- China kauft sich vor allem in deutsche Maschinenbau- und Konsumgüterunternehmen ein.
- Bei ausländischen Investitionen in Deutschland liegt China auf Rang 10.
- Mögliche Insolvenzwelle in Deutschland aufgrund der Energiekrise kommt chinesischen Investoren entgegen.
Der chinesische Konzern Cosco will eine Beteiligung an dem Terminal "Tollerort" des Hamburger Hafens kaufen. Diese Meldung machte in den letzten Wochen viele Schlagzeilen. Dabei ist ein solches Vorgehen Chinas alles andere als neu. In ganz Europa haben die chinesischen Staatskonzerne COSCO und CMP bisher bereits in elf Häfen investiert, wie die Denkfabrik "Mercator Institute for China Studies" analysiert hat.
Die größte Beteiligung hält China an dem griechischen Hafen in Piräus. Dort hat der chinesische Staat Anteile in Höhe von 85,5 Prozent gekauft. In der Griechenlandkrise rund um das Jahr von 2014 sah China die Gelegenheit, in dem Land zu investieren. In den anderen europäischen Hauptstädten wurde zu der Zeit mühsam über die Rettungspakete für Griechenland gerungen.
Viele dieser chinesischen Aktivitäten laufen derzeit unter der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit ab. Etwa in Duisburg. Dort wollte ein weiterer chinesischer Konzern sich ebenfalls an einem Terminal beteiligen, ließ aber seine Bemühungen vorerst wieder fallen, wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich berichtete. Auch in Wilhelmshaven plant ein chinesischer Konzern Großes. Dort soll am Jade-Weser-Port ein Logistikzentrum errichtet werden.
Chinesischer Einfluss in der deutschen Wirtschaft wächst immer weiter
Derzeit befinden sich 274 Unternehmen in Deutschland komplett in chinesischem Besitz. Dies ergeben Zahlen der Datenbank des Portals "Die Deutsche Wirtschaft". Damit liegen chinesische Eigentümer auf Platz zehn in einer Rangliste, welche Unternehmen in Deutschland in ausländischem Besitz nach Ländern ordnet. Ganz vorn in diesem Ranking stehen die USA und Großbritannien. Derzeit gibt es 1.843 Unternehmen in Deutschland, die einen amerikanischen Eigentümer haben.
Aufschlussreich ist auch die Aufschlüsselung der Eigentümerverhältnisse nach Branchen. So sind 68 deutsche Unternehmen im Bereich Maschinenbau in chinesischem Besitz. In der Konsumgüterbranche sind es derzeit 43 und in der Automobilindustrie 38. Unter den Unternehmen, die mittlerweile einen chinesischen Eigentümer haben, finden sich einige bekannte Marken. Hierzu zählen der Augsburger Robotik-Spezialist Kuka, der Elektronikhersteller Medion, der Maschinenbauer Krauss Maffei Group oder der Bekleidungshersteller Tom Tailor.
Infrastruktur für Telekommunikation sensibel für chinesischen Einfluss
Fraglich ist, ob China seine Beteiligung an Unternehmen theoretisch dazu nutzen könnte, Deutschland politisch unter Druck zu setzen. Der Wirtschaftsexperte Christian Rusche hält dies für möglich, doch gibt gleichzeitig ein Stück weit Entwarnung. Die Auswirkungen solcher Versuche, "wären mangels Masse zu vernachlässigen", sagt Rusche. Die größten Schwachpunkte für mögliche chinesische Angriffe sieht der Experte in den Bereichen Telekommunikation und Erneuerbare Energien. Wenn überhaupt könnte der chinesische Staat hier ansetzen, um Deutschland unter Druck zu setzen. Gleichzeitig könnte sich dies jedoch auch zu einem Bumerang entwickeln. Denn dies würde auch zu "erheblichen Schäden in China" führen, erklärt Rusche.
Falls es zu einem solchen Fall chinesischer Einflussnahme auf die deutsche Wirtschaft kommen sollte, müsste der Staat in der Lage sein, sich wehren zu können. Mit dem Wegfall der russischen Gaslieferungen stand Deutschland vor Kurzem vor einem ähnlichen Problem. Wirtschaftsexperte Rusche weist aber auch hier auf die Handlungsmöglichkeiten des deutschen Staates hin, wenn es um Unternehmensbeteiligungen bei sensibler Infrastruktur geht.
"Diese Beteiligungen sind quasi per Definition im Einflussbereich der deutschen Regierung und im Zweifel kann darauf zugegriffen werden, was bis zur Verstaatlichung gehen kann", sagt Rusche. So gesehen könnten nach Einschätzung des Experten auch mögliche chinesische Angriffe auf das Telekommunikationsnetz in Deutschland vom deutschen Staat mit gleichen Mitteln beantwortet werden, wie schon im Fall Gazprom Germania.
Lesen Sie auch:
- Ukraine-Krieg bis Taiwan: Diese brisanten Themen hat Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner China-Reise im Gepäck
- "Morning Briefing": China - Partner oder Rivale?
Mögliche Insolvenzwelle aufgrund der Energiekrise kommt China entgegen
Dieses wirtschaftspolitische Vorgehen sei alles Teil der von China seit Längerem propagierten Strategie der "Neuen Seidenstraße". Es handelt sich hierbei um ein weltumspannendes infrastrukturelles Großprojekt. Mit diesen und weiteren Aktivitäten soll das zentrale Ziel aktueller chinesischer Wirtschaftspolitik erreicht werden: "Eigene Abhängigkeiten sollen so abgebaut werden, während gleichzeitig lukrative Branchen besetzt werden sollen, die China auch international Einfluss ermöglichen", erklärt Wirtschaftsexperte Rusche.
Deutschland spiele dabei gegenwärtig zwar eine Rolle, aber nicht die Hauptrolle, sagt der Experte. Doch Christian Rusche spricht mit Blick auf die kommende Entwicklung der deutschen Wirtschaft infolge der Energiekrise auch eine Warnung aus: "Falls es in Deutschland jedoch zu einer Insolvenzwelle kommen sollte, könnte dies chinesische Investoren anlocken, die das Know-how dann günstig erwerben."
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Christian Rusche
- merics.org: COSCO takes stake in Hamburg Port terminal
- die-deutsche-wirtschaft.de: Deutsche Unternehmen in chinesischem Besitz
- Süddeutsche Zeitung: Hamburg ist nur ein Puzzleteil, 27. Oktober 2022
- Institut für Weltwirtschaft Kiel: Deutschland für chinesische Investoren besonders attraktiv
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.