Vor drei Tagen ist ein 15-Jähriger in einer Schlägerei bei einem Jugendfußballturnier in Frankfurt am Main lebensgefährlich verletzt worden. Nun ist der Jugendliche seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Trauer ist groß.

Mehr Panorama-News

Drei Tage nach der lebensgefährlichen Verletzung eines Jugendlichen in einer Schlägerei bei einem Jugendfußballturnier in Frankfurt am Main ist der 15-Jährige am Mittwoch seinen schweren Hirnverletzungen erlegen. In den kommenden Tagen solle eine Obduktion die genaue Todesursache klären, teilte die Polizei in der hessischen Metropole mit. Wie es zu der Schlägerei kam und wie sie ablief, werde noch ermittelt.

Bereits am Dienstag war der Jugendliche für hirntot erklärt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft blieben die Maschinen, die ihn anschließend versorgten, für die Entnahme von Spenderorganen zunächst weiter eingeschaltet. Im Verlauf des Mittwochs wurden diese aber abgestellt.

Lebensbedrohliche Hirnverletzungen bei Schlägerei

Am Pfingstsonntag war es bei einem internationalen Jugendfußballturnier im Stadtteil Eckenheim nach Abpfiff eines Spiels zwischen dem französischen FC Metz und dem JFC Berlin zu der Schlägerei gekommen. Nach dem Halbfinale des JFC gegen das französische Team, das die Berliner gewonnen hatten, kam es Berichten zufolge zu einem Handgemenge zwischen den Spielern beider Teams.

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf das Amtsgericht heute berichtete, soll der aus Frankreich stammende Beschuldigte zunächst einen anderen Gegenspieler angegriffen und ihm mit beiden Fäusten ins Gesicht geschlagen haben.

Anschließend habe er den 15-Jährigen in den Schwitzkasten genommen und in die Magengegend geschlagen. Dieser habe sich zunächst befreien und weggehen können. Der Beschuldigte sei ihm nachgelaufen und habe ihm von hinten einen festen Schlag auf den Kopf gegeben. Als der Jugendliche zusammenbrach, sei er weggegangen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Ablauf.

Mutmaßlicher Täter beteuert, den 15-Jährigen nicht absichtlich verletzt zu haben

Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. "Der Haftbefehl geht bislang von gefährlicher und schwerer Körperverletzung aus", sagte die Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Nadja Niesen, am Mittwoch der dpa. Nachdem der 15-Jährige für hirntot erklärt worden war, "wird es jetzt um den Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge gehen".

Der mutmaßliche Täter beteuert laut Mitteilung seines Vereins, das Opfer nicht absichtlich verletzt zu haben. Der FC Metz stehe den Behörden zur Aufklärung der Vorfälle zur Verfügung. Der JFC teilte auf seiner Homepage mit, sich aus Respekt vor dem Opfer und dessen Familie derzeit nicht öffentlich äußern zu wollen.

Trauer um den Jugendfußballer

An Fußball ist beim Jugendfußballclub Berlin derzeit nicht zu denken. "Absetzung" lautet der angesichts der dramatischen Ereignisse ziemlich technisch klingende Hinweis auf der Terminseite "Fußball.de" zu dem für diesen Mittwochabend ursprünglich geplanten Spiel der B-Jugend des JFC gegen Hertha 03 II. Diese schlichte Information ist auch auf der Homepage des Vereins zu sehen.

Es wird getrauert beim JFC Berlin. Aber nicht nur beim Verein aus dem Hauptstadt-Bezirk Lichtenberg sitzt der Schock über den Tod des 15-Jährigen aus der U17-Jungenmannschaft der Ost-Berliner tief.

Die gewalttätigen Ereignisse unter Jugendfußballern bei dem Turnier in Frankfurt am Main beschäftigen die Justiz. Und sie führen erneut zu Betroffenheitsbekundungen bei Politikern und Fußball-Funktionären.

Fußball und Gewalt, das ist ein längst bekanntes Phänomen, gerade auf lokalen Sportplätzen und immer öfter auch im Juniorenbereich. Die Ereignisse beim "Germany Cup" in Hessen sind aber in ihrer Dimension besonders dramatisch.

Ein Sportplatz im Frankfurter Stadtteil Eckenheim wird zum traurigen Symbol einer bedenklichen Entwicklung. Regelmäßig wurden zuletzt Gewaltfälle publik. Vor einem Jahr attackierte ein wütender Vater auf einem Sportplatz in Berlin einen Jungen im Teenager-Alter, der zuvor seinen Sohn gefoult hatte. Im Laufe der Auseinandersetzung wurde ein Messer gezückt.

Gewaltproblem auf Fußballplätzen?

Die grundsätzliche Problematik einer fortschreitenden Enthemmung auf den Sportplätzen ist den Verbänden bekannt. Der Deutsche Fußball-Bund hat schon vor fast einem Jahrzehnt die AG Fair Play und Gewaltprävention gegründet. "Der Fußball hat kein Gewaltproblem. Aber Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das daher auch den Fußball betrifft", sagte deren Leiter Gunter A. Pilz, der wohl bekannteste Forscher zum Thema Fußball-Gewalt.

Ob das Drama um den JFC-Spieler zu neuen Präventionsaktionen führt? Betroffen reagierten Entscheider auf allen Ebenen. "Dass nach einem Fußballspiel in Frankfurt a.M. ein junger Spieler aus dem Leben gerissen wurde, macht mich fassungslos, lässt mich sprachlos zurück. Ich wünsche den Angehörigen, den Freundinnen & Freunden, dem Team unendlich viel Kraft in dieser dunkelsten Stunde", schrieb Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

Anteilnahme in Berlin und Hessen

Berlins Fußballverbands-Präsident Bernd Schultz wurde in einer Mitteilung zitiert: "Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten in diesen schwierigen Stunden allen Angehörigen und den Teammitgliedern des betroffenen Spielers." Man stehe dem Verein wo es gehe zur Seite. Ähnliche Worte kamen aus Hessen: "Wir sind schockiert darüber, dass ein Jugendlicher durch Gewalt auf einem hessischen Fußballplatz um sein Leben kämpft. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen des Jungen", sagte die Vizepräsidentin des Hessischen Fußball-Verbands und DFB-Vizepräsidentin Silke Sinning.

Der Berliner Fußball-Verband notierte in der Spielzeit 2021/22 insgesamt 1936 Ereignisse, die die Sportgerichtsbarkeit beschäftigten oder in Spielberichten notiert wurden. Physische und verbale Vergehen halten sich dabei ungefähr die Waage. Besonders bedenklich aber: 43,5 Prozent der Fälle wurden im Jugendfußball registriert.

Der JFC war 2010 gegründet worden, um ein Lebensgefühl zu vermitteln, das eben jener Gewalt abschwört, deren Opfer nun einer seiner Spieler geworden ist. "Mentale Werte, wie das kameradschaftliche Verhalten innerhalb einer Gemeinschaft sowie der faire Umgang miteinander, stehen bei uns im Vordergrund", heißt es auf der Homepage. "Fair Play" sei das "oberste Gebot". (Arne Richter, dpa/AFP/tas)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.