Der Industrie in Deutschland gehe es schlecht und der Kanzler ignoriere das. So sieht es zumindest laut einem aktuellen Interview der BDI-Chef Siegfried Russwurm.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat Bundeskanzler
Diese bleibe nach gut zwei Jahren im Amt ein wichtiger Gesprächspartner für die Industrie. "So kann man unsere Analysen auch abkanzeln, zeigt aber, dass im Kanzleramt der Ernst der Lage offenbar unterschätzt wird", sagte der BDI-Chef der Zeitung. Während die Unternehmensverbände mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) regelmäßig im Gespräch seien, sei von Scholz häufig nur das Zitat "Die Klage ist das Lied des Kaufmanns" zu hören.
Ergebnis der fehlgeleiteten Politik sei, "dass wir im Trend deutlich langsamer wachsen als fast alle vergleichbaren Länder und viele EU-Nachbarn", sagte der BDI-Präsident weiter. "Das heißt: Wir verlieren ihnen gegenüber kontinuierlich Marktanteile."
BDI-Chef Russwurm spricht über Subventionen im Einzelhandel
Russwurm verlangte in der "Süddeutschen Zeitung" eine ehrliche Debatte darüber, welche Industrien sich Deutschland angesichts der veränderten Weltlage noch leisten könne und wolle – und zu welchen Bedingungen. "Wenn uns strategische Souveränität wichtig ist, müssen wir in Kauf nehmen, dass auch sie ihren Preis hat und die höheren Kosten akzeptieren", sagte er. Dann seien im Einzelfall auch Subventionen vertretbar.
Die hohen Summen, die weltweit an Halbleiterfirmen ausgeschüttet würden, gefielen ihm jedoch nicht, sagte der BDI-Präsident. "Aber wenn Deutschland hier den einzigen Aufrechten gibt, der sich dem Spiel verweigert, dann gehen wir nicht nur bei Fabriken leer aus, sondern uns geht auch extrem wichtiges Knowhow verloren." Klar sei aber auch, dass manche Industrie mittelfristig aus Deutschland verschwinden werde. Als Beispiel nannte Russwurm die Ammoniak-Herstellung. (afp/dpa/the)
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