Den ganzen Tag mit Pferden verbringen, dabei ein paar Videos filmen und Fotos schießen, diese dann bei Instagram oder TikTok teilen und damit auch noch Geld verdienen? So oder so ähnlich sieht wohl die Vorstellung davon aus, was es heißt, Pferde-Influencer oder -Influencerin zu sein. Was der Job tatsächlich bedeutet, verrät Influencerin "Anja Fee" im Interview mit pferde.de.

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Früher wollten Kinder Feuerwehrmann, Polizistin oder Arzt werden. Heute stehen Influencerin, TikToker und YouTube-Star ganz oben auf der Wunschliste. Diese Berufe wirken glamourös, versprechen Anerkennung, lukrative Kooperationen und viel Freizeit. Doch der Schein trügt: Was macht ein Influencer wirklich, und wie hart ist dieses Business tatsächlich?

Wie sieht das Leben als Influencer wirklich aus?

Darüber habe ich mit Anja Federwisch gesprochen. Als "Anja Fee" ist sie eine der bekanntesten Content Creatorinnen im Pferdebereich. Im Interview spricht sie offen und ehrlich über das Thema "Berufswunsch Influencer" und berichtete, dass sie täglich Nachrichten von jungen Menschen erhält, die diesen Beruf anstreben.

Mit 264.000 Followern auf "Instagram", 414.000 auf "TikTok" und fast 70.000 Abonnenten auf "YouTube" ist Anja eine feste Größe in der Branche, wird auf der Straße erkannt, gibt Autogrammstunden und ist für viele Menschen ein Vorbild. Seit einer Weile betreibt sie zusätzlich ihre eigene Marke "Equifeever" und spricht in ihrem Podcast "Achtung PFEErd" über Themen, die sie und ihre Community bewegen. Doch hinter dem Glamour steckt eine harte Realität, die zeigt, wie anspruchsvoll und fordernd dieser Beruf wirklich ist.

Viele junge Menschen streben den Beruf an.
Viele junge Menschen streben den Beruf an. © Foto: pixabay.com (Symbolfoto)

Was sind die größten Missverständnisse, die Menschen über Deinen Beruf haben?

Anja Federwisch: Das größte Missverständnis ist, dass man nur darauf reduziert wird, dass man ja anscheinend alles ‚gratis‘ und umsonst bekommt, quasi nichts dafür tun muss und überall auf Händen getragen wird. Zudem herrscht ein völlig verzerrtes Bild davon, wie viel Geld man als Content Creator verdient. Es wird immer davon ausgegangen, dass man quasi im Geld schwimmt und superreich ist. Die sind vielleicht ein paar Hundert der größten Content Creatoren – aber bestimmt kein einziger Pferde-Content-Creator. 🙂

Welche negativen Aspekte gibt es in Deinem Beruf und wie gehst Du damit um?

Anja Federwisch: Negativ ist die bereits angesprochene ‚Reduzierung‘ meiner Person auf meinen Content oder auch meinen Beruf. Der Beruf ‚Content Creator‘ hat so gut wie keine soziale Anerkennung und die Worte ‚Infaulenzer‘ und ‚Schmarotzer‘ oder auch ‚Geschenkeauspacker‘ sind noch die nettesten Bezeichnungen. Ich kann bis heute meiner Oma nicht erklären was ich beruflich mache…

Zudem wird immer erwartet, dass ich alles perfekt mache. Ich muss perfekt reiten, darf keine Lernkurve haben und keine Fehler machen, muss immer alles korrekt machen, Fehler/Unsicherheiten werden nicht verziehen beziehungsweise nicht anerkannt. Das ist schwer und erfordert sehr viel Selbstbewusstsein und mentale Stärke, damit klar zu kommen.

Der Beruf als Influencer ist anspruchsvoll.
Der Beruf als Influencer ist anspruchsvoll. © Foto: pixabay.com/RebeccasPictures (Symbolfoto)

Welche Tipps würdest Du jungen Menschen geben, die Pferde-Influencer werden möchten, um realistische Erwartungen zu setzen?

Anja Federwisch: Auch ich werde quasi täglich mit Fragen zum Thema ‚Wie werde ich Influencer/Content Creator‘ konfrontiert und dies ist neben der Frage ob ich wirklich ‚nur‘ Content Creator wäre eine der meist gestellten Fragen.

Der Wunsch, Influencer zu werden, ist bei vielen jungen Menschen gegeben, weil sie dies gleichsetzen mit Freiheit, Selbstbestimmung, einer kreativen Tätigkeit und auch viel finanzieller Unabhängigkeit. Influencer oder Content Creatoren leben scheinbar ein unbeschwertes Leben bei völliger finanzieller Sorglosigkeit – zudem kann man sich scheinbar kreativ ausleben und das klingt natürlich nach einem Traumberuf.

Es ist natürlich schwer Kindern/Jugendlichen oder selbst auch Erwachsenen zu erklären, dass dies natürlich das Bild ist, das in den Sozialen Medien gesehen wird, dass aber viel mehr dahinter steckt. Mir fällt es dabei oft schwer, kurz und knapp zu erläutern, dass Themen wie Finanzen, Steuern, Druck, Unsicherheit, Neid und Missgunst ebenfalls zu betrachten sind. Zudem muss man realistisch betrachten, dass es leider nur ganz wenige Content Creatoren es wirklich schaffen, eine entsprechende Reichweite aufzubauen oder gar davon ihr Leben zu finanzieren.

Influencer verdienen nicht automatisch viel Geld.
Influencer verdienen nicht automatisch viel Geld. © Foto: pixabay.com/Tho-Ge (Symbolfoto)

Daher kann ich nur allen Kindern, Jugendlichen und Einsteigern im Social-Media-Bereich raten: Seht es als Euer Hobby, habt Spaß – macht es ohne Druck und ohne den Wunsch es "ganz nach oben" zu schaffen. Je befreiter und entspannter man das Thema angeht, umso mehr kann man Spaß haben. Zudem finde ich es wichtig, realistisch zu bleiben – leider schaffen es nur ganz wenige davon wirklich leben zu können. Insofern ist eine fundierte Ausbildung und schulische Bildung auf jeden Fall wichtig.

Trotzdem sollen meiner Meinung nach Eltern diesen Wunsch der Kinder oder Jugendlichen ernst nehmen, denn er drück eigentlich nur aus, dass man sich einen kreativen, selbstbestimmten Job wünscht der einen auch persönlich erfüllt – gepaart mit dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit. Das ist vom Grundsatz her super positiv und das sollte man anerkennen und wahrnehmen.

Wie hat sich Dein Leben seit Beginn Deiner Karriere als Pferde-Influencerin verändert – sowohl positiv als auch negativ?

Anja Federwisch: Das ist für mich schwer zu beantworten, da ich es kaum anders kenne. Ich habe mit 13 Jahren angefangen, regelmäßig zu posten. Mit 16 oder 17 Jahren bin ich rasant gewachsen und während der ganzen Corona-Zeit war ich unfassbar aktiv. Daher bin ich nach und nach in das ganze Business herein gewachsen und kann jetzt kaum einen Unterschied zu "früher" aufstellen. Allerdings muss ich mir immer wieder vor Augen führen, was ich alles erleben darf. Ich darf an unfassbar tollen Veranstaltungen teilnehmen, darf superinteressante Menschen treffen und habe viele Produkte, die sich natürlich auch viele wünschen. Manchmal verliere ich das fast aus den Augen.

Negativ ist natürlich, dass man leider nicht so wahr genommen wird, wie man wirklich ist. Viele kennen nur mein "Social-Media-Ich" und nicht mich selbst als Person. Auf Social Media ist natürlich immer nur ein winziger Teil meiner Person und meiner Persönlichkeit zu sehen – aber aus diesen Schnipseln bilden sich alle eine Meinung zu mir, die natürlich divers ausfällt. Das ist oft sehr schwer für mich und auch verletzend, da natürlich auch Unterstellungen oder Beleidigungen und negative Urteile gefällt werden, ohne mich als Person wirklich zu kennen.

Der Beruf hat kaum soziale Anerkennung.
Der Beruf hat kaum soziale Anerkennung. © Foto: pixabay.com/TerriAnneAllen (Symbolfoto)

Wie viel Zeit investierst Du täglich in die Erstellung und Bearbeitung von Inhalten?

Anja Federwisch: Ich selbst gehörte zu der Sorte "Workaholic-Influencer" – ich habe unheimlich hohe Ansprüche an mich selbst und meine Menge an Content. Ich fühle mich verpflichtet, wirklich täglich Storys in größerem Umfang zu posten und auch täglich Beiträge auf Instagram und TikTok zu bieten. Ehrlicherweise kann man das auch wesentlich entspannter gestalten, aber ich bin einfach so gestrickt – ich mache eigentlich zu viel, denn zu viel Content nervt auch schnell, aber ich kann nicht anders und es gehört zu meiner Persönlichkeit, dass ich gerne möglichst viel teilen möchte und umfangreich berichte. Dafür bin ich täglich mindestens zehn, oft auch mehr Stunden mit der Erstellung, Schnitt, Posting und Beantwortung von DMs (Direct Messages, Anm. d. Red.) beschäftigt. Dies im übrigen sieben Tage die Woche – als Content Creator kennt man keine Wochenenden, Feiertage und ehrlicherweise auch kaum Urlaub. Ich poste selbst im Urlaub komplett meinen Content durch. Wie bereits erläutert: Eine Macke und gleichzeitig auch eine große Belastung für mich.

Wie hältst Du die Balance zwischen der Arbeit am Stall und der privaten Zeit mit Deinen Pferden?

Anja Federwisch: Ehrlicherweise gar nicht – irgendwie ist alles "Job" und ich bin immer "on the Job". Bei der Anzahl von Arbeitszeit und Arbeitsstunden vermischt sich automatisch Beruf, Freizeit und auch Freundschaften und Partnerschaften. Ich nehme keinen Moment mehr als besonders "privat" wahr, manchmal sind es Kleinigkeiten – wie das freudige Begrüßungswiehern meines Pferdes, wenn ich in den Stall komme, ein Moment der Innigkeit beim Putzen, oder wenn ich allein unterwegs bin.

Der Beruf Influencer wird mit Freiheit verbunden.
Der Beruf Influencer wird mit Freiheit verbunden. © Foto: pixabay.com/WFranz (Symbolfoto)

Wie gehst Du mit dem Druck um, regelmäßig neue und interessante Inhalte zu produzieren?

Anja Federwisch: Der Druck, täglich Content zu produzieren, begleitet mich den gesamten Tag – insbesondere weil ich mir keine Auszeiten gönne. Ich habe ehrlicherweise gelernt, damit umzugehen und bin sehr stressresistent. Ich kann über Monate ohne einen Tag Pause durcharbeiten.

Was war Dein bisher größter Erfolg als Pferde-Influencerin und was hat dazu geführt?

Anja Federwisch: Das kann ich gar nicht auf eine Tatsache oder ein Ereignis reduzieren. Ich habe ehrlicherweise wirklich tolle Sachen erleben dürfen, wurde zu tollen Veranstaltungen eingeladen und durfte interessante Menschen kennen lernen. Das ist mehr wert als irgendein materielles Produkt.

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Danke für diesen ehrlichen, ungeschönten und ausführlichen Einblick hinter die Kulissen Deiner Arbeit. Wir wünschen Dir, Sammy und Blue nur das Beste, liebe Anja!

Wenn Du mehr über Anja und ihren Alltag mit ihren Pferden sehen willst, kannst Du auf ihrem "Instagram"-, "TikTok"-, oder "YouTube"-Kanal vorbeischauen.  © Pferde.de

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