Rund 1,7 Millionen Alleinerziehende gibt es in Deutschland – überwiegend Frauen. Wo gibt es Unterstützung und was steht alleinerziehenden berufstätigen Eltern zu?

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Maria (Name von der Redaktion geändert) ist 38 Jahre alt. Seit der Trennung von ihrem Partner leben die gemeinsamen Kinder im Alter von 5 und 8 Jahren bei ihr. Ihren Vater sehen sie selten, er ist beruflich viel unterwegs.

Streit um die Unterhaltszahlungen hat es nach der Trennung nie gegeben, dafür zahlreiche andere Herausforderungen, die die berufstätige Mutter bewältigen muss. Haushalt, die Kinder morgens versorgen und zur Kita und Grundschule bringen, nachmittags bei den Hausaufgaben helfen und vor Klassenarbeiten gemeinsam lernen, die gemeinsame Freizeit gestalten und mit den Kindern über ihre Sorgen und Wünsche sprechen.

Marias Tagesablauf ist streng durchgetaktet. Sie ist ein Organisationstalent – geworden. Anders könnte sie das tägliche Pensum nicht bewältigen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie wegen des Studiums vor einigen Jahren nach Berlin gezogen ist. Bedeutet: Sie hat vor Ort kein familiäres Netz, das sie entlasten kann, wenn sie sich eine kurze Auszeit wünscht oder einen Termin hat. Wenn es geht, springen Freunde ein, doch auch die sind viel beschäftigt. Zeit für sich hat Maria meist nur auf dem Weg zur Arbeit oder wenn die Kinder eigene Pläne haben. Wird ein Kind krank, gerät der durchgeplante Tagesablauf ins Wanken – oder alle stecken sich an. Funktionieren muss sie trotzdem – auch mit Fieber.

Tabuthema Eltern am Limit

In solchen Momenten denkt sie sich, dass sie sich das alles anderes vorgestellt hat, diesen Traum von einer Familie. Schüchtern, fast so, als wäre sie von sich selbst erstaunt, schaut sie auf den Boden und sagt leise, sie sei manchmal so dermaßen genervt, dass sie sich kurz ihr altes Leben zurückwünsche. Ausschlafen, spontan verreisen, mal nachts ausgehen und den Kater am nächsten Tag mit Pizza auf dem Sofa auskurieren.

Ruhe, ein seltener Luxus für die alleinerziehende Mutter, die 30 Stunden pro Woche arbeiten geht. Die wünscht sie sich auch oft, wenn die Kinder streiten oder sie stundenlang mit Fragen löchern. Das auszusprechen: ein Tabuthema. Maria schämt sich. Auch, weil es im Freundeskreis Alleinerziehende gibt, bei denen es neben Zeit- und Energiemangel zusätzlich finanzielle Sorgen den Alltag prägen: Weil es Streit um den Unterhalt gibt oder die Miete erhöht wurde und sie nicht wissen, woher sie das Geld nehmen sollen. Weil die Lebenshaltungskosten insgesamt so gestiegen sind.

Alleine mit ihren größeren und kleineren Sorgen ist Maria jedenfalls nicht. Die Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland ist in den letzten Jahren laut zuständigem Bundesministerium deutlich gestiegen. Von den mehr als acht Millionen Familien mit minderjährigen Kindern sind 18 Prozent der Eltern alleinerziehend – überwiegend Frauen. In neun von zehn Fällen leben Kinder alleine mit ihrer Mutter. Waren es im Jahr 1996 noch etwa 1,3 Millionen, lag die Zahl der Alleinerziehenden 2023 bei 1,7 Millionen.

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Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung sind 41 Prozent dieser Ein-Eltern-Familien einkommensarm. Und das, obwohl 71 Prozent der alleinerziehenden Mütter und 87 Prozent der alleinerziehenden Väter einer Arbeit nachgingen. Zum Vergleich: Bei den Paar-Familien galten zwischen 8 Prozent (bei einem Kind) und 30 Prozent (bei drei oder mehr minderjährigen Kindern) als armutsgefährdet.

Berufstätige Solo-Eltern müssen sich täglich Herausforderungen stellen, wie Marias Beispiel zeigt. Für Freiberufler oder Selbstständige können diese noch einmal herausfordernder sein, da sie oft privat versichert sind und Leistungen nicht übernommen werden – je nach nach Vertrag.

Doch welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Alleinerziehende? Und welche Rechte haben sie?

Kinderbetreuung

Eltern haben ab dem ersten Lebensjahr des Kindes einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kita. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Eltern von Kindern unter einem Jahr auch Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder einer Kindertagespflege: Etwa, wenn die erziehungsberechtigte Person erwerbstätig ist oder eine Schul- oder Hochschulausbildung macht.

Wer keinen Kitaplatz findet, kann einen Platz beim Jugendamt beantragen. Kann auch das Jugendamt keinen freien Platz vermitteln, darf eine private Betreuung in Anspruch genommen werden. Ist durch die fehlende Betreuungsmöglichkeit ein finanzieller Schaden entstanden, können Eltern unter bestimmten Voraussetzungen Schadenersatzansprüche fordern und zur Not klagen.

Ab 2026 soll das Ganztagsförderungsgesetz stufenweise eingeführt werden. Zunächst ist vorgesehen, dass Kinder in der ersten Klasse Anspruch auf eine ganztägige Betreuung haben. Bis 2029 soll jedes Jahr eine weitere Klassenstufe bis zur vierten Klasse dazukommen.

Kinderkrankengeld

Alleinerziehende, die gesetzlich versichert sind, können 2024 und 2025 für jedes ebenfalls gesetzlich versicherte Kind unter 12 Jahren 30 Tage Kinderkrankengeld beantragen, bei mehreren Kindern maximal 70 Arbeitstage. Für Kinder mit Behinderung gilt die Altersbeschränkung nicht. Das Kinderkrankengeld beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts und wird bei der Krankenkasse beantragt. Auch wer im Homeoffice arbeitet und entsprechenden Kinderbetreuungsbedarf hat, kann Kinderkrankengeld beantragen. Gesetzlich versicherte Selbständige haben Anspruch auf 70 Prozent des Arbeitseinkommens, für das die Beiträge zuletzt gezahlt wurden.

Der Entlastungsbetrag

Alleinerziehende haben eine höhere finanzielle Belastung durch die Haushaltsführung. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist ein zusätzlicher Steuerfreibetrag in Höhe von 4260 Euro pro Jahr. Ab dem zweiten Kind steigt der Entlastungsbetrag um 240 Euro pro Kind. Die Leistung wird über die Einkommenssteuer beim Finanzamt beantragt.

Steuerklasse

Die günstige Steuerklasse II gilt für Alleinerziehende in einem Angestelltenverhältnis, wenn sie Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben.

Kinderzuschlag

Der Kinderzuschlag ist eine zusätzliche Leistung zum Kindergeld. Er steht Alleinerziehenden zu, die mindestens 600 Euro brutto verdienen. Er wird für jedes unverheiratete Kind im Haushalt bis 25 Jahre gezahlt, wenn es Anspruch auf Kindergeld hat. Der Kinderzuschlag beträgt je nach Einkommen maximal 292 Euro pro Kind im Monat. Beantragt wird die Leistung bei der zuständigen Familienkasse.

Unterhaltsvorschuss

Der Unterhaltsvorschuss ist eine Leistung für Alleinerziehende, die vom anderen Elternteil keinen, nur unregelmäßig oder verspätet gezahlten Unterhalt bekommen. Die Höhe der Zahlung ist unabhängig vom Einkommen des alleinerziehenden Elternteils und wird bei entsprechendem Bedarf für Kinder bis zum 12. Lebensjahr gezahlt. Für Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr kann der Unterhaltsvorschuss gezahlt werden, wenn das Kind nicht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht oder das alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug mindestens einen Zuverdienst von 600 Euro brutto hat. Der Unterhaltsvorschuss hängt vom Alter des Kindes ab und liegt zwischen 230 Euro bis 395 Euro. Der Zuschuss wird bei der Familienkasse beantragt.

Kur-Aufenthalt

Mutter-Kind-Kuren und Vater-Kind-Kuren sind Pflicht­leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kuren dauern drei Wochen. Um eine Bewilligung zu bekommen, müssen bestimmte medizi­nische Voraus­setzungen erfüllt werden: Körperliche oder psychische Beschwerden müssen im Zusammenhang mit der familiären Situation stehen. Dazu zählen beispielsweise ein chronischer Erschöpfungszustand aufgrund der Dauerbelastung durch Haushalt, Beruf und Kindererziehung oder Migräne und Rückenschmerzen. Eine Kur muss schriftlich bei der Krankenkasse beantragt werden. Privatversicherte Eltern können eine Kur nur in Anspruch nehmen, wenn der Versicherungsvertrag einen Kuraufenthalt umfasst.

Elterngeld und Partnerschaftsbonus

Alleinerziehende können nach der Geburt des Kindes das Basiselterngeld als Ausgleich für das weggefallene Einkommen erhalten. Sie haben das Recht auf volle 14 Monate Elterngeld. Eltern von Frühchen, die sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt kamen, kann das Basiselterngeld bis zu vier Monate länger ausgezahlt werden.

Wer frühzeitig wieder in Teilzeit arbeiten möchte, kann ElterngeldPlus beantragen, das doppelt so lange ausgezahlt wird wie das Basiselterngeld. Nach Ablauf dieser Zeit kann der sogenannte Partnerschaftsbonus beantragt werden – maximal vier weitere Monate ElterngeldPlus.

Der Name ist irreführend: Auch Alleinerziehenden steht er in voller Höhe zu. Voraussetzung ist, dass sie in Teilzeit zwischen 24 und 32 Stunden pro Woche arbeiten. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) informiert online ausführlich über Elterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus.

Verwendete Quellen

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