Frauen in Saudi-Arabien dürfen künftig auch ohne Zustimmung eines Mannes reisen. Ab dem Alter von 21 Jahren haben sie ein Recht auf einen Pass und Reisefreiheit. Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist das Land allerdings noch immer weit entfernt.
Saudi-Arabien hat eine weitere Lockerung der strikten Regeln für Frauen angekündigt. Sie sollen künftig ohne Zustimmung eines Mannes reisen können. Laut einem Dekret von König Salman erhalten Frauen ab dem Alter von 21 Jahren das Recht auf einen Pass und Reisefreiheit, wie die saudische Nachrichtenseite "Okaz" am Donnerstagabend berichtete.
Bislang brauchen Frauen dafür die Zustimmung eines männlichen Vormunds. In den meisten Fällen ist das der Vater oder ein Bruder.
Noch lange keine Gleichberechtigung in Saudi-Arabien
Allerdings benötigen Frauen für ein Studium oder die Ausübung bestimmter Berufe immer noch die Zustimmung ihres Mannes oder eines männlichen Verwandten. Dieses Vormundschaftssystem sorgt dafür, dass Frauen ihr Leben lang den rechtlichen Status einer Minderjährigen behalten.
International stoßen diese Regelungen auf scharfe Kritik. Doch auch in Saudi-Arabien selbst regt sich zunehmend Widerstand.
In den vergangenen Jahren hat Kronprinz Mohammed bin Salman begonnen, die sehr strikten Regeln für Frauen zu lockern. Seit Juni 2018 dürfen Frauen beispielsweise Auto fahren. Das ist ein symbolträchtiger Schritt, denn Saudi-Arabien war das einzige Land der Welt, in dem Frauen nicht selbst fahren durften.
Mittlerweile dürfen Frauen außerdem zu Fußballspielen gehen und Berufe ausüben, die eigentlich nur Männern vorbehalten sind. Durch diese Liberalisierungen wurde zwar das Leben vieler Frauen verbessert, von einer Gleichberechtigung der Geschlechter kann allerdings nicht die Rede sein.
Kritiker sprechen von lediglich kosmetischen Reformen und fordern, das Vormundschaftssystem komplett abzuschaffen. Die Nahostdirektorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), Sarah Leah Whitson, schrieb auf Twitter, wie bei allen Gesetzen sei die Umsetzung der Schlüssel. Frauen bräuchten außerdem nach wie vor die Zustimmung eines männlichen Vormunds, wenn sie heiraten wollten.
Mit harter Hand gegen Menschenrechtler
Und nicht nur bei der Gleichberechtigung der Geschlechter hat Saudi-Arabien noch Nachholbedarf. Das Königreich geht auch mit harter Hand gegen Menschenrechtler vor. Im vergangenen Jahr hatten Sicherheitskräfte 17 Frauenrechtler festgenommen. Gegen mehrere von ihnen begann in diesem März ein Prozess.
Das Königshaus steht zudem wegen des brutalen Mordes an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi unter Druck. Er war 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem aus Riad angereisten Spezialkommando getötet worden. (ff/dpa/AFP)
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