Fast jeder Siebte in Deutschland gibt mehr als 40 Prozent des Einkommens für das Wohnen aus. Vor allem in Berlin sind die Mieten im letzten Jahrzehnt ordentlich angestiegen. Doch die teuerste Großstadt für Mieter liegt im Süden des Landes.
Fast jeder Siebte in Deutschland gab zuletzt mehr als 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für das Wohnen aus. Das gilt nach jüngsten Zahlen für das Jahr 2017 für 14,5 Prozent der Einwohner in Deutschland, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Gegenüber 2010 hat sich dieser Anteil kaum verändert.
"Diese hohen Wohnkosten sind eine unzumutbare Belastung, besonders für gering- und normalverdienende Haushalte", kritisierte die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Caren Lay. "Allgemein gelten maximal 30 Prozent als vertretbar. Es darf nicht sein, dass Haushalte bei den Ausgaben für Essen, Bildung oder Information sparen müssen, um ihre Miete bezahlen zu können."
In München ist der Quadratmeter durchschnittlich am teuersten
Das verfügbare Haushaltseinkommen ist das, was nach Abzug von direkten Steuern und Sozialabgaben noch für private Ausgaben zur Verfügung steht. Die Wohnkosten umfassen Energie- und Nebenkosten, bei Mietern auch die Miete.
Zugleich zogen die Angebotsmieten - also jene Beträge, die in Wohnungsannoncen verlangt werden - in den vergangenen Jahren kräftig an. Zwischen 2008 und 2010 kletterte die Nettokaltmiete bei Erst- und Wiedervermietungen im Bundesschnitt nur um 2,2 Prozent.
In den zwei Jahren vor 2018 wuchs sie dann um 10 Prozent auf 8,41 Euro pro Quadratmeter. Unter den sieben größten Städten war der Anstieg in Berlin mit Steigerungen um 19,3 Prozent im Zweijahreszeitraum vor 2018 besonders heftig.
Vermieter verlangten dort von Wohnungssuchenden doppelt so hohe Mieten wie zehn Jahre zuvor. Die höchste durchschnittliche Nettokaltmiete unter den großen Städten verzeichnete München mit 17,73 Euro pro Quadratmeter.
Wer umzieht, muss häufig draufzahlen
Ein erfreulicheres Bild ergibt sich, wenn man nicht nur Angebotsmieten betrachtet, sondern auch das, was in laufenden Mietverträgen gezahlt wird (Bestandsmieten). Bundesweit sei die Mietentwicklung "moderat", schreibt das Innenministerium.
So habe der Anstieg 2018 bei 1,6 Prozent gelegen und damit noch unter der Inflationsrate von 1,8 Prozent. Das gelte auch längerfristig: So seien die Mieten seit 2006 um insgesamt 16 Prozent angewachsen, die Verbraucherpreise aber um 18 Prozent. Das bedeutet aber auch: Wer umzieht, muss teils kräftig draufzahlen.
Unter dem Strich zieht Lay, die auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken ist, ein vernichtendes Fazit der Regierungszeit von Angela Merkel (CDU), die 2005 erstmals Bundeskanzlerin wurde.
"Merkels wohnungspolitische Bilanz ist verheerend. Es gibt weniger Sozialwohnungen, die Mieten sind explodiert und die Wohnungslosigkeit dramatisch gestiegen."
Bundesweiter Mietendeckel könnte Mietenwahnsinn stoppen
So ist die Zahl der Sozialwohnungen, bei denen die Mieten staatlich reguliert sind, seit 2006 um mehr als 40 Prozent gesunken - von 2,09 Millionen Wohnungen auf zuletzt 1,18 Millionen.
Sozialwohnungen fallen nach einer gewissen Zeit, oft nach dreißig Jahren, aus der Bindung und können dann auf dem freien Markt vermietet werden. Zuständig für den sozialen Wohnungsbau sind zwar eigentlich die Länder, dennoch fördert auch der Bund ihre Entstehung; im laufenden Jahr mit 1,52 Milliarden Euro.
"Berlin macht vor, wie es geht", erklärte Lay. Die dortige Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (auch Linke) will die steigenden Mieten mit einem Deckel in den Griff bekommen, der Obergrenzen von 3,42 bis 7,97 Euro Kaltmiete je Quadratmeter vorsieht.
"Ein bundesweiter Mietendeckel könnte den Mietenwahnsinn stoppen und die soziale Spaltung verringern", so Lay. (ff/dpa)
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