Die Corona-Pandemie hat laut dem Internationalen Währungsfonds eine "beispiellose" Wirtschaftskrise ausgelöst. Von der Billionen schweren Rezession bleibt laut Ansicht der Experten "kein Land verschont". Das gilt auch für Deutschland. Doch die Wirtschaft in der Bundesrepublik sieht ein Licht am Ende des Tunnels.

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Wegen der Corona-Krise wird die globale Wirtschaftsleistung nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem und im nächsten Jahr insgesamt um 12,5 Billionen Dollar (11 Billionen Euro) geringer ausfallen.

"Wir sind in einer beispiellosen Krise", sagte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath am Mittwoch. Die Welt erlebe in diesem Jahr "die schlimmste Rezession" seit der Weltwirtschaftskrise vor rund 90 Jahren, "Kein Land bleibt verschont", sagte sie bei der Vorstellung der jüngsten IWF-Wirtschaftsprognose.

Als Konsequenz der Krise werde die öffentliche Verschuldung relativ zur Wirtschaftsleistung dieses Jahr den bisherigen Höchststand vom Ende des Zweiten Weltkriegs übertreffen.

Die Konjunktur müsse gestützt werden und ärmere Länder bräuchten zudem mehr Hilfe der reichen Länder, forderte Gopinath. "Diese Krise ist nicht vorbei", betonte sie.

Deutsche Wirtschaft sieht "Licht am Ende des Tunnels"

Der IWF rechnet in diesem Jahr mit einem globalen Wirtschaftseinbruch um 4,9 Prozent, vor allem weil Verbraucher wegen der Corona-Krise weniger konsumieren. Im April hatte der IWF noch ein Schrumpfen von 3 Prozent vorhergesagt.

Im Januar, vor der Ausbreitung des Coronavirus, hatte der IWF sogar noch ein Wachstum von 3,3 Prozent erwartet. Ein positives Signal kam hingegen aus den deutschen Unternehmen. Deren Stimmung hat sich im Juni kräftig erholt.

Das Ifo-Geschäftsklima stieg im Vergleich zum Vormonat um 6,5 Punkte auf 86,2 Zähler, wie das Ifo-Institut am Mittwoch in München mitteilte. Dies sei der stärkste jemals gemessene und der zweite Anstieg des wichtigen Konjunkturindikators in Folge, nachdem er im März und April drastisch eingebrochen war.

Die Unternehmen bewerteten ihre momentane Lage im Juni etwas besser, die Zukunftsaussichten sogar wesentlich besser. "Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels", bemerkte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Das Geschäftsklima stieg in allen Bereichen an, also in der Industrie, unter Dienstleistern, im Handel und am Bau.

"Müssen uns auf massive Insolvenzwelle einstellen"

Die Gruppe der Industrieländer wird nach Einschätzung des IWF besonders von der Coronakrise betroffen sein. Für die Länder der Eurozone geht der IWF in diesem Jahr von einem Wirtschaftseinbruch von 10,2 Prozent aus.

Für Frankreich, Italien und Spanien prognostiziert der IWF in diesem Jahr nun ein deutlich stärkeres Minus um jeweils mehr als 12 Prozent. Für die USA, die weltgrößte Volkswirtschaft, erwartet der IWF einen Rückgang um 8 Prozent (April-Prognose: 6,1 Prozent).

In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt um 7,8 Prozent schrumpfen, wie der IWF mitteilte. Im April war der Währungsfonds noch von 7,0 Prozent ausgegangen. Die "Wirtschaftsweisen" des Sachverständigenrats der Bundesregierung hatten in ihrer Prognose vom Dienstag mit einem Rückgang um 6,5 Prozent gerechnet.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befürchtet sogar ein Minus von mehr als 9 Prozent. DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte im RBB-Inforadio: "Wir müssen uns im zweiten Halbjahr, nach dem 30. September, auf eine massive Insolvenzwelle einstellen, einfach weil viele sagen‚ ich kriege doch nicht die Kurve."

Der globale Wirtschaftseinbruch bedeute "einen katastrophalen Schlag für den Arbeitsmarkt", erläuterte der IWF. Besonders betroffen davon seien die ärmeren und weniger gebildeten Arbeitnehmer, die meist nicht von Zuhause arbeiten könnten, hieß es.

Wegen der Pandemie würden viele Menschen erneut in die Armut abrutschen. Auch die zeitweise Schließung von Schulen treffe Kinder in ärmeren Staaten besonders hart, erklärte der IWF.

IWF rechnet mit Erholung und warnt vor Schuldenkrise

Für kommendes Jahr rechnet der IWF allerdings mit einer Erholung. Die globale Wirtschaft soll demnach 2021 um 5,4 Prozent zulegen - das wären 0,4 Prozentpunkte weniger als im April prognostiziert. Die Länder der Eurozone sollen um 6 Prozent wachsen, Deutschlands Wirtschaft um 5,4 Prozent.

Die in Washington ansässige Organisation warnte zudem, dass sich die Lage auf den Finanzmärkten trotz der Interventionen von Zentralbanken wieder zuspitzen könnte.

Die jüngste positive Entwicklung der Märkte "scheint nicht mit den Veränderungen der zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Aussichten zusammenzuhängen", warnte der IWF. Sollte es zu einer erneuten Zuspitzung der Lage an den Märkten kommen wie zu Anfang des Jahres, drohten auch Schuldenkrisen, hieß es weiter. (dpa/thp)

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