• Der ukrainische Präsident Selenskyj verlangt von Berlin eine eindeutigere Haltung.
  • Kanzler reagiert verärgert auf Kritik.
  • Seit dem 3. Mai sind aus Deutschland nur noch Munition in der Ukraine angekommen.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von der Bundesregierung eine eindeutigere Haltung bei der Unterstützung seines Landes gefordert und vor einem "Spagat" zwischen Kiew und Moskau gewarnt. Im Interview mit dem ZDF-"heute journal", das im Präsidentenpalast in Kiew geführt wurde, warf Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag vor, noch immer zu viel Rücksicht auf Russland zu nehmen.

Auch wenn die Beziehungen zwischen der deutschen und ukrainischen Regierung "keineswegs schlecht“ seien, forderte Selenskyj von Scholz "die Sicherheit, dass Deutschland die Ukraine unterstützt". Scholz und seine Regierung müssten sich entscheiden: "Es darf kein Spagat versucht werden zwischen der Ukraine und den Beziehungen zu Russland", sagte Selenskyj.

Der Krieg könne nur von Russland beendet werden, sagte er weiter. Dazu müsse die Situation der Ukraine so gestärkt werden, dass die Verluste für das russische Volk spürbar seien. Derzeit seien keine Kompromisse möglich.

Deutschland habe später als andere Staaten begonnen, die Ukraine militärisch zu unterstützen, sagte Selenskyj. "Das ist eine Tatsache.". Die USA, die Slowakei, Polen, Großbritannien "waren die ersten, die geliefert haben, Bulgarien und Rumänien haben auch geholfen", ebenso die baltischen Staaten.

Deutschland und Frankreich hätten zwar politisch und rhetorisch die Ukraine unterstützt, "aber damals am Anfang des Krieges brauchten wir nicht die Politik, sondern die Hilfe", sagte Selenskyj. Inzwischen seien sie "Gott sei dank" dazugekommen. Über den Umfang der Waffenhilfe aus Deutschland wollte Selenskyj laut ZDF keine Aussage machen.

Der deutsche Bundeskanzler müsse eine Position einnehmen und nicht suchen, wo es am wenigsten weh tue in den Beziehungen zu Russland und der Ukraine, sagte Selenskyj dem ZDF. Dieser Ansatz sei falsch.

Auf die Frage, ob für einen Frieden Gebietsabtretungen der Ukraine für ihn denkbar seien, antwortete Selenskyj: "Wir sind auf dem eigenen Boden, das ist unser Volk, das ist unser Territorium und es tut sehr weh, Menschen zu verlieren, das ist so, aber wir werden alles verlieren, wenn wir Russland in diesem Krieg unterlegen sind." Die Ukraine sei nur dann bereit, Gespräche zu führen, wenn die andere Seite bereit sei, dem Krieg ein Ende zu bereiten.

Kanzler reagiert verärgert auf Kritik

Scholz wies den Vorwurf der Zögerlichkeit zurück. Er verwies auf die Ausbildung für die ukrainischen Streitkräfte, die für die teils sehr modernen und komplizierten Waffensysteme erforderlich sei. "Es geht um richtig schweres Gerät. Das muss man benutzen können, dafür muss man trainiert werden, das findet in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig statt", sagte Scholz. Alle versprochenen Waffen würden geliefert. Auf die Kritik am Tempo reagierte der Kanzler verärgert: "Ich glaube, dass es wirklich eine gute Sache wäre, wenn der eine oder andere noch mal kurz überlegt, bevor er seine Meinung zu dem einen oder anderen Thema äußert."

Zu den Berichten über die Kiew-Reise schwieg Scholz. "Ich glaube, der Regierungssprecher hat alles das, was wir jetzt zu diesen Themen sagen können, bereits gesagt", sagte er. Die Sprecher der Bundesregierung haben die Berichte weder bestätigt noch dementiert. Das gilt auch für die anderen beiden beteiligten Länder. Die italienische Zeitung "La Stampa" berichtete, die drei Staats- und Regierungschefs würden am Donnerstag in der ukrainischen Hauptstadt erwartet.

Kriegswaffen für 220 Millionen in gut drei Monaten

Selenskyj hat Scholz schon vor Wochen eingeladen. Der Kanzler hat stets betont, er werde nur nach Kiew reisen, wenn es konkrete Dinge zu besprechen gebe. Die Ukraine erwartet von Deutschland vor allem Unterstützung für eine EU-Beitrittskandidatur sowie weitere Waffenlieferungen.

In den ersten gut drei Kriegsmonaten hat die Bundesregierung Waffen und Rüstungsgüter für 350 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt. Seit Kriegsbeginn am 24. Februar bis zum 1. Juni gab sie grünes Licht für die Lieferung von Kriegswaffen wie Panzerfäusten und Flugabwehrraketen für 219,8 Millionen Euro und sonstige Rüstungsgüter wie Helme und Schutzwesten für 85,2 Millionen Euro. Hinzu kommen Waffen und Ausrüstung der Bundeswehr für 45,1 Millionen Euro, die ab dem 1. April in einem vereinfachten Verfahren genehmigt wurden. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Seit dem 3. Mai nur noch Munition in der Ukraine angekommen

Schwere Waffen aus Deutschland sind aber noch nicht in der Ukraine angekommen. Seit dem 3. Mai seien zwar sechs Millionen Schuss Munition angekommen, aber keine Waffen mehr, sagt Botschafter Melnyk. "Daher hoffen wir, dass die Ampel-Regierung endlich auf das Gaspedal drückt, um sowohl den Umfang als auch das Tempo massiv zu erhöhen, damit die Ukraine die russische Großoffensive im Donbass abwehren kann."

Die Ukrainer erwarteten, dass Scholz bei seinem Besuch in Kiew ein neues Hilfspaket verkündet, das unbedingt "sofort lieferbare Leopard-1-Kampfpanzer sowie Marder-Schützenpanzer beinhalten soll". Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall hat Marder- und Leopard-Panzer angeboten.

Bereits zugesagt hat die Bundesregierung sieben Panzerhaubitzen, vier Mehrfachraketenwerfer, etwa 50 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard und ein Raketenabwehrsystem vom Typ Iris-T. Die Ukraine erwartet, dass die ersten Panzerhaubitzen innerhalb der nächsten beiden Wochen eintreffen. Die Lieferung der ersten Gepard-Flugabwehrpanzer sei für Juli geplant, heißt es aus ukrainischen Regierungskreisen. Das Raketenabwehrsystem Iris-T wird frühestens im Oktober erwartet.

Waffenlieferungen aus den USA in Milliardenhöhe

Andere Länder sind bei den Waffenlieferungen bereits weiter:

- Die USA haben der Ukraine von Kriegsbeginn bis zum 1. Juni nach Regierungsangaben Waffen und Ausrüstung im Wert von 4,6 Milliarden Dollar (4,37 Milliarden Euro) zugesagt oder geliefert. Dazu gehören zahlreiche schwere Waffen, zum Beispiel Haubitzen und Mehrfachraketenwerfer.

- FRANKREICH hat der Ukraine nach Angaben des Verteidigungsministeriums bereits Waffen für über 100 Millionen Euro geliefert, darunter neben Panzerabwehrraketen des Typs Milan auch die Haubitze Caesar (rund ein Dutzend) und andere Waffen.

- Gemessen an ihrer Wirtschaftskraft haben die drei kleinen baltischen Staaten besonders viele Waffen geliefert. ESTLAND hat nach Regierungsangaben bisher Militärhilfe im Wert von mehr als 220 Millionen Euro für die Ukraine geleistet, die aus LETTLAND gelieferten Waffen und Ausrüstung sollen einen Wert von mehr als 200 Millionen Euro haben und das Verteidigungsministerium in LITAUEN beziffert die militärische Hilfe auf 115 Millionen Euro.

Selenskyj verspricht Rückeroberung der Krim

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Landsleuten eine Rückeroberung der von Russland annektierten Halbinsel Krim versprochen. "Die ukrainische Flagge wird wieder über Jalta und Sudak, über Dschankoj und Jewpatorija wehen", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Montag in Kiew. "Natürlich werden wir auch unsere Krim befreien."

Russland hatte die Halbinsel im Schwarzen Meer 2014 militärisch besetzt, als die Ukraine nach einem Machtwechsel geschwächt war und keinen Widerstand leisten konnte. Dann wurde ein international nicht anerkanntes Referendum abgehalten und die Krim Russland angegliedert. Selenskyj hat immer eine Rückkehr der Halbinsel verfochten, dies aber selten so nachdrücklich als Kriegsziel formuliert.

Der Präsident rief die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine auf, den Kontakt in die russisch besetzten Landesteile, nach Donezk oder ins Gebiet Charkiw zu halten. Auch diese Gebiete würden wieder befreit, kündigte er an. "Sagen Sie ihnen, dass die ukrainische Armee auf jeden Fall kommen wird!" Im Osten im Donbass sei die Armee unter Druck. Sie brauche von ihren ausländischen Partnern dringend moderne Artillerie, um sich durchsetzen zu können, sagte Selenskyj. (mss/dpa)

Putin todkrank? Kreml-Chef soll angeblich nur noch wenige Jahre zu leben haben

Gerüchte über eine schwere Erkrankung Wladimir Putins gibt es schon länger. Nun berichtet die britische Boulevardzeitung "Mirror", der russische Präsident habe nur noch wenige Jahre zu leben. Dabei stützt sich das Blatt auf Quellen des russischen Geheimdienstes. (Bildcredit: IMAGO/SNA/Mikhail Metzel) © ProSiebenSat.1
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