- Mobbing in der Schule, traumatische Erfahrungen oder kulturelle Hürden: Es gibt einige Gründe, weshalb Menschen ihren Vornamen ändern wollen.
- Allerdings muss es dafür laut Namensänderungsgesetz einen "wichtigen Grund" geben.
- Unter diesen Gegebenheiten lässt sich der Name ändern - und das gilt es dabei zu beachten.
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Seit dem 1. November 2018 kann die Reihenfolge der gegebenen Vornamen angepasst werden. Wer als Rufnamen also seinen zweiten Vornamen nutzen will, kann diesen an die erste Stelle rücken lassen – vorausgesetzt, der Name entspricht deutschem Recht. Zuständig dafür ist das jeweilige Standesamt. "Wenn jemand mehrere Vornamen hat, kann man die Reihenfolge beliebig verändern", erklärt auch Torsten Hensel von der Namensänderungsbehörde der Stadt München im Gespräch mit unserer Redaktion.
Als Beispiel nennt er den ehemaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der vollständig Karl Ernst Thomas de Maizière heißt. Er könne beim Standesamt etwa seinen dritten Vornamen an erste Stelle setzen lassen, sagt Hensel. "Das hat mit einer eigentlichen Namensänderung nichts zu tun, da kann man spielen." Im Personenstandsgesetz stehe hingegen jedoch, dass die Änderung der Schreibweise der Namen, einen Namen wegzulassen oder einen neuen hinzuzufügen, nicht möglich sei.
Damit eine Namensänderung vielleicht gar nicht erst notwendig wird, prüft das Standesamt etwaige Namensvorschläge – und lädt bei Bedarf die Eltern zu einem Gespräch ein. Der Name eines Kindes kann laut Hensel nämlich abgelehnt werden, "wenn dieser das Kindeswohl gefährdet". Manche Namen könnten sich negativ auswirken, "etwa lächerliche, anstößige Bezeichnungen, die ganz offensichtlich dafür sorgen, dass die Namensträgerin oder der Namensträger sich nicht in der Gesellschaft einfügen kann".
Immerhin: Mittlerweile gebe es immer weniger solcher Fälle, die gerichtlich geklärt werden müssten. Zuvor gebe es auch eine Beratung durch die Namensänderungsstelle des Standesamts. Als Beispiel nennt Hensel Namen aus anderen Sprachen und Kulturen, die im Deutschen eine andere Bedeutung haben.
Neuer Name? Dafür braucht es einen "wichtigen Grund"
Ändern lässt sich der Vorname im Nachhinein dann laut Gesetz nur, wenn ein "wichtiger Grund" vorliegt. Denn ist der Name eines Kindes nach der Geburt erst einmal beim Standesamt eingetragen, kann er eigentlich nicht mehr geändert werden. Erhält jemand einen neuen Namen, ist es in den meisten Fällen so, dass dieser dem anderen hinzugefügt wird. Ein wichtiger Grund ist nur dann gegeben, "wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers so wesentlich ist, dass die Belange der Allgemeinheit, die in der Regel die Beibehaltung des bisherigen Namens fordern, zurücktreten müssen".
Aber was bedeutet das genau? Laut Hensel ist der erste Schritt, zu einer Namensänderungsbehörde zu gehen und diesen "wichtigen Grund" anzugeben: "Sie müssen aus Perspektive des Kindeswohls erklären, bei welchen Anlässen der erteilte Vorname zu Schwierigkeiten führt. Danach ist es die Aufgabe der Behörde, das zu prüfen." Meist gehe es bei Namensänderungsverfahren um seelische Belastungen – das ließe sich jedoch nicht in bestimmte Kategorien fassen.
Ein wichtiger Grund könne sein, wenn das Kind wegen des Namens schlechte Erfahrungen gemacht habe, es etwa in der Schule oder im Privaten gemobbt wurde. Aber auch von anderen traumatischen Erlebnissen berichtet Hensel: "Wenn zum Beispiel ein Elternteil übergriffig wurde und der Name dabei eine Rolle gespielt hat, fordern manche einen neuen Namen, um das Erlebte zu verarbeiten." Er betont jedoch: "Es kommt immer wieder vor, dass Eltern im Nachhinein denken, der Name ihres Kindes passt nicht so richtig. Das ist aber leider nach der jetzigen Rechtslage kein wichtiger Grund."
Doch nicht nur seelische Belastungen begründen einen Namenswechsel. Stichwort: gutgläubige Namensführung. "Das bedeutet, dass Menschen mit einem Namen aufwachsen und denken, das wäre ihr Name – doch später stellt sich heraus, immer eine andere, falsche Schreibweise genutzt zu haben." Ein Beispiel hier wäre die unterschiedliche Schreibweise bei "Josef" und "Joseph".
Ein neues Leben in Deutschland – aber der Vorname stellt ein Problem dar? Ein weiterer Anlass, seinen Vornamen zu ändern, ist eine Einbürgerung. "Aus Piotr lässt sich Peter machen, aus Katarzyna wird Katharina", erklärt der Experte. Bei Namen, für die es keine deutsche Entsprechung gebe, zum Beispiel chinesische Namen, "kann man den Namen völlig frei wählen". Den Namen anzupassen, sei aber eine einmalige Möglichkeit. Häufig sei es auch am sinnvollsten, "einen eher westlichen Namen hinzuzufügen. Das gibt einem die Chance, Namen aus zwei Kulturkreisen zu tragen."
Neues Geschlecht, neuer Name: Verfahren für Transgender läuft anders
Anders sieht das Verfahren bei Transgendern aus. Sie fallen nämlich nicht unter das Namensänderungsgesetz. Bevor sie einen neuen Namen wählen können, müssen sie zunächst eine Geschlechtsänderung erwirken. Das läuft laut Hensel in einem gerichtlichen Verfahren im Rahmen des Transsexuellen-Gesetzes. Ein Gericht beschließe dann sowohl die Änderung des Geschlechts als auch die Änderung des Vornamens. "Dabei ist das Standesamt an das gebunden, was das Gericht beschließt."
Wie das Bundesministerium des Innern erklärt, ist die Voraussetzung für die Änderung des Vornamens, "dass der Antragsteller sich dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, seinen Vorstellungen entsprechend zu leben". Entscheidend sei außerdem, dass "mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei [...], dass sich sein Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird".
Den neuen Namen darf man sich dann aussuchen, sagt Hensel: "In der Wahl des Namens ist man recht frei: Es sind auch mehrere neue Namen möglich. Das Wichtige ist nur, sich mit dem Gericht zu verständigen."
Wer sich weder als männlich noch als weiblich definiert, kann auch ohne gerichtliches Verfahren mit einem entsprechenden ärztlichen Attest zum Standesamt gehen, erklärt er weiter. "Da können sie dann ihr Geschlecht anpassen und den Vornamen ändern lassen. Dabei gelten die gleichen Regeln wie bei einer Neugeburt."
So läuft eine Namensänderung ab
"Solange die Kinder noch nicht volljährig sind, müssen die Eltern den Antrag stellen", sagt der Experte. "Allerdings: Je älter die Kinder werden, umso mehr werden sie in das Verfahren eingebunden. Es soll schließlich nichts gegen deren Willen passieren." Unter anderem sei vorgeschrieben, dass Kinder zwischen 16 und 18 Jahren auch vor Gericht angehört werden. "Wir versuchen, die Jugendlichen so gut wie möglich mit einzubeziehen."
Für eine Namensänderung benötigt werden neben dem Antrag auch ein Auszug aus dem Geburtenregister, die Ausweise der Sorgeberechtigten, ein Nachweis der Sorge und die Verifizierung des "wichtigen Grundes", zum Beispiel ein psychologisches Schreiben. Das jeweilige Standesamt kann auch noch mehr Informationen einfordern. Üblich ist etwa auch, dass bei Personen über 14 Jahren ein Führungszeugnis vorliegen muss, wie es etwa in Baden-Württemberg der Fall ist. Letztendlich muss das jeweilige Amt der Frage nachgehen können, ob das Kindeswohl durch den Vornamen gefährdet ist.
Je nach Bundesland und Standesamt kann das Verfahren zwischen rund zwei Monaten und mehreren Jahren dauern. "Wenn die Sachlage völlig klar ist, dass das Kind einen neuen Namen benötigt, sind wir auch schnell entscheidungsfähig", berichtet Hensel. "Es gibt auch Verfahren, bei denen wir eher von einer Antragsstellung abraten, weil der Grund nicht deutlich ist – das dauert dann länger."
Die Kosten für eine Namensänderung variieren von Bundesland zu Bundesland. "In Bayern kostet sie zwischen 25 und 500 Euro im öffentlich-rechtlichen Bereich", sagt der Experte aus München. Für Namensänderungen aufgrund einer Geschlechtsänderung treffe das aber nicht zu: Hier ist es vom gerichtlichen Verfahren abhängig.
Bundesregierung plant eine Reform des Namensrechts
Das Namensrecht ist ein Dschungel der deutschen Bürokratie und Justiz. Noch deutlicher als bei der Änderung des Vornamens wird das bei der Änderung des Familiennamens. Justizminister Marco Buschmann sagte im Januar 2022 im Interview mit der "Barmstedter Zeitung": "Ich möchte in dieser Legislaturperiode [...] das Namensrecht liberalisieren. Das heutige Namensrecht ist ein großes irrationales Durcheinander."
Erste Eckpunkte zur Reform des Namensrechts hat eine Arbeitsgruppe bereits am 11. Februar 2020 veröffentlicht. Ein wichtiger Punkt: Die Expertinnen und Experten fordern, die Zuständigkeiten künftig nicht aufzuteilen, sondern beim Standesamt zu konzentrieren. Außerdem sollen die Regelungen in einem Gesetz zusammengefasst werden. Denn derzeit finden sich namensrechtliche Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in verschiedenen anderen Gesetzen, wie dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB), dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG), dem Minderheitennamensänderungsgesetz (MindNamÄndG), dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und dem Personenstandsgesetz (PStG).
Seitens des Bundesministerium des Innern heißt es allerdings auf Anfrage unserer Redaktion: "Da grundlegende Änderungen im Namensrecht erforderlich sind, die eine sorgfältige Vorbereitung und Umsetzung erfordern, kann [...] davon ausgegangen werden, dass dieses wichtige Reformvorhaben einige Zeit in Anspruch nehmen wird."
Verwendete Quellen:
- Interview mit Torsten Hensel von der Namensänderungsbehörde der Stadt München
- Antwortschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (31.03.2022)
- Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (Namensänderungsgesetz - NamÄndG)
- Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG)
- Eckpunkte zur Reform des Namensrechts (11. Februar 2020)
- Artikel der "Barmstedter Zeitung": "Namensrecht ist ein großes Durcheinander" (22. Januar 2022)
- Serviceportal Baden-Württemberg: Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz beantragen (Stand: 04.04.2022)
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