und der Weise, wie die Kirche damit bis vor Kurzem umgegangen ist", heißt es in
Der 67 Jahre alte Marx hatte am 21. Mai in einem Brief an Papst Franziskus seinen Amtsverzicht angeboten. Franziskus sollte demnach über "seine weitere Verwendung" entscheiden.
Marx von Entscheidung des Papstes überrascht
Die schnelle Antwort aus Rom löste im Erzbistum München und Freising Überraschung aus. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidung, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet", wird Marx in einer Stellungnahme zitiert, die das Erzbistum am Donnerstag verbreitete. "Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung, so wie ich es ihm versprochen habe."
Er empfinde die Entscheidung des Papstes allerdings "als große Herausforderung", sagte Marx laut Mitteilung. "Danach einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein."
Die Entscheidung bedeute für ihn, "zu überlegen, welche neuen Wege wir gehen können – auch angesichts einer Geschichte des vielfältigen Versagens –, um das Evangelium zu verkünden und zu bezeugen", teilte der Kardinal mit. Der Papst greife in seinem Brief "vieles auf, was ich in meinem Brief an ihn benannt habe, und gibt uns wichtige Impulse".
Außerdem bleibe er dabei, was er in seiner persönlichen Erklärung zu seinem Rücktrittsersuchen gesagt habe: "dass ich persönlich Verantwortung tragen muss und auch eine "institutionelle Verantwortung" habe, gerade angesichts der Betroffenen, deren Perspektive noch stärker einbezogen werden muss".
Rücktrittsangebot sorgte für großes Aufsehen
Das Ersuchen Marx' hatte in der katholischen Kirche für großes Aufsehen gesorgt. Marx ist vielen Menschen bekannt. Mit seinem Amt hatte er wohl schon länger gehadert. Mit dem Verzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche, so Marx.
"Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten", schrieb Marx dem Papst.
Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn durchgängig, dass es "viel persönliches Versagen und administrative Fehler" gegeben habe, aber "eben auch institutionelles oder systemisches Versagen".
Marx erhielt für Entscheidung Lob von verschiedenen Seiten
Für seinen Schritt erhielt Marx von vielen in der katholischen Kirche Anerkennung. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, zeigte Verständnis für die Entscheidung. Marx habe "Wegweisendes für die Kirche in Deutschland und weltweit geleistet", hieß es damals. Er bedauerte aber mit Blick auf die Rolle Marx' in der DBK seine Entscheidung zu diesem Schritt.
Auch Verbände, die sonst kritisch mit der katholischen Kirche umgehen, lobten das Rücktrittsangebot. Der Initiative von Missbrauchsopfern "Eckiger Tisch" zufolge macht es den Weg frei für einen Neuanfang. "Es ist ein beeindruckender Schritt, dass endlich ein Bischof in Deutschland in der Ich-Form spricht und Verantwortung übernimmt."
Marx ist einer der bekanntesten Bischöfe Deutschlands und war bis 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In der Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, dem "Synodalen Weg" hatte er sich zuletzt als reformfreudig hervorgetan.
Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbeiten soll, wie sexueller Missbrauch von Priestern im Bistum möglich wurde und ob hochrangige Geistliche Täter schützten. (dpa/ank/thp)
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