Wenige Monate vor der Nationalratswahl wollen in Österreich zwei Untersuchungsausschüsse erneut etwaigen Machtmissbrauch beleuchten. Im von der oppositionellen SPÖ und FPÖ eingesetzten Untersuchungsausschuss zur Covid-Finanzierungsagentur Cofag geht es um den Verdacht, dass Milliardäre dank des Einflusses der konservativen ÖVP bevorzugt Hilfsgelder erhalten haben könnten. "Wo ist der Wasserschaden, wie groß ist der Wasserschaden?", sagte der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer zum Start des parlamentarischen Gremiums am Mittwoch in Wien. Ein großer Nutznießer soll der Investor René Benko gewesen sein, der im April aussagen soll.
In einem zweiten Ausschuss, der in einer Woche beginnt, will die ÖVP möglichen Machtmissbrauch durch die SPÖ und die FPÖ untersuchen lassen. Es werde vor allem um das "System Kickl" gehen, sagte der ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger mit Blick auf die Zeit des FPÖ-Chefs Herbert Kickl als Innenminister von 2017 bis 2019. Die ÖVP hat den Verdacht, dass die Rechtspopulisten Steuergelder für Parteizwecke verwendet haben könnten.
Zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-Pandemie hatte die seit 2019 regierende Koalition aus ÖVP und Grünen die Bundesagentur Cofag gegründet, die nach eigenen Angaben bisher rund 15 Milliarden Euro an 236 000 Antragsteller ausbezahlt hat. Der Rechnungshof kritisierte in einem Bericht von 2022 nicht ausreichende Expertise und eine mögliche Überförderung. Der Verfassungsgerichtshof hatte im Oktober 2023 entschieden, dass die Aufgabenübertragung an die Cofag verfassungswidrig gewesen ist.
Im Mittelpunkt des Interesses dürften die Hilfszahlungen an Unternehmen des Signa-Gründers Benko stehen. Es gehe darum, "wie wir das Land vor superreichen Hütchenspielern, wie René Benko es ist, schützen können", sagte die Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli. Benkos Handels- und Immobilienimperium, dessen Wachstumskurs vor allem durch die lange Niedrigzins-Phase beflügelt worden war, ist in wesentlichen Teilen inzwischen insolvent.
Die beiden aktuellen Ausschüsse sind wegen der zu beachtenden Fristen vor der Nationalratswahl jeweils auf nur wenige Tage anberaumt. Sie stehen in der Tradition des Ibiza-Untersuchungsausschusses und des ÖVP-Korruptionsausschusses, die sich ihrerseits um Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft drehten. © dpa
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