Neue Vorwürfe gegen den Hamburger Erzbischof Heße. Er soll in die Vertuschung eines Falls von sexuellem Missbrauch eines Priesters an dessen minderjährigen Nichten verwickelt sein. Heße weist alle Vorwürfe von sich. Fehler gesteht er jedoch im Zusammenhang mit einer Broschüre zum Thema Missbrauch ein.
Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße soll nach Recherchen der "Bild"-Zeitung vor zehn Jahren in die Vertuschung eines Falls von sexuellem Kindesmissbrauch im Erzbistum Köln verwickelt gewesen sein. Heße weist alle Vorwürfe zurück.
In dem Fall geht es um einen heute 69 Jahre alten Priester. Die Kölner Staatsanwaltschaft hat den Mann wegen sexuellen Missbrauchs seiner minderjährigen Nichten in den 90er Jahren angeklagt. Ein Sprecher des Landgerichts Köln bestätigte die Anklageerhebung am Mittwoch. Es gehe dabei auch um einen "Beischlaf-Fall".
2010 war der Priester schon einmal angezeigt worden, doch damals wurde die Anzeige zurückgezogen. 2019 wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Die Missbrauchsopfer - heute erwachsen - sollen jetzt aussagebereit sein.
Priester soll umfassendes Geständnis abgelegt haben
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung legte der Priester 2010 ein umfassendes Geständnis gegenüber seinen Vorgesetzten im Erzbistum Köln ab. Von diesem Gespräch sei bewusst kein Protokoll angefertigt worden. Es hätten nur handschriftliche Notizen existieren sollen, weil diese notfalls hätten vernichtet werden können. Zu diesem Vorgehen habe Heße - damals Personalchef im Erzbistum Köln - sein Einverständnis gegeben.
Heße bestreitet dies. "Ich schließe für mich aus, einem Vorgehen zugestimmt zu haben, bei dem in Fällen sexuellen Missbrauchs von Gesprächsinhalten keine Protokolle angelegt oder gar Protokolle, Akten oder Gesprächsnotizen im Zweifel vernichtet werden sollen", teilte Heße am Mittwoch in Hamburg mit.
"Dies widerspricht nicht nur zutiefst meiner Überzeugung bei der Frage der Aufklärung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, sondern auch meinem jahrzehntelangen Handeln in dieser Frage."
Erzbistum soll Anwaltskosten des Priesters übernommen haben
Das Erzbistum hat sich 2010 nach den Recherchen von "Bild" auch an den Anwaltskosten des Priesters beteiligt. Anschließend habe der Geistliche in der Krankenhausseelsorge in Wuppertal weitergearbeitet.
Im September hatte die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" berichtet, dass Heße durch ein vom heutigen Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki in Auftrag gegebenes anwaltliches Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen belastet werde. Heße bestreitet auch diese Vorwürfe.
Allerdings gibt Heße in der aktuellen "Christ & Welt"-Ausgabe Fehler im Zusammenhang mit einer Informationsbroschüre zum Thema Missbrauch zu. Es geht dabei um eine Broschüre, die er 2012 als Generalvikar im Erzbistum Köln verantwortet hatte.
"Spätestens als Generalvikar hätte ich besser die Broschüre überarbeiten lassen müssen", sagte Heße "Christ & Welt" (Donnerstag). "Hier hätten wir im Sinne aller, besonders der Betroffenen, sensibler arbeiten müssen."
Broschüre sprach von nur fünf des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priestern
Die Broschüre war erstmals 2010 in Kölner Kirchen verteilt worden. Darin berichtete das Erzbistum von nur fünf des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priestern in seinem Verantwortungsbereich. Die 2018 veröffentlichte Missbrauchstudie der Deutschen Bischofskonferenz habe dagegen 87 Geistliche beschuldigt, berichtete "Christ & Welt".
Die Broschüre sei ursprünglich im Auftrag des früheren Kardinals Joachim Meisner und des damaligen Generalvikars Dominikus Schwaderlapp erschienen. Heße war damals noch Personalchef.
"Die Broschüre ist aus heutiger Sicht ein erster, aber misslungener Versuch, mit dem Thema Missbrauch umzugehen. Es ist sicher ein Versäumnis, dass nicht alle damals bekannten Fälle aufgeführt worden sind", sagte Heße "Christ & Welt".
Heße ist heute als Hamburger Erzbischof in einer der höchsten Positionen der katholischen Kirche in Deutschland. Schwaderlapp ist im Erzbistum Köln zum Weihbischof aufgestiegen. (dpa/dh)
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