Wer eine Wohnung mieten, ein Auto kaufen oder einen Handyvertrag abschließen will, kommt an seiner Schufa-Bewertung kaum vorbei. An deren Berechnung gibt es nicht zum ersten Mal Kritik.

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Kredit-Auskunfteien wie die Schufa sollen nach Ansicht von Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) für mehr Transparenz gegenüber Verbrauchern sorgen. "Jeder Bürger muss das Recht haben zu erfahren, welche wesentlichen Merkmale in die Berechnung der eigenen Bonität eingeflossen sind und wie diese gewichtet werden", erklärte sie am Donnerstag in Berlin. Die Auskunfteien stünden dabei in der Pflicht.

Die Schufa ("Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung") nutzt beim sogenannten Scoring Informationen etwa zu Bankkonten, Krediten und Bürgschaften, um die Bonität von Menschen zu bewerten. Firmen und Banken fragen diesen Score vor Abschluss neuer Verträge ab, auch Vermieter fordern ihn oft von neuen Mietern.

Eigenen Angaben zufolge hat die Schufa Daten über 67,5 Millionen Menschen. Andere Auskunfteien wie Creditreform Boniversum, Crif Bürgel und Arvato Infoscore arbeiten nach ähnlichem Prinzip.

Die Bewertung durch Kredit-Auskunfteien gerät immer wieder in die Kritik, weil die Berechnung der Scores für die Betroffenen nicht nachvollziehbar ist. Am Mittwoch hatten der Bayerische Rundfunk (BR) und Journalisten des "Spiegel" eine Auswertung von rund 2800 Schufa-Auskünften veröffentlicht.

Wenige Informationen

Demnach bewertete die Auskunftei auch Personen schlecht, zu denen nur wenige und neutrale Informationen vorlagen, zum Beispiel, dass der Bewertete ein Girokonto und einen Handyvertrag habe. Außerdem spielten offenbar Alter und Geschlecht bei der Bewertung eine Rolle. Der Datensatz war nicht repräsentativ ausgewählt, sondern stammte von freiwilligen Teilnehmern eines Transparenz-Projekts.

Die privatwirtschaftliche Schufa sprach in einer Stellungnahme am Donnerstag von einer "unsachlichen und falschen Berichterstattung". Nach Darstellung der Auskunftei könnte eine Offenlegung der Scoring-Kriterien die Zuverlässigkeit der Prüfung gefährden und eine "Bedienungsanleitung für Manipulation durch Zahlungsunwillige" liefern. Sie habe ihr Verfahren bereits im Jahr 2010 allen Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes offengelegt.

Auch aus wenigen Daten ließen sich Rückschlüsse auf Bonität ziehen, erklärten die Prüfer. "Auch das Nicht-Vorhandensein einer Information ist eine wichtige Information, die impliziert, dass der Verbraucher über keine Kreditkarte verfügt, keine laufenden oder zurückbezahlten Kredite hat, keine Zahlungsstörungen vorliegen", hieß es. Dadurch sei etwa "die Zuordnung zu einer entsprechenden Risikogruppe möglich".

Diskriminierungsverbote beachten

Laut Barley erwägt das Ministerium eine Regulierung von Scoring-Unternehmen, bei der auch die Art der Kriterien unter die Lupe kommen soll. "Im Rahmen einer möglichen Regulierung von Scoring-Unternehmen werden wir prüfen, inwieweit diese verpflichtet werden können, bei der Berechnung ihrer Scores Diskriminierungsverbote zu beachten", teilte die Ministerin mit.

Das entspricht der Empfehlung des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen. Bei dem im Oktober veröffentlichten Gutachten im Auftrag des Ministeriums kam der Rat zu dem Ergebnis, dass die Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien zwar gewahrt werden müssten. Allerdings sollten die verwendeten Kriterien zumindest für Verbraucherschutzorganisationen nachvollziehbar sein. Ein Teil der Sachverständigen forderte darüber hinaus, Verbrauchern alle relevanten Merkmale und ihre Gewichtung offenzulegen.

Die Gutachter sprachen sich auch für eine stärkere behördliche Kontrolle aus. Die Auskunfteien sollten verpflichtet werden, gegenüber Behörden im Detail darzulegen, wie gut das Verfahren sei, erklärten die Experten. "Dadurch können auch Diskriminierung erkennbar und fragwürdige Score-Qualitäten sichtbar gemacht werden."

Kritik auch von den Grünen

Auch die Grünen im Bundestag kritisierten die Auskunfteien. Vom Schufa-Score hänge oft das wirtschaftliche Schicksal der Betroffenen ab, teilten Fraktions-Vize Konstantin von Notz und Verbraucherpolitik-Expertin Tabea Rößner mit. "Grobe Verallgemeinerungen bei der Erstellung des Scores führen zu willkürlicher Diskriminierung und betreffen ganze Bevölkerungsgruppen. Nicht zuletzt deshalb muss hier umgehend gehandelt und allen Vorwürfen, auch im Bundestag, vollständig nachgegangen werden."

Nach den Worten von FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae haben die Menschen inzwischen mehr Angst vor einem negativen Scoring als vor dem Gerichtsvollzieher. "Die Etablierung eines unternehmerischen Verhaltenskodex als Instrument der Selbstregulierung könnte vertrauensstiftend sein." Ebenso könne über eine Begründungspflicht algorithmenbasierter Entscheidungen oder über institutionelle oder unabhängige Kontrollmöglichkeiten durch Datenschutzbeauftragte oder Wirtschaftsprüfer nachgedacht werden.

(dpa/af)

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