Stuttgart (dpa) - Draußen Wind, leichte Schneeschauer und Temperaturen nahe am Gefrierpunkt, drinnen dichtes Gedränge und lange Schlangen: Das Geschäft in der Tourismusbranche insgesamt brummt, das ist auf der Messe "Caravan Motor Touristik" (CMT, 14. bis 22. Januar) zu spüren.
Und der Terror? Seit Ende 2015 hatten fürchterliche Anschläge in Paris, Nizza, Istanbul, Brüssel und Berlin die Welt erschüttert - war das kein Dämpfer für den Reisedrang der Deutschen? Eine unlängst publizierte Studie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FuR) hatte den Deutschen erst am Freitag eine weiterhin große Reiselust attestiert - trotz Terrorbildern im Kopf. Der Studie zufolge stieg vor allem Spanien in der Gunst deutscher Urlauber - vom Frühjahr bis Herbst 2016 flogen 9,8 Millionen Menschen von deutschen Flughäfen in das iberische Land, zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
Gewissermaßen im Trend liegt damit die CMT-Besucherin Friederike Maurer. "Wir wollen im Sommer nach Spanien", sagte sie. Ihr Mann stand neben ihr und fügte hinzu: "Dort ist der Terror glücklicherweise noch nicht angekommen."
Auf nach Spanien, Griechenland oder in die Karibik, anstatt nach Ägypten, Tunesien, Marokko oder in die Türkei - so lässt sich der terrorbedingte Trend zusammenfassen, den die FuR-Studie ermittelt hatte. "Es ist fast schon kurios", sagte Maik Ulitzka vom Reiseveranstalter Thomas Cook am Samstag auf der CMT. "Bei den islamischen Ländern merkt man es gravierend, in Europa ist dagegen kaum ein Rückgang spürbar."
Tourismus-Organisationen, welche die iberische Halbinsel im Programm haben, sind guter Dinge. "Spanien ist gerade sehr beliebt", sagte Marketingexperte Oliver Krämer vom überregionalen Camping-Anbieter Knaus Campingsparks. Zugleich betonte er, dass man diese Beliebtheit nicht alleine am Terrorismus in anderen Ländern festmachen könne: "Das Reiseverhalten der Menschen hat sich verändert. Man macht heutzutage nicht mehr den einen großen Urlaub, sondern verreist mehrmals im Jahr für einige wenige Tage." Aus seiner Sicht bieten sich daher nun mal besonders Reiseziele innerhalb der EU an.
Nicht allzu gute Stimmung herrschte hingegen an Ständen mit Bezug zur Türkei oder nordafrikanische Mittelmeer-Anrainern. "Es wäre gelogen zu sagen, die Menschen ließen sich vom Terrorismus nicht abschrecken", sagt Martina Bier vom Ägyptischen Fremdenverkehrsamt. Ein Mitarbeiter eines Türkei-Reiseveranstalter wiederum sagte über das Thema ausbleibende Gäste: "Was soll ich sagen, ich kann die Menschen leider verstehen." Seinen Namen wollte er nicht nennen. Auch am Stand Tunesiens gab es am Samstag eher eine Besucherflaute - das Land hat 2016 laut FuR-Studie ein Minus von 31 Prozent deutscher Passagiere verzeichnen müssen (auf rund 0,2 Millionen), prozentual der heftigste Einschnitt laut FuR-Studie.
Einige CMT-Besucher zeigten dennoch Interesse an dem Land, Edgar und Christel Hahn gehörten dazu. Das Ehepaar kann sich durchaus vorstellen, demnächst eine Reise in den Maghreb-Staat zu unternehmen: "Generell sollte man sich vom Terrorismus nicht abschrecken lassen, aber man darf natürlich auch nicht zu naiv an die Sache herangehen", sagte Edgar Hahn.
Und wie sah es eigentlich mit Frankreich aus? Anschläge in Paris Ende 2015 und in Nizza im Sommer 2016 waren Schocknachrichten. Also bloß nicht in das Nachbarland als deutscher Urlauber? Pustekuchen - von so einer Einstellung war rein gar nichts zu spüren auf der CMT am Samstag: Es war proppevoll am Frankreich-Stand. "Anschläge können schließlich überall passieren", sagt CMT-Besucher Frank Heimerdinger, der einen Städtetrip mit seiner Freundin nach Paris plant. Ähnlich sieht das ein Ehepaar, das extra aus Ravensburg zur CMT angereist ist und sich für einen Urlaub an der Côte d'Azur interessiert: "Großstädte wollen wir gerade meiden, aber generell nehmen wir Frankreich nicht als unsicherer wahr als es Deutschland ist."
Service:
- Die Messe ist vom 14. bis 22. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
- Die Tageskarte vor Ort kostet 14 Euro (ermäßigt: 11 Euro).
- Die Messe ist vom 14. bis 22. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr
- geöffnet. Die Tageskarte vor Ort kostet 14 Euro (ermäßigt: 11
Euro). © dpa
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