Der Bau neuer Windräder an Land ist in Deutschland auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren gesunken. Das bereitet RWE Kopfschmerzen. Auf der Suche nach einer Lösung muss der Stromkonzern mehrere Hürden überwinden.

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Der Stromkonzern RWE schlägt einen runden Tisch Windenergie vor, um den Bau von Windrädern an Land wieder in Gang zu bringen. "Der nächste große Knoten, den wir durchschlagen müssen, ist der fast zum Erliegen gekommene Ausbau bei Onshore-Windkraftanlagen", sagte die Chefin der RWE-Ökostromsparte, Anja-Isabel Dotzenrath, der Deutschen Presse-Agentur.

"Vielleicht könnte man einen ähnlichen Weg gehen wie beim Kohle- und Kernenergieausstieg: einen runden Tisch, der sich des Themas annimmt und konkrete Lösungsvorschläge macht." Alle Interessengruppen sollten beteiligt werden, auch Bürgerinitiativen.

Ein runder Tisch Windenergie müsse auch unpopuläre Vorschläge machen, "wie einfachere und schnellere Genehmigungsverfahren", so Dotzenrath.

Bau neuer Windräder auf tiefstem Stand seit mehr als 20 Jahren gesunken

Der Bau neuer Windräder an Land ist 2019 in Deutschland auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren gesunken. Nach vorläufigen Zahlen wurden nur 276 neue Anlagen in Betrieb genommen.

Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. Vor Ort kämpfen viele Bürgerinitiativen gegen den Bau.

In der großen Koalition gibt es seit Wochen Streit über den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Akzeptanz für Windparks in der Bevölkerung erhöht werden kann.

Der ursprüngliche Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes sah einen Mindestabstand von 1.000 Metern von Windrädern zur Wohnbebauung vor. Umstritten ist in der Koalition vor allem, dass laut dem Entwurf der Mindestabstand schon bei mehr als fünf Häusern greifen soll.

Mindestabstand von Windrädern zur Wohnbebauung sorgt für Diskussionen

"Bundesweite Windmühlen-Bannmeilen von einem Kilometer schon um kleinste Siedlungen herum würden die Windkraft abwürgen und sind überhaupt nicht notwendig", sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) dazu der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Samstag. "Dringend benötigte Fläche für den Ausbau der Windenergie würde wegfallen, das wäre Wahnsinn."

Für sie sei es nicht vorstellbar, dass man mit Abstandsregeln bei fünf Häusern anfange. "Da kann die SPD nicht mitgehen." Ein schnellerer Windkraftausbau gelinge nur, wenn man dafür den notwendigen Raum schaffe.

Der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, warnte: "Der Runde Tisch und die Scheckbuchpolitik beim Kohleausstieg mit Kosten von über 40 Milliarden Euro und planwirtschaftlichen Scheinlösungen dürfen keine Blaupause zur Lösung des GroKo-Dauerzoffs zur Windkraft werden."

Wie kann die Akzeptanz von Windrädern gesteigert werden?

RWE-Managerin Dotzenrath sagte, man solle die Flaute beim Ausbau der Windenergie an Land nicht an der 1000-Meter-Abstandsregel festmachen. "Die Debatte darum ist nur ein Symptom der fehlenden Akzeptanz für Infrastrukturprojekte."

Dotzenrath sieht in finanziellen Anreizen einen Weg, um die Akzeptanz von Windrädern zu steigern. "In den Gemeinden sollte das Geld dann zweckgebunden eingesetzt werden, damit die Bürger sehen, dass es einen Zusammenhang mit dem Bau von Windenergie an Land gibt." Die Unternehmen würden die Kosten in ihre Kalkulation einpreisen.

Der wegen seiner Braunkohlekraftwerke in der Kritik stehende RWE-Konzern baut seine Ökostromerzeugung aus. Der Großteil der Kapazitäten steht allerdings im Ausland.

In Deutschland verfüge RWE bei erneuerbaren Energien über eine Kapazität von 2 Gigawatt, sagte Dotzenrath. "Damit sind wir einer der ganz Großen." Die Ökostromerzeugung von RWE entspricht damit der Leistung von zwei der großen Braunkohleblöcke im Rheinischen Revier.

NRW-Ministerpräsident fordert mehr "Ehrlichkeit und Realismus"

"Wir wollen natürlich auch im Onshore-Bereich weiter in Deutschland investieren", sagte Dotzenrath. Das sei derzeit genehmigungsrechtlich aber schwierig. Das sei ein Problem für die Energiewende. "Wenn wir weiter nur abschalten und nicht irgendwann wieder etwas anschalten, wird es schwierig", sagte die Managerin.

Ähnlich argumentierte auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Der CDU-Politiker forderte "mehr Ehrlichkeit und Realismus".

Deutschland steige aus dem Atomstrom und der Kohleverstromung aus. Gleichzeitig lehnten Aktivisten Gas aus Russland ("wegen Putin") und aus den USA ("wegen Fracking") ab. Gegen Windkraftanlagen gebe es bundesweit rund 350 Klagen. Und der Ausbau der Stromnetze werde von den Anwohnern ebenfalls abgelehnt. So sei die Energiewende nicht zu bewältigen. (msc/dpa)

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