Am 20. September 2024 feiert der Weltkindertag unter dem Motto "Mit Kinderrechten in die Zukunft" seinen 70. Geburtstag. UNICEF-Botschafter und NBA-Champion Dirk Nowitzki nutzt diesen wichtigen Zeitpunkt, um daran zu erinnern, wie wichtig es ist, die Kinderrechte zu leben. Denn Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf eine Zukunft voller Chancen und Möglichkeiten, dafür müssen wir ihnen heute ein gutes und gesundes Aufwachsen ermöglichen. Außerdem spricht er über seine eigene Kindheit, die Anfänge seiner Karriere und das Vater sein.
Du hast mal gesagt 90 % Arbeit und 10 % Talent. Wie viel Prozent entfallen denn dann auf Chancen, die einem eröffnet werden müssen?
Viele Kinder bekommen keine Chancen und keine Unterstützung. Gibt es ein bestimmtes Erlebnis auf deinen Reisen, das deine Sicht auf das Thema Kinderrechte geprägt oder verändert haben? Macht dich etwas besonders betroffen?
Ich bin sehr, sehr viel herumgekommen während meiner Karriere. An vielen Plätzen habe ich gesehen, dass einfach Hilfe nötig ist, dass das Engagement nötig ist, von uns allen. Ich habe Kinder getroffen, die nicht die Bildung bekommen, die sie brauchen, die nicht die Nahrung haben, die sie brauchen. Ja, das tut einem im Herzen weh. Und ich glaube, es sollte uns mehr anspornen, noch mehr anzupacken, mehr zu tun und natürlich auch die Kinderrechte noch mehr in den Vordergrund zu stellen und sie zu leben.
Was brauchen Kinder für eine gute Zukunft? Was würdest du zukünftigen Generationen wünschen?
Klar, wünscht man sich Frieden auf der Erde für alle Kinder – aber das wird vermutlich leider nie eintreten. Aber ich wünsche mir, dass sie die Chance auf Bildung und so viel mehr haben. Nur durch Bildung können sie ihre eigene Zukunft gestalten. Da gibt es eine Menge Arbeit, die getan werden muss, für uns alle. Die Kinderrechte müssen umgesetzt werden. Und ich hoffe, dass wir weltweit einer Chancengleichheit näherkommen, damit sich jedes Kind entfalten kann.
Warum gehen Kinderrechte und Chancen für Kinder uns alle etwas an?
Ja, wenn man wie ich, viel in der Welt herumkommt, dann sieht man, dass noch viel zu tun ist, für die Kinder. Um ihr Aufwachsen positiv zu gestalten, können wir alle anpacken. Wir können uns alle engagieren. Jeder kann mithelfen. Das ist sehr, sehr wichtig für die Zukunft unserer Kinder. Jedes Kind hat das Recht, sein Potenzial zu entfalten und unser Job ist dabei, die Kinder zu unterstützen, ihnen Chancen zu kreieren und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Sei es durch Familie, Schule, Freunde. Damit jedes Kind die Möglichkeit bekommt, sein Potenzial zu entfalten.
Unglaublich viele Kinder träumen davon, mit Profisport erfolgreich zu werden. Wovon träumt Dirk Nowitzki heute noch?
Ach, wenn ich träume, dann eigentlich von meiner Familie, von der Zukunft meiner Kinder natürlich. Ich glaube, davon träume ich am meisten. Für mich selbst habe ich keine großen Träume mehr und bin dankbar für meinen bisherigen Weg – aber ich freue mich natürlich auf die Zukunft, auf das, was da noch so kommt. Ich möchte mich weiterbilden und weiterentwickeln als Person, neue Sachen lernen, neue Reisen, neue Sachen erkunden. Darauf freue ich mich!
Gab es konkrete Situationen, die dir als junger Mensch richtungsweisend für deinen Weg zum Profisportler in Erinnerung geblieben sind?
Ja, ich würde sagen, dass es natürlich richtungsweisend war, dass ich meinen Coach und Mentor Holger [Geschwindner] damals getroffen habe, als ich fünfzehn war. Er hat mir natürlich sehr, sehr viel geholfen. Nicht nur in Sachen Basketball, sondern auch außerhalb des Spielfelds hat er mir viel beigebracht. Das hat die Richtung vorgegeben – auch für das spätere Profi Dasein.
Wenn du an deinen Karrierestart zurückdenkst. Wann war dir klar: Dirk, jetzt bist du Profi?
Das war eigentlich erst so richtig der Fall, als ich in die NBA gewechselt bin. Vorher war ich ja noch Schüler, der an seinem Abschluss gearbeitet hat. Nach dem Abitur war ich dann noch bei der Bundeswehr für zehn Monate – das war damals noch Pflicht. Von da bin ich dann direkt in die NBA gewechselt. Und da hatten wir dann natürlich ganz andere Voraussetzungen. Zu dem Zeitpunkt habe ich das erste Mal gemerkt: Okay, jetzt bist du ein echter Vollprofi und trainierst am Tag zwei, drei Mal. Das war schon ein großer und sehr schöner Schritt damals. Ich denke gerne daran zurück.
Was war der wichtigste Ratschlag, den du als Kind erhalten hast? Und wie hat er dein Leben beeinflusst?
Ich würde sagen, dass man sich im Leben immer, immer weiter verbessern kann. Das hat Holger mir damals von Anfang an eigentlich klargemacht, dass man sich nicht als fertiges Produkt im Leben sehen darf, sondern dass man sich immer weiter verbessern will und kann – nicht nur in seinem Sport, sondern auch eben außerhalb vom Spielfeld. Man kann immer dazulernen. Das würde ich jedem ans Herz legen – auch noch im hohen Alter. Man kann sich immer weiterentwickeln und etwas Neues lernen. Und so habe ich mich immer selbst gesehen in meiner Karriere, als Produkt, das nie fertig ist.
Was hättest du dir als Kind von Erwachsenen aus deinem Umfeld gewünscht? Hat dir irgendetwas Konkretes gefehlt, um dich ausleben zu können?
Da hatte ich natürlich wahnsinniges Glück mit meinen Eltern, die mich echt sehr unterstützt haben und nie zu irgendetwas gezwungen haben. Ich konnte mich dadurch voll entfalten, hatte Glück mit meiner Schule und mit meinem Umfeld. Und von daher würde mir da jetzt nichts einfallen, was mir da gefehlt hat. Aber mir ist bewusst, dass ich in einer sehr glücklichen Lage war. Auf jeden Fall. Vielen Kindern geht es ganz anders.
Was machst du mit deinen Kindern am liebsten?
Am liebsten mache ich mit meinen Kindern schon Sport. Die haben jetzt auch alle angefangen, sich für Sport zu interessieren und haben so ein bisschen auch die Leidenschaft für den Sport entdeckt. Sie dabei zu begleiten, zu unterstützen, zum Training zu fahren, beim Training zuzuschauen, selber mit ihnen zu spielen, das macht schon wahnsinnig Spaß. Auf jeden Fall.
Was hättest du gerne gewusst, bevor du Vater wurdest?
Schwierige Frage. Ich meine, man kriegt ja hier und da so ein paar Tipps. Aber im Endeffekt ist es im Leben auch schön, einfach mal nicht vorher zu wissen, was passiert und einfach die Erfahrung zu machen und aus ihnen zu lernen. Und das haben wir so gemacht. Ich denke über die Tipps, die man vorher bekommt: Die meisten werden sowieso über den Haufen geschmissen. Jedes Kind ist total anders. Wir haben drei Kinder – alle drei sind komplett verschieden und unterschiedlich und von daher muss man da durch und seine Erfahrungen machen.
Wie gehst du damit um, wenn deine Kids ihren eigenen, einen ganz anderen Weg vielleicht auch einschlagen möchten?
Ich würde das so handhaben, wie das meine Eltern mit mir früher gemacht haben. Und das bedeutet einfach da zu sein, sie zu begleiten. Ich will meine Kinder zu nichts zwingen. Sie müssen auch nicht unbedingt alle Sport machen. Sie können natürlich in ganz anderen Bereichen auch Spaß haben oder ihr Hobby finden oder was auch immer sie interessiert. Von daher ist es unser Job als Eltern, sie zu unterstützen und zu begleiten. Und ich hoffe natürlich, dass sie da irgendwie ihre Leidenschaft finden. Und dann müssen wir dabei helfen, sich entfalten zu können.
Was ist für dich die größte Herausforderung am Elternsein und wie gehst du damit um?
Die größte Herausforderung? Man denkt halt ständig: Mache ich genug? Haben Sie, erleben sie genug? Haben sie ein tolles Umfeld? Als Elternteil macht man sich dann immer Sorgen. Aber im Endeffekt ist das, glaube ich, so ein bisschen die größte Herausforderung, dass man sich Sorgen macht, dass sie nicht alles haben, was sie brauchen, um sich ausleben zu
können. Man muss jeden Tag daran arbeiten und manche Sachen funktionieren besser als andere. Man lernt daraus.
Was hast du von deinen Kindern gelernt?
Gelernt habe ich, auch mal etwas naiv auf die Dinge zu schauen, vielleicht die Sachen einfach mal anzupacken – mal machen, ohne groß nachzudenken. Das ist glaube ich, eine schöne Sache, die man von Kindern lernen kann.
Gibt es irgendetwas Neues, was Dirk Nowitzki besonders gerne erlernen möchte?
Ich würde gern noch das Klavier spielen lernen, wenn ich mal ein bisschen Zeit habe. Ich habe es früher in meiner Kindheit gelernt, aber nur so ein Jährchen. Davon ist nicht mehr viel übriggeblieben. Eine neue Sprache wäre auch noch schön. Das sind eigentlich so meine persönlichen Ziele.
Wenn ich...
...an Würzburg denke.
Wenn ich an Würzburg denke, denke ich an meine Heimat, an meine Kindheit und an meine Familie.
...an Dallas denke.
Wenn ich an Dallas denke, denke ich an meine neue Familie, meine neue Heimat und an meine Basketballkarriere.
...an Kenia denke.
Wenn ich an Kenia denke, denke ich an die Familie meiner Frau, das Land selbst, und die Tatsache, dass wir uns für die Menschen dort einsetzen müssen.
...an Kinderrechte denke.
Wenn ich an Kinderrechte denke, würde ich sagen, dass wir müssen uns alle noch viel engagieren müssen und wir die Kinderrechte deutlich mehr in den Vordergrund rücken sollten.
...an zu Hause denke.
Zu Hause bedeutet für mich Familie, Kinder und eine tolle Zukunft.
...an Familie denke.
Familie bedeutet für mich Rückhalt und Unterstützung.
...an Diskriminierung denke.
Diskriminierung macht mich traurig – deswegen müssen wir alles dafür tun, sie zu beseitigen.
...an Schule denke.
Wenn ich an Schule denke, denke ich an meine Heimat, an Würzburg und an meine Freunde. Und an viele Lehrer auch.
...an Bildung denke.
Bildung bedeutet, Chancen für die Zukunft zu kreieren. Für die Kinder und Jugendlichen.
Das Gespräch führte Claudia Berger, UNICEF Deutschland, am 04.08.2024.
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