Nachdem die Produktion beim Fleischkonzern Tönnies wegen eines massiven Corona-Ausbruchs für mehrere Wochen still stand, sollte es nun eigentlich wieder weitergehen. Doch schon nach wenigen Stunden wurde der Betrieb erneut gestoppt. Arbeitsminister Hubertus Heil will indes bald einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vorlegen.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Kurz nach der Wiederaufnahme des Betriebs beim Fleischkonzern Tönnies gibt es eine erneute Zwangsunterbrechung: Die Schlachtung am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück werde am Freitag später beginnen, teilte ein Tönnies-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mit. Wann genau das sein sollte, konnte er nicht sagen.

Bei Kontrollen durch die Bezirksregierung sei das Unternehmen am Donnerstagnachmittag darüber informiert worden, "dass wir an Arbeitspositionen zusätzliche Umrüstungen vornehmen müssen", sagte der Sprecher. Dies sei auch schon passiert, ein Sachverständiger müsse die Änderungen aber noch abnehmen. Zuvor hatten Medien über die Unterbrechung berichtet.

Die Zerlegung sei davon nicht betroffen. Nach Angaben eines dpa-Reporters wurden am Freitagmorgen zunächst keine weiteren Schweine in das Werk transportiert.

Verwunderung von Unternehmensseite

"Wir sind durchaus verwundert darüber, dass Abläufe und Prozesse, die seit über 20 Jahren genehmigt sind und seitdem jährlich mehrfach amtlich kontrolliert wurden, nunmehr bemängelt werden", sagte der Tönnies-Sprecher. Es werde aber eng mit den Behörden zusammengearbeitet.

Erst am Donnerstag war die vierwöchige Zwangspause nach einem massiven Corona-Ausbruch bei Deutschlands größtem Schlachtkonzern beendet worden. Die ersten Schweine wurden wieder angeliefert.

In der ersten Schicht wurden rund 8.000 Tiere geschlachtet. Für den nächsten Produktionsschritt, die Zerlegung der Schweine, hatten die Behörden am Donnerstagabend grünes Licht gegeben. Tönnies schlachtet am Hauptsitz in Ostwestfalen im Normalbetrieb pro Tag je nach Marktlage zwischen 20.000 und 25.000 Schweine.

Probelauf im besonders gefährdeten Zerlegungsbereich

Für den besonders virusgefährdeten Zerlegebereich startet indes am Freitag ein Probelauf. Unter der Aufsicht von Behörden sollen nach technischen und organisatorischen Veränderungen dort probeweise wieder geschlachtete Schweine zerlegt werden.

In dem Bereich der Zerlegung waren die meisten der insgesamt mehr als 1.400 mit Corona infizierten Mitarbeiter tätig. Mit neuer Filtertechnik, Plexiglas-Trennscheiben und mehr Zuführung von Frischluft will Tönnies in Zukunft die Verteilung von Viren unter den Arbeitern über die Umluftanlage verhindern. Am Donnerstagabend hatten die Behörden den Betriebsstopp für diesen Teilbereich aufgehoben.

Das neue Hygienekonzept von Tönnies sei zwei Wochen lang von verschiedenen Behörden geprüft worden, hatte der Gütersloher Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) in einem Interview des Nachrichtensenders "Welt" am Donnerstag gesagt. Es halte vielen Dingen stand, die wichtig waren, insbesondere das Thema Belüftung.

"Ganz wichtig ist, dass durch die jetzt aufgestellten Filter es möglich ist, im gesamten Zerlegebereich, in dem sich das Virus ja auch ausgetobt hat, innerhalb von einer Stunde die Luft drei Mal komplett auszutauschen", erläuterte der Landrat. Der Probelauf im Zerlegebereich solle zeigen, ob die Dinge im Echtbetrieb so laufen, wie man sich das vorgestellt hat. "Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis", erklärte Adenauer.

Landrat: "Richtige Aufpasser" sollen für Einhaltung der Maßnahmen sorgen

Der Landrat betonte, dass es neben der Lüftung auch um einfache Dinge gehe - etwa, dass die Menschen tatsächlich ihre Masken aufbehalten, dass der Abstand eingehalten wird. "Da gibt es also richtige Aufpasser, sag ich mal, die dafür gerade stehen müssen. Wir sind aber auch als Behörden vor Ort."

Adenauer hält nach der schrittweisen Wiederinbetriebnahme des Hauptwerkes von Tönnies permanente Kontrollen für angebracht. "Möglicherweise auch - das war mal eine Idee, die mir gekommen ist, ich weiß aber nicht, ob die umsetzbar ist - mit 'ner Videoüberwachung", sagte er "Welt" weiter.

"Wir wollen eben, dass die Menschen, die dort arbeiten, dass die keiner Gefahr ausgesetzt sind." Es gehe auch weiter um den Schutz der Bevölkerung.

Landtag will über "Schweine-Staus" beraten, Heil plant Gesetz

In Deutschlands größtem Fleischwerk in Rheda-Wiedenbrück war am Donnerstag nach der rund vierwöchigen Zwangspause erstmals wieder geschlachtet worden. Dafür wurden laut der Firma rund 8.000 Schweine angeliefert. Tönnies schlachtet am Hauptsitz in Ostwestfalen im Normalbetrieb pro Tag je nach Marktlage zwischen 20.000 und 25.000 Schweine.

Der nordrhein-westfälische Landtag berät am Freitag über die Folgen des "Schweine-Staus", der nach coronabedingten Schließungen von Schlachthöfen in Mastbetrieben entstanden ist. Da zahlreiche Tiere nicht geschlachtet werden konnten, wurde vielerorts der Platz knapp.

Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie gehe davon aus, dass der Stau nach dem Neustart bei Tönnies zügig abzuarbeiten sei. Das Tierwohl sehe sie derzeit nicht gefährdet.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will indes noch in diesem Monat einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vorlegen. Im Kern werde es Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche nicht mehr geben, sagte der SPD-Politiker in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart".

Beim Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten von Fleisch werde es um Festanstellungen gehen und um anständige Löhne. Heil nannte zudem die Überwachung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz und in Unterkünften, eine digitale Arbeitszeiterfassung und schärfere Kontrollen der Länderbehörden.

"Wir werden gezielt in der Branche aufräumen", kündigte der Minister an. Ende des Monats solle das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschließen. Auf freiwillige Ankündigungen der Fleischbranche werde man nicht mehr setzen, betonte Heil. (dpa/ank)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © Guido Kirchner/dpa