Ökostrom – das ist elektrische Energie aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser. An menschlichen Lebensspannen gemessen, handelt es sich um schier unerschöpfliche Energiequellen.
Und was spricht sonst noch für die grüne Energie? Sie ist sauber und umweltfreundlich. Sie schont das Klima und trägt nicht zur Erderwärmung bei. Außerdem macht sie Deutschland unabhängig von konventionellen sowie von ausländischen Energie-Lieferanten. Bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien tritt auch kein großer Kohlendioxid-Ausstoß wie beispielsweise bei Kohlekraftwerken auf.
Zudem senkt der grüne Strom den Strompreis an der Börse seit langem auf ein Rekordtief. Allerdings merkt der Verbraucher davon noch nichts auf der Stromrechnung. Das liegt aber nicht am Ökostrom, sondern an der sogenannten EEG-Umlage – einem wichtigen Detail des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – und an den Netzbetreibern, die den Preisvorteil nicht an die Kunden weitergeben. Und so sind nicht alle Vorzüge des Ökostroms dem Endverbraucher sofort ersichtlich.
Doch leider gibt es viele Anbieter, die trotz Ökostrom-Siegels nur zu geringen Anteil tatsächlich echten Ökostrom anbieten oder erzeugen. Worauf Sie beim Kauf von grüner Energie achten sollten und bei welchen Werbetricks und Marketingversprechen Sie skeptisch werden sollten, lesen Sie im Folgenden.
Ökostrom in Deutschland
Die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 führte in Deutschland zu einer politischen Neubeurteilung der Kernkraft als Energiequelle. Durch die vorherrschende Stimmung in der Bevölkerung sahen sich das Kabinett Merkel und die schwarz-gelbe Koalition schließlich veranlasst, den stufenweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022 voranzutreiben.
Mit großer Mehrheit änderte der Bundestag am 30. 06. 2011 das Atomgesetz – eine politische Kehrtwende, nachdem erst wenige Monate zuvor eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atommeiler beschlossen worden war. Mit Beginn der Energiewende wurde diese Laufzeitverlängerung zurückgenommen. Im Anschluss daran boomte der Anlagenbau zur Gewinnung des grünen Stroms.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reguliert in Deutschland den Ausbau und die Förderung von Ökostrom. Bereits im März 2000, unter Rot-Grün in der Amtszeit des Kabinetts Schröder, trat das EEG in seiner ursprünglichen Fassung in Kraft. Heute gibt es eine Vielzahl von Angeboten diverser Ökostromanbieter, sowie zahlreiche Projekte dezentraler Energieerzeugung und Selbstversorger.
Solarzellen auf unzähligen Dächern bereichern mit ihrem Photovoltaik-Strom den deutschen Energiemix ebenso wie der Strom aus Windkraft, der von Windrädern an Land und auf See erzeugt wird. Neben Wind und Sonne sorgen außerdem noch Geothermie (Erdwärme), Biomasse und Wasserkraft für Energie.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist mittlerweile ein eigener Wirtschaftszweig. Und die Effizienz der Anlagen steigt: Heute gibt es Solarzellen, die auch bei diffusem Sonnenlicht Strom erzeugen können, und neue, effizientere Windrad-Generationen.
Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien bieten also viele Chancen und – insbesondere angesichts der Endlichkeit fossiler Brennstoffe und der Risiken der Atomenergie – nicht zuletzt auch einen erheblichen Exportwert.
Engpass bei der Netzdurchleitung: Konventioneller Strom bremst Ökostrom aus
Insbesondere unter Umweltaspekten und nicht erst seit Fukushima steht die Stromerzeugung durch konventionelle Energieträger und die Abhängigkeit von endlichen fossilen Brennstoffen wie Erdgas oder Kohle und ihren Lieferanten stark in der Kritik. In Deutschland existiert die Regelung, dass Ökostrom bei der Einspeisung und Durchleitung durch das Stromnetz Vorrang hat – doch tatsächlich bremsen Kohle- und Atomstrom den Ökostrom häufig aus, denn Kernkraftwerke sind aus technischen Gründen nicht flexibel hinzu und abschaltbar.
Anstatt lediglich Engpässe auszugleichen, drosseln Kohle- und Atomkraftwerke ihre Leistung kaum, selbst wenn viel Energie aus Sonne oder Wind bereitsteht. Um Überlastungen des Stromnetzes zu vermeiden, wird grüner Strom dann in nur geringerem Maße eingespeist. Windkraftwerke beispielsweise werden mitunter einfach abgeschaltet.
Ein weiterer Aspekt: Durch einen steigenden Anteil dezentraler Energieerzeugung werden große Energienetze und Stromtrassen in geringerem Maße erforderlich als ursprünglich geplant und als man es traditionell von der zentralen Energieerzeugung gewöhnt ist. Das steht naturgemäß den Gewinn-Interessen der großen Netzbetreiber und der großen, zentral anbietenden Stromkonzerne entgegen.
Vorsicht bei Ökostrom-Siegeln
Wie so oft ist auch beim Ökostrom nicht immer drin, was drauf steht – denn bis heute gibt es keine geschützte Produktbezeichnung. Dafür existiert aber eine Reihe von Gütesiegeln mit sehr unterschiedlichen, teils intransparenten Vergabekriterien und deshalb fragwürdigem Nutzen für den Verbraucher.
Grundsätzlich darf also auch mit "Klimastrom" oder "100 Prozent erneuerbar" geworben werden, wenn der Anbieter weder Ökostrom erzeugt noch einen Gewinnanteil in den Ausbau neuer Anlagen zur grünen Energieerzeugung investiert. Prüfen Sie bei der Anbieterwahl daher ganz genau, aus welchen Quellen der Lieferant seinen Strom bezieht.
Auch der Handel mit sogenannten RECS-Zertifikaten (Renewable Energy Certificate System) verschleiert häufig die wahre Herkunft des gekauften Stroms. Dieses System funktioniert wie folgt: Stellt beispielsweise ein norwegisches Wasserkraftwerk eine gewisse Menge Ökostrom her, kann es dafür eine entsprechende Anzahl Zertifikate an andere Markteilnehmer verkaufen – beispielweise an einen deutschen Atomstrom-Anbieter.
Dieser darf daraufhin eine von den erworbenen Zertifikaten gedeckte Menge des eigenen Atomstroms als Ökostrom deklariert verkaufen, während der Betreiber des Wasserkraftwerks dieselbe Menge echten Ökostroms, für den er die Zertifikate veräußert, nur noch als konventionellen Strom deklarieren und verkaufen kann.
Mithilfe solcher Öko-Zertifikate könnten also auch solche Stromkonzerne, die nur in äußerst geringem Umfang selbst grüne Energie erzeugen und stattdessen hauptsächlich Strom aus Atom- oder beispielsweise aus Braunkohlekraftwerken generieren, ihre Energie als grünen Strom vermarkten.
Zu den aussagekräftigen Gütesiegeln, die eine echte Orientierungshilfe bieten, gehören die Ökostrom-Nachweise ok-power, EcoTopTen, Grüner Strom Label, TÜV Nord, TÜV Süd und OmniCert. Sie geben Aufschluss darüber, wieviel Prozent des Anbieter-Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird.
Bei ok-power und Grüner Strom muss dieser Anteil 100 Prozent betragen. Es gibt einige bundesweit tätige Versorger, die ausschließlich Ökostrom anbieten und die jeweils über mindestens einen der oben aufgeführten, etablierten Nachweise verfügen. Auf diese Weise erhält der Stromkunde zumindest eine Orientierung, was wirklich drin ist. © 1&1 Mail & Media
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