In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampelregierung auch die Verbesserung des Tierschutzes verankert. Lange mussten Tierschützende und Tierfreunde in Deutschland aber auf dessen Umsetzung warten. Nun scheint es voran zu gehen: Am Freitag hat das Bundeskabinett den Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen. Das sind die wichtigsten Punkte.

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Mehr Tierschutz in Deutschland – das ist nicht nur Millionen Tierhaltern in Deutschland ein Anliegen. Auch die Politik hat sich dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben. Auf die Versprechen im Koalitionsvertrag folgte allerdings bisher nicht viel. Mit dem kürzlich beschlossenen Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes soll sich das nun ändern.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: "Tierschutz ist seit 20 Jahren im Grundgesetz als Staatsziel verankert. Die allermeisten Tierhalterinnen und Tierhalter in Deutschland werden ihrer Verantwortung gegenüber den Tieren gerecht. Doch noch immer gibt es beim Umgang mit und der Haltung von Tieren Defizite und deshalb leiden in Deutschland viele Tiere."

Er bezeichnete die im Kabinett beschlossenen Veränderungen als "umfassende Verbesserungen für den Tierschutz". "Das ist die umfangreichste Überarbeitung des Tierschutzgesetzes seit vielen Jahren. Für mich ist ganz wichtig: Tieren in Deutschland geht es nach der Gesetzesänderung besser als vorher. Und das ist auch gut für alle, die Tiere halten. So will doch zum Beispiel kein Halter von Hund, Katze und Co., dass sein Haustier an Herzfehlern oder schmerzhaften Gelenkproblemen leidet, kaum atmen kann oder sogar früher stirbt."

Tierschutzgesetz: Änderung soll Qualzucht beenden

Damit nimmt der Minister direkt Bezug auf eine der zentralen Änderungen im Tierschutzgesetz: das Ziel, Qualzucht zu beenden. Seit 1986 gibt es schon Regeln zur Qualzucht, die 2013 noch einmal konkretisiert wurden. Dennoch kritisieren Tierschützer die bisherigen Vorgaben als "nicht eindeutig genug". Zwar sind Züchtungen, die dazu führen, dass bei den Tieren erblich bedingt Körperteile oder Organe fehlen, diese untauglich oder umgestaltet sind und somit Schmerzen und Leid entsteht, verboten. Die rechtliche Verfolgung fällt den Behörden derzeit aber aufgrund der vagen Definition schwer.

Nun sollen die Regeln um "eine nicht abschließende Liste mit möglichen Symptomen der Qualzucht ergänzt" werden, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). "Dazu gehören Symptome wie Blindheit, Taubheit oder Atemnot, wenn sie erblich bedingt sind und zu Schmerzen und Leiden bei den Tieren führen." Der Vollzug des Qualzuchtverbots durch die Bundesländer soll dadurch gestärkt werden. Aber: Bestimmte Rassen werden auch durch den neuen Entwurf nicht pauschal verboten. "Das Züchten gesunder Tiere bleibt erlaubt", teilt das Ministerium mit.

Sogenannte Frenchies gelten auch als Qualzucht.
Sogenannte Frenchies gelten auch als Qualzucht. © Foto: unsplash.com/Neil Cooper (Symbolfoto)

Zudem sollen "Tiere, die Merkmale von Qualzucht aufweisen", nicht mehr auf Online-Plattformen zum Kauf angeboten werden und nicht mehr ausgestellt werden dürfen.

Neben dem Aus für Qualzucht hält der Änderungsentwurf weitere Maßnahmen für den Online-Handel mit Tieren, Heimtierhaltung und landwirtschaftliche Tierhaltung sowie die Haltung von Wildtieren in reisenden Zirkussen bereit. Hier ein Überblick über einige wichtige Punkte der Gesetzesänderung:

Online-Handel mit Tieren

Anbietende auf Online-Plattformen sollen künftig rückverfolgbar sein. Dazu müssen Anbieterinnen und Anbieter von lebenden Tieren ihre Daten bei der jeweiligen Plattform hinterlegen. DeineTierwelt hat bereits vor drei Jahren als erster Tiermarkt ein Online-Ident-Verfahren eingeführt.

Zirkustiere

Leben Tiere wie Elefanten, Affen, Giraffen oder Flusspferde bereits in reisenden Zirkussen, dürfen diese dort auch weiterhin gehalten werden. Sie dürfen aber nicht mehr neu angeschafft werden, "da sie sich im Zirkusalltag nicht art- und verhaltensgerecht halten und versorgen lassen".

Zirkustiere dürfen nicht mehr angeschafft werden.
Zirkustiere dürfen nicht mehr angeschafft werden. © Foto: unsplash.com/Becky Phan (Symbolfoto)

Höhere Strafen bei schwerwiegenden Verstößen gegen das Tierschutzgesetz

Wer ein Tier ohne "vernünftigen Grund" tötet, kann in bestimmten Fällen künftig statt mit bis zu drei mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe belangt werden. Und wer versucht, ein Tier zu misshandeln oder zu töten, kann mit bis zu 50.000 Euro bestraft werden – bisher waren es "nur" bis zu 25.000 Euro.

"Mit dieser Änderung sollen Behörden und Gerichte die Möglichkeit erhalten, Verstöße gegen den Tierschutz angemessen zu ahnden", so das BMEL. Anforderungen an Tierversuche bleiben zwar gleich. Es sei aber "eine Konkretisierung in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geplant".

Darüber hinaus sind auch Änderungen für Tierbörsen und im Bereich "Nutztiere" geplant. Unter anderem soll es künftig eine Pflicht für Videoaufzeichnungen in "tierschutzrelevanten Bereichen" von Schlachthöfen geben. Die Schwänze von Lämmern dürfen nicht mehr kupiert werden, bei Ferkeln sollen konkretere Vorgaben für das Kupieren der Schwänze gelten.

Das Ausbrennen der Hornanlagen von Kälbern soll künftig nur unter Betäubung erlaubt sein und die Anbindehaltung verboten. Für die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern gilt das allerdings erst in zehn Jahren, und eine kombinierte Anbindehaltung soll unter bestimmten Voraussetzungen weiter erlaubt sein. Vor allem dieser Punkt ist Tierschützern ein Dorn im Auge.

Tierschutzgesetz: Tierschützer kritisieren geplante Änderung

Eine zehnjährige Übergangsfrist für die ganzjährige Anbindehaltung sei deutlich zu lang, findet etwa der "Deutsche Tierschutzbund". Und: Die saisonale Anbindehaltung, bei der die Rinder mehr als die Hälfte des Jahres fixiert im Stall stehen, bleibe für kleinere Betriebe sogar dauerhaft erlaubt. "Anbindehaltung ist Tierqual. Es ist unerklärlich, dass Bundestierschutzminister Özdemir aus eigener Motivation – entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse und trotz einschlägiger Gerichtsurteile – das Leid der Rinder für ewig festschreiben will", kritisiert Thomas Schröder, Präsident des "Deutschen Tierschutzbundes". Auch für Zirkustiere gebe es durch etliche Ausnahmeregelungen praktisch kaum Verbesserungen.

Tierschützer üben Kritik an erneuertem Gesetz.
Tierschützer üben Kritik an erneuertem Gesetz. © Foto: unsplash.com/Getty Images (Symbolfoto)

"Mit dem Gesetzentwurf wird der Anspruch eines Staatsziels Tierschutz unterlaufen und Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gebrochen. Das ist inakzeptabel", kommentiert Schröder. Die Tierschutzorganisation vermisst in dem Entwurf ebenfalls eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen.

Bauernverband fürchtet mehr Bürokratie

Auch der "Deutsche Bauernverband" (DBV) übt Kritik am Tierschutzgesetz: Hubertus Beringmeier, der Veredelungspräsident des "DBV", hält die Verschläge des BMEL für "wenig praktikabel und in handwerklicher Hinsicht sehr überarbeitungsbedürftig". Statt Bürokratieabbau und Entlastung der Landwirte sei hier das Gegentei der Fall. "Wir setzen jetzt auf das parlamentarische Verfahren und hoffen, dass dort mit Sachverstand vernünftige Lösungen gefunden werden."

Noch vor der Sommerpause soll der Entwurf im Bundesrat diskutiert werden, direkt nach der Pause könnte die Verabschiedung beginnen.

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