• Die Polizei in Rochester hat ein neunjähriges Mädchen unter dem Einsatz von Pfefferspray festgenommen.
  • Während die Bürgermeisterin und die Polizeichefin der Stadt den Vorfall verurteilten, verteidigte ihn der Chef der örtlichen Polizeigewerkschaft.
  • Der Vorfall im US-Bundesstaat New York erinnert an ähnlich gelagerte Vorfälle aus dem vergangenen Jahr.

Mehr Panorama-Themen finden Sie hier

In den USA hat das harte Vorgehen der Polizei gegen ein neun Jahre altes Mädchen für Empörung gesorgt.

Die Sicherheitskräfte in der Stadt Rochester im US-Bundesstaat New York seien alarmiert worden, weil das mutmaßlich psychisch kranke Kind nach einem familiären Streit damit gedroht habe, sich selbst und seine Mutter zu töten, sagte der örtliche Vize-Polizeichef, Andre Anderson, am Sonntag. Er suche für den Ablauf des Geschehens aber keine Entschuldigungen.

Videoaufnahmen zeigen, wie die Polizei die Neunjährige in Handschellen abführte. Als sie sich vehement dagegen wehrte, sich in einen Polizeiwagen zu setzen, setzte die Polizei auf dem Rücksitz des Fahrzeugs Pfefferspray gegen das Mädchen ein.

Das Mädchen wurde nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus wieder seiner Familie übergeben.

Die Bürgermeisterin von Rochester im Bundesstaat New York verurteilte den Polizeieinsatz vom Freitag. Als Mutter eines zehnjährigen Kindes wolle sie solche Aufnahmen nicht sehen, sagte Lovely Warren. Sie mahnte zu mehr "Einfühlungsvermögen und Empathie" und forderte eine interne Untersuchung bei den Sicherheitskräften.

Polizeichefin von Rochester: "Das ist nicht okay"

Polizeichefin Cynthia Herriott-Sullivan räumte Fehler ein. "Ich werde mich hier nicht hinstellen und Ihnen sagen, dass der Einsatz von Pfefferspray gegen eine Neunjährige ok ist", sagte sie. "Das ist es nicht."

Verständnis für das Vorgehen kam dagegen von der Polizeigewerkschaft. "Es geht hier nicht um fehlendes Einfühlungsvermögen oder Empathie", sagte der örtliche Gewerkschaftschef Mike Mazzeo. Vielmehr hätten die Polizisten wegen "begrenzter Ressourcen" keine andere Wahl gehabt, als gegen die Neunjährige zum Pfefferspray zu greifen.

Die polizeiintern in der Auswertung befindlichen Video-Aufnahmen lassen jedoch Mazzeos Hinweis auf die "begrenzten Ressourcen" fragwürdig erscheinen, sind doch rund um das Fahrzeug mindestens sechs Beamtinnen und Beamten zu erkennen, als die Aufnahme endet. US-Medien sprachen von neun Beamtinnen und Beamten.

Nach Angaben von Bürgermeisterin Warren wurden die an dem Einsatz beteiligten Beamten vom Dienst suspendiert. Sie würden zunächst für die Dauer der internen Untersuchung vom Dienst ausgeschlossen. Wie viele Beamte genau suspendiert wurden, sagte Warren nicht.

Daniel Prude kommt während Polizeieinsatzes in Rochester zu Tode

Polizeigewalt gegen Afroamerikaner sorgt in den USA immer wieder für Empörung. Der Erstickungstod von George Floyd im Mai 2020 durch einen brutalen Polizeieinsatz hatte landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst.

Zwei Monate zuvor, am 23. März 2020, war es jedoch direkt in Rochester zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Daniel Prude wurde tödlich verletzt, nachdem er von Polizisten gewaltsam festgehalten und für mehr als zwei Minuten mit dem Gesicht auf das Straßenpflaster gedrückt worden war.

Prude, ein 41-jähriger Afroamerikaner und Vater von fünf Kindern, war zuvor nach der Einnahme der Droge Phencyclidin (kurz: PCP) nackt durch die Straßen von Rochester gelaufen. (AFP/hau)

Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 08 00/ 11 10 - 111 (Deutschland), 142 (Österreich), 143 (Schweiz).

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, dass das Mädchen schwarz sei. Die Behörden haben jedoch keine genaueren Angaben zur Identität der Neunjährigen gemacht, weshalb die Nachrichtenagentur AFP und entsprechend auch wir die Angabe korrigiert haben.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.