• Einer der Top-Trends in der Ernährungsbranche ist aktuell die sogenannte personalisierte Ernährung.
  • Doch was steckt dahinter?
  • Wo es hilfreich sein kann, Genetik und den individuellen Gesundheitszustand einzubeziehen und wo Gefahren lauern, erklärt eine Ernährungsexpertin.

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Nachhaltigkeit, Klimafreundlichkeit und pflanzenbasierte Ernährung gehören aktuell zu den wichtigsten Trends der Ernährung, melden Vertreter aus der Branche. Aber auch individuelle Ernährungsempfehlungen werden immer stärker nachgefragt. Die sogenannte personalisierte Ernährung könnte zum großen Thema der nächsten Jahre werden.

Mit personalisierten Ernährungsempfehlungen, angepasst auf den jeweiligen Stoffwechsel, soll der Gesundheitszustand verbessert und Krankheiten vorgebeugt werden. Aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchungen dazu fehlen aber noch.

Ernährung: Das sind die Trends 2022

Die Regionalität von Lebensmitteln, Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit von Zutaten und Kochtechniken sowie eine gestiegene Nachfrage nach vegetarischen und veganen Rezepten sind momentan die großen Ernährungsthemen. Zu dem Ergebnis kommt der Trendreport Ernährung 2022, der in Zusammenarbeit des Bundeszentrums für Ernährung und der Ernährungsplattform Nutrition Hub entstanden ist.

Die Befragung von 107 Expertinnen und Experten aus Bereichen des Ernährungssektors bestätigt, dass immer mehr Menschen bewusst darauf achten, was sie essen: Einerseits im Hinblick auf die eigene Gesundheit, andererseits spielen aber auch die Auswirkungen auf die Umwelt eine immer größere Rolle. Zudem werden digitale Angebote im Bereich Ernährungsberatung und -therapie immer stärker nachgefragt und genutzt.

Ein Trend, den die Fachleute als eine der wichtigsten Entwicklungen der nächsten Jahre nennen, ist die sogenannte personalisierte Ernährung. Die Nachfrage und das Interesse daran, wie der persönliche Gesundheitsstatus durch personalisierte Ernährungsempfehlungen optimiert werden könnte und welche Lebensmittel und Zubereitungsmethoden für den Einzelnen wirklich die richtigen sind, ist deutlich gestiegen. Doch was genau steckt dahinter?

Trend personalisierte Ernährung: Was genau ist das?

Der Begriff personalisierte Ernährung bezeichnet eine maßgeschneiderte Ernährungsform, individuell angepasst an die Bedürfnisse des eigenen Körpers. Denn Menschen und ihre Stoffwechsel sind verschieden: Gleiche Nährstoffe werden unterschiedlich verarbeitet, immer mehr Menschen haben Lebensmittelunverträglichkeiten, nicht jeder verträgt die gleichen Dinge.

Allgemeine Ernährungsrichtlinien, wie sie beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) veröffentlicht hat, geraten deshalb immer mehr ins Wanken. Der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse, eine reduzierte Aufnahme tierischer Lebensmittel sowie der Vorzug von Vollkornprodukten sind zwar Grundbausteine einer gesunden Ernährung, können aber möglicherweise nicht für jeden das Ideale sein. Hier braucht es individuelle Empfehlungen.

"Eine personalisierte Ernährung geht über die allgemeinen Ernährungsempfehlungen hinaus, indem der persönliche Gesundheitsstatus durch individualisierte, also auf den jeweiligen Menschen zugeschnittene, Empfehlungen optimiert wird", erklärt Margareta Büning-Fesel, promovierte Diplom-Ökotrophologin und Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung, im Gespräch mit unserer Redaktion. "Dabei werden gezielt Alleinstellungsmerkmale des einzelnen Menschen berücksichtigt, um das Wohlbefinden zu verbessern."

"Neben Geschlecht, Alter und persönlichen Lebensumständen können dies auch klinische Parameter wie Cholesterinspiegel, Blutdruck oder Knochendichte sein, gefolgt von Erkenntnissen zur persönlichen Genetik oder zur Zusammensetzung der Darmflora, dem sogenannten Mikrobiom", erklärt sie weiter.

Wie funktioniert die personalisierte Ernährung?

Anhand von Analysen des Stoffwechsels, des Gesundheitszustandes oder des allgemeinen Lebensstils werden also individualisierte Ernährungskonzepte erstellt. Das kann von Eigenkontrolle der eigenen Nahrungsaufnahme und deren Wirkung auf den Körper anhand von Notizen oder Tracking-Apps bis hin zu komplexen, genetischen Analysen und daraus resultierenden Empfehlungen für den Verzehr bestimmter Lebensmittel reichen. Digitale Hilfsmittel wie Apps können dann bei der Umsetzung im Alltag mittels konkreter Rezept- oder Produktempfehlungen zur Seite stehen.

Die personalisierte Ernährung kann Menschen beim Einkauf, der Zubereitung und dem Verzehr von Lebensmitteln unterstützen und ist daneben auch bei der Beratung von großer Bedeutung. Durch ein Zusammenspiel von Lebensmittelbranche, Gesundheitsforschung, künstlicher Intelligenz und digitalen Gesundheitsdaten, die beispielsweise über Smartphones und Smartwatches gesammelt werden können, bieten sich vielversprechende und spannende Möglichkeiten in der Erstellung individueller Ernährungsempfehlungen.

Fehlende wissenschaftliche Studien

Da auf diesem Gebiet aber aktuell noch fundierte wissenschaftliche Studien und Belege fehlen und auch die technischen Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft werden können, mahnen Expertinnen und Experten auch zur Vorsicht. Gerade DNA-Tests hinsichtlich der Ernährung gelten als umstritten.

"Es gibt Anbieter, die anhand einer Speichelprobe eine Genanalyse erstellen und persönliche Empfehlungen entwickeln. Das wird im Spitzensport angewendet oder zur Gewichtsreduktion. Die Zusammenhänge sind aber wissenschaftlich nicht belegt," erklärt Margareta Büning-Fesel.

Es muss aber nicht unbedingt eine Genanalyse erfolgen, um in die personalisierte Ernährung einzusteigen. Auch anhand von im Körper verankerten Messgeräten lassen sich beispielsweise der Blutzucker und die Stoffwechsel-Vorgänge im Darm kontrollieren und die Ernährung darauf anpassen.

"Auch eine individuell auf eine einzelne Person ausgerichtete Ernährungsberatung von einer qualifizierten Fachkraft auf der Basis einer fundierten Ernährungs-Anamnese inklusive persönlicher Körperdaten und anhand von Ernährungsprotokollen ist angewendete personalisierte Ernährung", sagt die Ernährungsexpertin.

Welche Erfolge kann man mit dem Ernährungstrend erzielen?

Das Ziel einer personalisierten Ernährung ist es, anhand von individuellen Empfehlungen zur Ernährung den Gesundheitszustand einer Person zu verbessern und so gleichzeitig das individuelle Krankheitsrisiko zu minimieren.

Die Ernährungswissenschaftlerin erklärt: "Die allgemeinen Ernährungsempfehlungen der DGE dienen sicherlich dem Durchschnittswohl der Bevölkerung, aber je nach individueller Situation haben personalisierte Ernährungsempfehlungen auch Vorteile. Ich bin überzeugt davon, dass Menschen grundsätzlich davon profitieren, da der Energie- und Nährstoffbedarf eines Menschen sehr individuell ist und auch von Dingen wie Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Klima oder körperlicher Aktivität abhängt. Und es ist unumstritten, dass unausgewogene Ernährungsmuster zu erheblichen gesundheitlichen Problemen und einer enormen Belastung des Gesundheitssystems führen."

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Diese Gefahren stecken in der personalisierten Ernährung

Weisheiten und Geheimrezepte hinsichtlich einer gesunden Ernährung gibt es viele. Verbraucherinnen und Verbrauchern fällt es deshalb oft nicht leicht einzuschätzen, woran sie sich orientieren können und was für sie das Richtige ist. "Schon jetzt sind Menschen Risiken durch unqualifizierte Anbieterinnen und Anbieter ausgesetzt, da Ernährungsberatung und -therapie als Begriffe gesetzlich nicht geschützt sind. Dies wird auch durch die wissenschaftlich nicht abgesicherten Heilsversprechen mancher Konzepte einer personalisierten Ernährung nicht besser und kann durchaus Gefahren mit sich bringen", sagt Büning-Fesel.

Außerdem warnt die Expertin: "Folgen Menschen vermeintlich personalisierten Empfehlungen, die eine sehr eingeschränkte und damit eher ungünstige Lebensmittelauswahl empfehlen, kann das auch zu gesundheitlichen Risiken führen."

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Wichtig ist deshalb, wieder mehr auf den eigenen Körper zu hören und ein eigenes Gefühl für seine Bedürfnisse zu entwickeln. Man sollte beobachten, wie man sich nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel fühlt, eigene Ess-Gewohnheiten hinterfragen, wieder echten Hunger spüren und nicht nur aus Langweile essen.

Wer sich zu personalisierter Ernährung beraten lassen möchte, sollte dies bei einer qualifizierten Fachkraft machen. Kontaktdaten zu Beraterinnen und Beraterin in Ihrer Nähe finden Sie unter: VDOE oder VDD.

Über die Expertin: Dr. Margareta Büning-Fesel ist Diplom-Ökotrophologin und leitet das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE). Sie ist Expertin auf dem Gebiet der gesundheitsfördernden Ernährung.

Verwendete Quellen:

  • Duale Hochschule Baden-Württemberg, Heilbronn: Kongress "Personalisierte Ernährung": Die optimale Ernährung jedes Einzelnen und was die Digitalisierung dazu beitragen kann
  • Duale Hochschule Baden-Württemberg, Heilbronn: Whitepaper #5, Personalisierte Ernährung
  • Nutrition Hub: Essen mit Verantwortung und Leidenschaft: Die 10 TOP Ernährungstrends 2022
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE
  • Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft: Die Zukunft der Ernährung liegt in der Personalisierung
  • IKK Classic: Personalisierte Ernährung: Was steckt hinter dem Trend?
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