Der RBB hatte über Belästigungsvorwürfe gegenüber Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar berichtet. Doch nach einer Wende im Fall steht die Berichterstattung des Senders in der Kritik. Der räumt nun ein, journalistische Standards nicht eingehalten zu haben.
Der ARD-Sender RBB räumt einen Fehler in der Recherche zu Belästigungsvorwürfen gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ein. Der Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), David Biesinger, teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit: "Uns ist als RBB in der Recherche ein Fehler unterlaufen. Journalistische Standards sind nicht vollumfänglich eingehalten worden."
Der RBB-Chefredakteur ergänzte zu den inzwischen aufgekommenen Zweifeln an der Identität einer Person, die hinter der eidesstattlichen Versicherung liegende Identität sei von der Redaktion nicht ausreichend überprüft worden. Details wurden nicht genannt.
RBB spricht von Täuschung und stellt Strafanzeige
Biesinger sprach auch von einer betrügerischen Absicht und einer kriminellen Energie, mit der dem RBB unter großem Aufwand eine falsche Identität vorgespielt worden sei. Laut RBB wurde gegen die Person Strafanzeige gestellt, die die falschen Erklärungen abgegeben haben soll.
Der RBB betonte weiter in dem Statement: "Einige der Fragen, die nun im Raum stehen, stellen sich auch für den RBB selbst. Der Fall ist noch nicht abgeschlossen." Der ARD-Sender versicherte außerdem: "Derzeit analysiert der RBB den Ablauf detailliert und wird notwendige Ableitungen der Nichteinhaltung journalistischer Standards für die Zukunft daraus ziehen."
Sender zieht Berichterstattung teilweise zurück
Am Freitagabend hatte der ARD-Sender bekanntgemacht, dass er einen Teil seiner Berichterstattung zurückzieht. Es kamen demnach Zweifel an der Identität einer der Frauen auf, die per eidesstattlicher Versicherung dem Sender Angaben gemacht haben sollen. Der "Tagesspiegel" hatte bereits Tage zuvor über Zweifel berichtet.
Bei dem Fall geht es um den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar. Er ist seit 2017 Mitglied des Bundestags und hatte bei der Wahl 2021 das Direktmandat gewonnen. Seine Kandidatur für einen Platz auf der Landesliste der Berliner Grünen für die Bundestagswahl im Februar hatte er Mitte Dezember kurzfristig zurückgezogen und das mit Vorwürfen gegen ihn begründet, ohne dabei konkreter zu werden.
Er hatte die Vorwürfe bestritten: "Die Vorwürfe sind gelogen", hatte er erklärt. Bei dem Vorgang müsse es sich "um eine in Teilen geplante Aktion" handeln mit dem Ziel, ihn massiv zu diskreditieren. Inzwischen steht die Frage im Raum, ob es eine Intrige innerhalb der Grünen geben könnte. (dpa/bearbeitet von thp)
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