Ein angefahrenes Rehkitz wurde der Beginn eines großen Herzensprojekts. Die New Yorkerin Leondra Scherer kümmert sich pro Jahr mit ihrer Auffangstation "Fuzzy Fawn" um hunderte hilfsbedürftige Wildtiere. Für sie ist die ehrenamtliche Tätigkeit eine Lebensaufgabe.

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Es begann alles mit einem traurigen Zufall. Vor zehn Jahren fand Leondra Scherer in ihrem Garten ein schwer verletztes Rehkitz, das schon regelmäßig bei ihr vorbeigekommen war. Sie suchte vergeblich Hilfe für "Prince", wie sie das Tier getauft hatte. "Ich wusste, dass er eingeschläfert werden muss", schreibt sie auf Instagram. Sie rief etliche Telefonnummern an – ohne Erfolg. Erst nach vier Stunden fand sie schließlich eine Frau, die "Prince" erschoss und so von seinen Schmerzen erlöste. "Ich war so wütend, dass er so lange leiden musste", erinnert sie sich. Also fasste die US-Amerikanerin den Entschluss, sich selbst um die Rettung von Wildtieren zu kümmern.

Sie erwarb eine Rehabilitationslizenz vom Staat New York und baute zunächst ihren Hinterhof und ihr Haus zu einem provisorischen Pflegezentrum um. Das war die Geburtsstunde von "Fuzzy Fawn Wildlife". Ihr Vater gab Scherer den Spitznamen "Fuzzy" (deutsch: wuschelig), diesen übernahm die blondgelockte New Yorkerin kurzerhand für ihre ehrenamtliche Organisation. Der Tod von Prince im Jahr 2013 markierte so den Anfang eines großen Herzensprojekts. Heute nimmt Scherer pro Jahr rund 400 Anrufe von Menschen entgegen, die verletzte oder verwirrte Wildtiere entdecken. Die Tiere werden von der Rehibilitatorin entweder als überlebensfähig beurteilt und in ihrer Umgebung belassen oder zur Behandlung mitgenommen.

Rehkitzsaison geht von Mai bis September

Schon nach kurzer Zeit zog Scherer mit "Fuzzy Fawn" in eine ländlichere Gegend mit mehr Fläche, um die Rehe besser versorgen zu können. Ihre Arbeit ist komplett ehrenamtlich und spendenfinanziert. Zwar kümmert sie sich auch um Eichhörnchen, Kaninchen oder Vögel. Ihr Fokus liegt aber auf jungen Weißwedelhirschen – ein Job, der sie über fünf Monate komplett auslastet. Die Rehkitzsaison beginnt am 1. Mai, manchmal auch schon früher, und dauert bis zum 15. September. Danach schreibt der Staat vor, dass alle Jungtiere freigelassen werden müssen.

"Jede Saison ist anders", schreibt Scherer auf ihrer Webseite. "Ich habe 30 bis 80 Rehkitze pro Saison gerettet. Aber natürlich überleben nicht alle Jungtiere." Die Rehabilitatorin arbeitet eng mit zwei Tierärzten zusammen, die sich um die schwereren Verletzungen kümmern. Sobald die Tiere wieder gesund sind, kehren sie in die freie Wildbahn zurück.

Scherer mahnt: Zurückgelassene Rehkitze nicht umsorgen

"Bevor sie freigelassen werden, achte ich darauf, jede Prägung zu vermeiden und ihre natürliche Angst vor Menschen zu bewahren", betont Scherer. Immer wieder ärgert sie sich über Anrufer, die es zu gut meinen mit der Fürsorge. "Bitte hören Sie auf, sich um das Rehkitz zu sorgen, das in Ihrem Garten oder wo auch immer Sie es gefunden haben, zurückgelassen wurde. Rehkitze brauchen keine Babysitter", sagt sie in einem auf Instagram veröffentlichten Video. "Ein zusammengerolltes, ruhiges und zufriedenes Kitz legt sich dorthin, wo die Mutter es abgelegt hat, bis sie zurückkommt, was normalerweise nach Einbruch der Dunkelheit der Fall ist. Dem Baby geht es den ganzen Tag über gut."

Viele Freiwillige helfen beim Transport

Grund zur Sorge bestehe nur, wenn das Kitz flach auf der Seite liegt, ständig umherwandert, wimmert oder die Ohren anlegt. Auch Fliegen und Ameisen sind Warnsignale. In diesem Fall sei es sinnvoll, eine lizenzierte Tierpflegerin zu rufen und nicht selber einzugreifen, betont Scherer.

Ihren Fulltime-Job während der Saison schafft sie nur dank tatkräftiger Unterstützung. "Wir sind immer auf der Suche nach Freiwilligen", schreibt sie. "Wir können nur dank ihnen an so vielen Orten gleichzeitig sein. Ohne das Netzwerk von Menschen im Westen New Yorks, die beim Transport von Wildtieren zu helfen, wären wir nichts."

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Eines ist dennoch klar: Die treibende Kraft hinter "Fuzzy Fawn" bleibt Scherer selbst. Sie sagt: "Ich denke oft über all das nach, was ich aufgebaut habe und was passiert, wenn ich nicht mehr bin. Denn ich werde die Stimme für den Weißwedelhirsch sein, solange ich atme."  © Deine Tierwelt

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