Hunderte AfD-Delegierte wollen sich in zwei Wochen zum Bundesparteitag in Essen treffen. Doch die Messe hat den Mietvertrag gekündigt. War das rechtens? Das Verwaltungsgericht hat nun ein Urteil gesprochen. Damit ist der Streit aber noch nicht vorbei.

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Die Stadt Essen muss der AfD die Grugahalle für den Bundesparteitag der Partei Ende Juni zur Verfügung stellen. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster einlegen (Az: 15 L 888/24 und 15 L 881/24).

Nach Überzeugung der 15. Kammer hat die AfD Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen wie der Grugahalle. Sie dürfe nicht anders behandelt werden als andere politische Parteien, wie es in der Mitteilung des Gerichts von Freitag heißt. Der Zugang dürfe nur versagt werden, wenn bei der Nutzung die Gefahr von strafbaren Handlungen bestehe. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse allerdings im Fall von politischen Parteien ein strenger Maßstab angelegt werden. Das Gericht konnte keine hinreichende Tatsachengrundlage dafür erkennen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Rechtsverletzungen kommen würde.

Mit welcher Begründung wurde der Mietvertrag gekündigt?

Der Mietvertrag mit der AfD für die Grugahalle ist fast eineinhalb Jahre alt. Aus Sicht der Stadt hat die Partei sich aber seit der Vertragsunterzeichnung deutlich radikalisiert. Die Stadt verwies unter anderem auf die Verurteilung des AfD-Landtagsfraktionschefs Björn Höcke in Thüringen zu einer Geldstrafe wegen der Verwendung der verbotenen SA-Losung "Alles für Deutschland".

Um solche Äußerungen beim Parteitag zu verhindern, hatte der Stadtrat eine Selbstverpflichtung der AfD verlangt. Die Partei hatte sich geweigert. Daraufhin wurde der Vertrag gekündigt.

Eine Vorab-Zusicherung, strafbare Parolen zu verhindern, lasse sich in der Praxis bei mehreren Hundert Delegierten plus Gästen nicht umsetzen, hatte etwa AfD-Vize Peter Boehringer gesagt. Außerdem sei die Beratung über den Stadtratsbeschluss kurzfristig unter Missachtung der Ladungsfristen auf die Tagesordnung des Stadtrates gesetzt worden. Der Beschluss sei damit schon aus formalen Gründen nichtig.

AfD klagt auch beim Land: Wie argumentiert die Partei beim Landgericht?

Der Streit um den Bundesparteitag ist ebenfalls noch anhängig am Landgericht Essen. Über die Zivilklage will das Gericht am Montag in mündlicher Verhandlung entscheiden. Die AfD hält die Vertragskündigung für rechtswidrig und pocht auf die Einhaltung ihres Mietvertrages. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei eine bestimmte Klausel des Vertrages, wie das Landgericht mitteilte.

Laut der ist eine Kündigung möglich, wenn "Tatsachen vorliegen, die eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch (die) Veranstaltung befürchten lassen". Doch trifft das hier zu? Die AfD will bei der mündlichen Verhandlung beim Landgericht das Gegenteil beweisen. Außerdem hält sie die Formel für viel zu vage und unbestimmt, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

Wann gibt es eine Entscheidung am Landgericht?

Die AfD geht davon aus, dass der Parteitag wie geplant stattfindet. Falls sie vor Gericht verlieren sollte, werde sie in jedem Fall die nächsthöhere Instanz anrufen, hieß es aus der Partei. Es gebe "keinen Plan B" für einen anderen Standort.

Über die Zivilklage beim Landgericht von Montag möchte die Kammer, wenn möglich, noch am Tag selbst entscheiden. Rechtskräftig wären die Entscheidung damit aber noch nicht. Es gilt eine 14-Tage-Frist für Berufung beziehungsweise Beschwerde zum Oberlandesgericht Hamm oder Oberverwaltungsgericht in Münster.

Auch AfD-Gegner machen sich für Parteitag bereit – Zehntausende Demonstranten erwartet

Ungeachtet des juristischen Tauziehens organisiert ein breites Bündnis von Stadt, Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmen und Initiativen den Protest gegen den AfD-Parteitag. Zehntausende Demonstranten werden erwartet. Es könnte die größte Kundgebung werden, die Essen seit vielen Jahren erlebt hat.

Die Hauptveranstaltung ist auf einem Messeparkplatz direkt an der Grugahalle geplant, wo die AfD ihren Parteitag abhalten will. Busse sollen Demonstranten aus ganz Deutschland nach Essen bringen. An der Ruhr soll es Zeltmöglichkeiten für bis zu 6.000 auswärtige Demo-Teilnehmer geben. Auch Musik- und Kleinkunstveranstaltungen sind im Rahmen der Anti-AfD-Proteste geplant.

Die Sicherheitskräfte sind während des gesamten Wochenendes im Großeinsatz. In der linken Szene gibt es Aufrufe zum "zivilen Ungehorsam". Unter anderem wollen Aktivisten mit Blockaden verhindern, dass die AfD-Delegierten überhaupt zum Parteitag in die Grugahalle kommen können. Die Polizei teilte mit, sie sei auch auf solche Formen des Protestes eingestellt.

Die Einsatzkräfte müssten gewährleisten, dass sowohl der Parteitag als auch die angemeldeten Gegenveranstaltungen stattfinden könnten, betonte ein Polizeisprecher. Personell ist das für die Polizei in NRW ein Kraftakt – zumal zeitgleich zum Parteitag Achtelfinal-Partien der Fußball-EM in Dortmund, Gelsenkirchen und Köln stattfinden. (dpa/tas)

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