Für die meisten Influencer ist es selbstverständlich, ihre Reichweite für Werbung zu nutzen. Schwierig nur dabei: User können das oft nicht gleich erkennen. Vor allem im Bereich Gesundheit können Versprechen von Influencern problematisch sein.

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"Leute, das müsst ihr unbedingt probieren", "Ich schwöre auf dieses Produkt" oder "Das lege ich euch wirklich ans Herz": Mit Sprüchen wie diesen werben Influencer für Produkte. Das Ziel: Followern einen Artikel schmackhaft machen und eventuell weitere Werbedeals an Land zu ziehen.

Für die Community kann es allerdings schwierig sein, diese vermeintlichen Empfehlungen als Werbung zu erkennen. Zwar müssen Influencer Werbung entsprechend kennzeichnen, allerdings ist das für viele nicht leicht zu sehen. Vielmehr wirkt es, als ob sie Produkte aus persönlicher Überzeugung empfehlen. Unternehmen binden Influencer deshalb gezielt in ihre Marketingstrategie ein. Problematisch ist das vor allem im Gesundheitsbereich, kritisiert das Portal Lebensmittelklarheit.

Nutzer vertrauen auf Meinung von Influencern – dabei sind die oft fachliche Laien

Sei es für Protein-Shakes, Vitaminpulver oder einen Einschlaf-Tee – Werbung von Influencern auf TikTok, Instagram oder YouTube wirkt besonders authentisch, als private Empfehlung. Stephanie Wetzel vom Portal Lebensmittelklarheit gibt jedoch zu bedenken: Influencer seien überwiegend fachliche Laien. "Das kann ein Problem sein, wenn der Influencer zum Beispiel nicht weiß, welche Aussagen er oder sie treffen darf, um zum Beispiel nicht in den Gültigkeitsbereich der Health-Claims-Verordnung zu geraten", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Health-Claims-Verordnung lege genau fest, welche nährwert- oder gesundheitsbezogenen Aussagen erlaubt sind, sagt Wetzel.

Besonders wenn es um Produkte geht, die die Gesundheit fördern sollen, kann das kritisch werden. "Wer mit seiner Werbung etwas verspricht, das unbewiesen oder sogar falsch ist, kann abgemahnt und verklagt werden", sagt Wetzel. "Das ist vielen Influencern nicht bewusst. Sie werben zum Beispiel mit Gesundheitsaussagen und schießen dann schnell einmal über das Erlaubte hinaus." Erlaubt sind laut Lebensmittelklarheit nämlich ausschließlich Angaben, die sich auf allgemeine wissenschaftliche Nachweise stützen und von der EU zugelassen sind.

Das Portal erhält immer wieder Beschwerden von Verbrauchern, die sich von den Aussagen getäuscht fühlen, die Influencer über ein bestimmtes Produkt tätigen. Immer wieder komme es vor, dass Influencer wegen irreführender Werbeversprechen ermahnt würden. Häufig handle es sich dabei um Nahrungsergänzungsmittel.

Was ist das Portal Lebensmittelklarheit?

  • Das Portal Lebenmittelklarheit.de informiert rund um das Thema Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln. Ziel ist, missverständliche oder irreführende Lebensmittelkennzeichnung aufzudecken und abzustellen. Sehen Verbraucherinnen oder Verbraucher sich durch Kennzeichnung, Aufmachung oder Bewerbung von Lebensmitteln getäuscht, können sie die Produkte melden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Wetzel betont: "Jeder Influencer hat eine große Verantwortung und sollte sich unbedingt informieren, welche Aussagen man treffen darf, zum Beispiel wenn es um die Gesundheit geht."

Dass sie etwas über ein Produkt erzählt haben, was so gar nicht gesagt werden darf, ist Influencern allerdings oft schwer nachzuweisen. Denn berichten sie etwa in einer Instagram-Story über einen Artikel, ist diese Werbung nach 24 Stunden nicht mehr zu sehen. Die Beiträge könnten daher kaum dokumentiert und zur Anklage gebracht werden, kritisiert Lebensmittelklarheit.

Im Fokus: Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern

Social-Media-Stars haben tausende Follower, die deren angebliche Expertise zu schätzen wissen. Besonders Kinder und Jugendliche verbringen viel Zeit in den sozialen Medien. Sie würden die Meinungen und Ansichten ihrer Idole meist nicht kritisch hinterfragen und könnten Werbung und tatsächliche Empfehlungen oft nicht unterscheiden, berichtet Lebensmittelklarheit.

Um Kinder und Jugendliche zu schützen, gebe es spezielle Regeln. So dürfe Werbung – ob in sozialen Medien oder anderswo – sie nicht direkt dazu aufrufen, Waren zu kaufen oder zu mieten. "Es ist auch verboten, ihre Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit auszunutzen", heißt es weiter.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erarbeitet bereits klare Regeln zu Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. Eine zunehmend große Rolle spielten die sozialen Medien und die Lebensmittelvermarktung durch Influencer, schreibt das Ministerium. So habe eine Studie der Medizinischen Universität Wien gezeigt, dass 77 Prozent der beworbenen Lebensmittel laut WHO aufgrund ihres hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes nicht gezielt für Kinder und Jugendliche vermarktet werden sollten.

Doch nicht nur auf Jüngere zielt Werbung in den sozialen Medien ab. Sogenannte Dad- und Momfluencer werben für Getränke und Lebensmittel, die Eltern ansprechen sollen. Dabei versprechen sie oft gesundheitliche Vorteile. Doch laut der Verbraucherzentrale enthalten viele dieser Produkte nicht empfehlenswerte Zuckerzusatzstoffe – obwohl mit Hinweisen wie "gesund" und "ohne raffiniertem Zucker" geworben wird. Das belegt ein Marktcheck, der im April 2024 durchgeführt wurde. Dabei zeigte sich auch, dass die Preise der beworbenen Lebensmittel "exorbitant hoch" sind.

Nicht ausschließlich auf Influencer-Werbung vertrauen

Was also tun bei der Flut an Versprechen von Influencern? Sieht man eine Werbung in den sozialen Medien, die einen anspricht, sollte man nicht sofort die Kreditkarte zücken. "Wer ein Produkt ansprechend findet, sollte sich am besten schlaumachen", rät Wetzel. "Die Verbraucherzentrale informiert auf ihrem Portal 'Klartext-Nahrungsergaenzung.de' ausführlich über die Risiken bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln."

Auch die Verbraucherzentrale appelliert: "Bleiben Sie kritisch, denn am Ende geht es darum, Geld zu verdienen."

Über die Gesprächspartnerin

  • Stephanie Wetzel ist Diplom-Ökotrophologin und seit 2014 Projektkoordinatorin des Projekts Lebensmittelklarheit. Seit 2016 ist sie Mitglied in der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission und seit 2022 zusätzlich Mitglied im Präsidium. Ihre Leidenschaften: die Perspektive der Verbraucherinnen und Verbraucher zu vermitteln und energisch für eine klare, wahre Kennzeichnung der Lebensmittel einzutreten.

Verwendete Quellen

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