In nur wenigen Tagen soll bei einer Hauptversammlung entschieden werden, wie es mit der durch die Corona-Krise stark angeschlagenen Lufthansa weitergehen soll. Doch bei den Verhandlungen sind sich die Fluggesellschaft und die Gewerkschaften weiterhin uneins. Bei einer kleinen Beteiligung werden die Jobs kurzerhand gestrichen.
Bei der Lufthansa stehen wegen der Corona-Krise immer mehr Jobs auf der Kippe. Während auf Konzernebene noch mit Hochdruck über mögliche Sparbeiträge des Personals verhandelt wurde, gab die Beteiligung SunExpress am Dienstag die Einstellung ihres deutschen Flugbetriebs mit 20 Flugzeugen in Frankfurt bekannt. Betroffen sind rund 1.200 Mitarbeiter, die im aktuellen Umfeld schlechte Chancen auf neue Jobs im Luftverkehr haben.
Die Kunden sollen möglichst wenig spüren im ohnehin ausgedünnten Flugangebot der SunExpress, einem 50/50-Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines.
SunExpress stellt den Betrieb in Kürze ein
Die geplanten Flüge sollen von der türkischen Schwestergesellschaft, von Eurowings und von anderen Airlines abgewickelt werden, wie das Unternehmen mitteilte. Kunden würden automatisch umgebucht.
Künftig werde sich die Airline auf Flüge aus der Region Deutschland, Österreich und Schweiz in die Türkei sowie auf türkische Binnenflüge konzentrieren. Weitere Ziele im Mittelmeerraum fallen damit bei dem Ferienflieger weg.
Der Flugbetrieb werde in Kürze eingestellt und ein geordneter Liquidationsprozess eingeleitet, hieß es in einer Mitteilung von SunExpress. In den kommenden Wochen sollten Lösungen "in vertrauensvollen Gesprächen mit unseren Mitarbeitern und Sozialpartnern" erarbeitet werden.
Zuvor hatte Lufthansa bereits das Ende der Tochtergesellschaft Germanwings verkündet, ohne vorher die Sozialpartner zu konsultieren. In Köln geht es um 30 Flugzeuge und rund 1.400 Beschäftigte.
Gewerkschaften und Konzern ringen um Sparkurs
Zwei Tage vor der entscheidenden Hauptversammlung am Donnerstag dauerten auf Konzernebene die Verhandlungen mit den Gewerkschaften über mögliche Sparbeiträge der Belegschaft an.
Die Kabinengewerkschaft Ufo sieht die Parteien auf einem guten Weg, sich noch vor der Versammlung zu einigen und ein wichtiges Signal zu setzen. Der bereits erreichte gute Verhandlungsstand müsse in den andauernden Gesprächen noch verschriftlicht werden, erklärte Ufo-Geschäftsführer Nicoley Baublies.
Ziel der Gewerkschaft sei ein Beschäftigungsschutz über vier Jahre, sagte Baublies. Um Personalkosten abzubauen werde über Abfindungen, Vorruhestand und kollektive Einsparungen bei den Flugbegleitern gesprochen. Diese beträfen eher Zulagen und Arbeitszeitregelungen als die Grundgehälter.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit hat nach eigenen Angaben einen Sparbeitrag von rund 350 Millionen Euro vorgeschlagen, was in der Spitze zu Gehaltseinbußen von bis zu 45 Prozent führe.
Die für das Bodenpersonal zuständige Gewerkschaft Verdi hatte bereits am Montag klar gemacht, dass sie erst am Freitag und damit nach der Hauptversammlung weiter verhandeln will.
Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Der von der Corona-Krise hart getroffene Konzern mit weltweit rund 138.000 Beschäftigten hat wegen der dauerhaft geringeren Nachfrage den Personalüberhang auf 22.000 Stellen beziffert. Davon entfallen rund 11.000 Stellen auf Deutschland. Bei den Verhandlungen sollen Maßnahmen vereinbart werden, um möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten. Das sind zum Beispiel ausgeweitete Teilzeitmodelle und der Verzicht auf Gehaltssteigerungen und Zulagen.
Lufthansa hatte ursprünglich für Montag den Abschluss der Gespräche angekündigt. Auf der Hauptversammlung entscheiden die Aktionäre über eine Kapitalbeteiligung des Bundes. Sie ist Teil eines 9 Milliarden Euro schweren Pakets zur Rettung des Luftverkehrskonzerns vor der Zahlungsunfähigkeit.
Die Zustimmung der Aktionäre gilt aber als fraglich, weil der größte Einzelaktionär, Heinz Herrmann Thiele, massive Kritik an der Staatsbeteiligung geäußert hat.
Mit seinem Anteil von mindestens 15,5 Prozent könnte der Milliardär den Staatseinstieg blockieren, so dass eine Insolvenz wahrscheinlicher würde. Lufthansa hat sich nach Angaben ihres Chefs Carsten Spohr auch auf dieses Szenario vorbereitet. © dpa
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