Nach drei Jahren mit sinkenden Marktanteilen sind die Discounter zurück in der Erfolgsspur. Dabei punkten sie beim Kampf um Kunden und Marktanteile aber nicht mehr nur mit dem Preis. Denn hier können Premium-Supermärkte schon längst mithalten. Stattdessen entwickeln Aldi und Co. neue Strategien, um ihre Marktmacht zu behaupten.
Seit Anfang der 2000er Jahre hatten Discounter im Lebensmittelmarkt Marktanteile gewonnen. Das größte Verkaufsargument: der günstige Preis im Vergleich zu klassischen Supermärkten. Doch dann stagnierte seit 2008 bei Aldi, Lidl und Co. das Wachstum, während die Premium-Märkte rund um Edeka und Rewe wieder zulegen konnten. Nun scheinen die Discounter wieder zurück in die Erfolgsspur gefunden zu haben.
Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geht davon aus, dass die Lebensmittel-Discounter in diesem Jahr sogar ein richtiges "Comeback" erleben werden. Bereits seit August 2012 sind die Umsätze wieder gewachsen, im Januar und Februar dieses Jahres belief sich das Plus auf gut fünf Prozent.
Mit einem geschätzten Umsatz von 62,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr ist Aldi weiter der Riese unter den Discountern. Laut Brancheninformationsdienst Planet Retail soll dieser bis 2016 auf 66,8 Milliarden Euro steigen. Doch die Konkurrenz schläft nicht: "Spätestens 2016 löst Lidl den Rivalen Aldi als weltweit größten Discounter ab", sagte Discountexperte Matthias Queck von Planet Retail der "Wirtschaftswoche". Er geht davon aus, dass die globalen Aldi-Umsätze bis 2016 auf 66,8 Milliarden Euro steigen. Die von Lidl sollen dann bei 67,9 Milliarden Euro liegen.
Vom Discounter zum Supermarkt?
Auf die gestiegene Konkurrenz hat Aldi Süd bereits reagiert und seine Strategie zugunsten von mehr Markenprodukten verändert. Als letzter Discounter nahm Aldi Süd vor kurzem beispielsweise Coca Cola in sein Sortiment auf: "Aldi beugt sich da dem Druck des Marktes. Keine Coca-Cola, kein Nutella, das kann schon ein K.o.-Kriterium sein. Der Kunde geht dann lieber zu Lidl, Penny oder Netto, da der Rest der Produkte quasi austauschbar ist", sagte Markenexperte Stefan Duphorn unserem Portal.
Dem Beispiel aus dem Süden folgt nun auch Aldi Nord: Aufgemöbelte Filialen, Backstationen und Markenprodukte sollen vor allem Supermarkt-Käufer anlocken. Dass das gelingen kann, zeigt das vergangene Weihnachtsgeschäft. Vor allem dank der offensiv beworbenen Premium-Lebensmittel konnten die Discounter punkten: Laut GfK steigerten sie ihren November-Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um gut 10 Prozent, die übrigen Märkte kamen nur auf ein Plus von 8,5 Prozent.
Gibt es also bald gar keinen Unterschied mehr zwischen Premium-Supermärkten und Discountern? "Was das Sortiment angeht, nähern sich beide tatsächlich an: Discounter erweitern ihre Sortimente, Aldi ergänzt um Markenartikel, Supermärkte haben ihre Eigenmarken ausgeweitet und folgen den Preisen von Aldi und Lidl", stellte Dieter Brandes, Ex-Aldi-Manager und heutige Berater von Handelsunternehmen, Anfang 2013 fest.
Günstig auch beim Premium-Supermarkt einkaufen
Mit den günstigen Eigenmarken erhöhen die Supermärkte ihrerseits den Preisdruck auf die Discounter. Eine Studie des Deutschen Instituts für Service-Qualität aus dem vergangenen Jahr ergab, dass der Kunde einen Warenkorb mit 27 Produkten des täglichen Bedarfs immer noch am günstigsten bei Aldi Nord (25,64 Euro) einkaufen kann. Im Vergleich zum teuersten Supermarkt, dem Familia Nordost, konnten hier gut zwei Euro (7 Prozent) gespart werden. Im Vergleich zu Rewe (26,64 Euro) war der Testkauf beispielsweise bei Aldi Süd (25,91 Euro) und Lidl (26,11) aber nur unwesentlich günstiger.
Insgesamt zeigt der vergleichsweise geringe Unterschied, dass Premium-Supermärkte beim Preis durchaus mit Discountern mithalten können - dank Handelsmarken wie "ja!" oder "Gut&Günstig", die ebenso günstig wie No-Name-Produkte vom Discounter sind. Das sieht auch Markenexperte Duphorn so: Zwar gingen Verbraucher ganz klar mit der Erwartung zum Discounter, Geld zu sparen. Doch der Schein trügt: "Im Supermarkt gibt es die gleichen Produkte zum gleichen Preis", sagte Duphorn mit Bezug auf die Eigenmarken der Premium-Supermärkte.
Womit die Discounter in Zukunft aber wohl weiter punkten können, sind neue Geschäftsfelder. Schon jetzt tendiere Aldi zu einem neuen Format: Durch den steigenden Non-Food-Anteil – also Artikel, die nicht zum Kernsortiment Lebensmittel gehören – werde der Discounter zunehmend zu einer Art Warenhaus. "Der Umsatzanteil beträgt 20 Prozent, bald vielleicht 30 Prozent", meint Ex-Aldi-Manager Brandes.
Dass Aldi beim Erschließen neuer Geschäftsfelder besonders innovativ ist, zeigt auch der jüngste Coup: Der Discounter ist seit Anfang April im neuen Markt mit innerdeutschen Fernbusfahrten vertreten.
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