Nach dem Verstreichen eines Ultimatums der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) zur Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum im Niger laufen internationale diplomatische Bemühungen zur Entschärfung der Krise. US-Außenminister Antony Blinken sprach sich für Diplomatie als den "bevorzugten Weg" zur Lösung der Krise aus. Die hochrangige US-Diplomatin Victoria Nuland berichtete von "schwierigen Gesprächen" mit Militärvertretern, die die Macht in dem westafrikanischen Land übernommen haben.
"Diplomatie ist sicherlich der bevorzugte Weg, um diese Situation zu lösen", sagte Blinken am Monzah dem im Niger mittlerweile blockierten französischen Radiosender RFI. "Das ist der aktuelle Ansatz der Ecowas. Es ist unser Ansatz", sagte er und bezog sich dabei auf die Bemühungen des westafrikanischen Blocks, den gestürzten und demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder einzusetzen.
Bazoum war vergangene Woche im Niger festgesetzt worden. Die Ecowas hatte das Militär aufgefordert, den Präsidenten bis Sonntagabend wieder einzusetzen und ein militärisches Eingreifen als "letzte Option" in Aussicht gestellt. Die Frist verstrich, ohne dass es zunächst zu einem Militäreinsatz kam.
Nach dem Ablauf des Ecowas-Ultimatums ernannten die nach dem Staatsstreich im Niger regierenden Militärs einen neuen Ministerpräsidenten. In einer am Montagabend im Fernsehen verlesenen Erklärung wurde Ali Mahaman Lamine Zeine mit dem Amt betraut. Er arbeitete bereits rund zehn Jahre in einer früheren Regierung in Niger als Kabinettschef und Finanzminister, bevor diese Regierung im Jahr 2010 durch einen Putsch abgelöst wurde.
Die hochrangige US-Diplomatin Nuland berichtete derweil, sie habe Militärvertretern in der nigrischen Hauptstadt Niamey in einem zweistündigen Gespräch "Optionen" darlegt, wie der Staatsstreich rückgängig gemacht werden könne und die "guten Dienste" der USA angeboten, falls die Verantwortlichen zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückkehren wollten. Sie würde jedoch "nicht sagen, dass dieses Angebot in irgendeiner Weise berücksichtigt wurde", sagte sie über ihr Treffen am Montag.
Die Gespräche beschrieb Nuland als "äußerst offen und manchmal ziemlich schwierig". Die US-Vertreterin konnte vor Ort lediglich mit dem neuen Stabschef des Militärs, Brigadegeneral Moussa Salaou Barmou, sprechen. Treffen mit dem selbsternannten neuen Militärmachthaber General Abdourahamane Tiani und dem gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum wurden ihr verwehrt.
Offenbar plant die Ecowas auch nach dem Verstreichen des Ultimatums zur Wiedereinsetzung von Präsident Bazoum kein militärisches Eingreifen im Niger. Eine unmittelbare Militärintervention werde derzeit nicht ins Auge gefasst, verlautete am Montag aus Ecowas-Kreisen. Am Donnerstag wollen sich die Staats- und Regierungschefs des Ecowas-Bündnisses in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zu einem erneuten Sondergipfel treffen und über die politische Situation im Niger beraten.
Die Militärs unter dem selbsternannten neuen Machthaber Abdourahamane Tiani hatten als Reaktion auf das Ecowas-Ultimatum für den Fall "jeglicher Aggression" einen "sofortigen Gegenschlag" angedroht. Die Militärjunten in Nigers Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso machten deutlich, dass sie eine Militärintervention im Niger als "Kriegserklärung" auch gegen sich selbst betrachten würden.
Malis Abdoulaye Diop warnte am Montag gar vor einer Militärintervention. "Die militärische Gewalt, die in anderen (...) Ländern angewandt wurde, wir sehen die Ergebnisse - es ist eine Katastrophe", sagte Diop und verwies auf den Irak und Libyen. © AFP
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