- Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will Missbrauchsbetroffene stärker an der Aufklärung der Fälle beteiligen.
- Dabei soll ein "Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt" helfen, das neu gegründet wurde.
- Beschlossen werden sollen dort etwa Grundsatzfragen zu Anerkennungsleistungen oder zu disziplinarrechtlichen Konsequenzen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will Betroffene von Missbrauch stärker an der Aufklärung der Fälle beteiligen. Dazu hat sie am Wochenende ein neues Beteiligungsforum gegründet. "Das kann eine Chance sein", sagte Nancy Janz, die als Betroffene die Entscheidung mitgetragen hatte, am Montag. Bei Ferienfreizeiten, in Jugendgruppen oder Heimen war es in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche oder andere Schutzbefohlene gekommen. Fast 900 Fälle seit den 1950er Jahren, die sich im Bereich der Kirche oder der Diakonie ereignet haben, sind der EKD bisher bekannt. Ein Großteil soll sich im Bereich der Heimerziehung ereignet haben.
Ein erster Anlauf der Kirche, die Missbrauchsfälle aufzuarbeiten, war im vergangenen Jahr gescheitert. Im August 2020 war ein Betroffenenbeirat von der EKD berufen worden. Menschen, die Opfer von sexualisierter Gewalt wurden, sollten dort angehört werden und zu Wort kommen. Aber das Konzept, das nach dem Vorbild der katholischen Kirche erstellt worden sei, habe sich nicht bewährt, sagte Janz. Die Personen seien vor allem beratend tätig gewesen. Der Entschluss darüber, was von den Ratschlägen übernommen werden sollte und was nicht, lag demnach bei den Gremien der EKD. Entscheidungen seien in "Endlosschleifen" stecken geblieben, so die Betroffene: "Das hat zu viel Frustrationen geführt." Beim neuen sogenannten Beteiligungsform Sexualisierte Gewalt sei das mit der Einbindung anders.
Kirche will Missbrauchsfälle mit Betroffenen aufarbeiten
"Die Betroffenen haben nun eine Stimme", sagte Birgit Mangels-Voegt, die als externe Beraterin den Vorschlag für das neue Modell eingebracht hatte. "Ich bin nicht Teil der Kirche - das war für den Prozess ganz wichtig", betonte sie. Betroffene und Vertreter sowie Vertreterinnen der EKD verständigten sich demnach einstimmig auf den Vorschlag der Moderatorin und Konfliktmanagerin. Der Prozess soll nun durch externe Moderation und Supervision begleitet werden, das Gremium will sich viermal im Jahr treffen. Beschlossen werden sollen laut Mangels-Voegt beispielsweise Grundsatzfragen zu Anerkennungsleistungen oder zu disziplinarrechtlichen Konsequenzen.
"Mit dieser neuen, deutlich anderen und weitergehenden Form der Beteiligung werden wir das gemeinsame Anliegen, sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie bestmöglich aufzuarbeiten und zu verhindern, konsequent umsetzen", teilte der Sprecher des Beauftragtenrates, der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns, mit. Die Betroffene Janz sagte, das neue Modell sei ein Weg, der zum Ziel führen könne. Nun müsse man sehen, ob die guten Absichten auch umgesetzt würden. (dpa/okb)
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