- Hohe Temperaturen und wenig Regen führen zu niedrigen Pegelständen in den Flüssen.
- Schiffe können nur mit halber Last fahren, was zur Erhöhung der Transportkosten führt.
- Auch in den nächsten Wochen wird mit weiterhin geringen Pegelständen gerechnet.
Aktuell herrscht in Deutschland eine akute Trockenheit, ähnlich wie schon in den Jahren 2018 und 2019. Dies geht aus dem "Dürremonitor" des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung hervor. Besonders im Osten von Deutschland und im Südwesten gab es in diesem Jahr bisher zu wenig Niederschläge. Auch der Rhein ist betroffen. An der Weser ist der Binnenschiffverkehr eingestellt worden und auch die Spree ist extrem seicht geworden.
Mittlerweile sind manche Pegelstände bedrohlich der Schwelle nahe gekommen, an der Schiffsverkehr kaum noch möglich sein wird. Bis zu einem Pegelstand von etwa 30 bis 35 Zentimetern an der Engstelle nahe Kaub in Rheinland-Pfalz könnten flachgehende Binnenschiffe die Mittelrheinstrecke noch passieren, erklärte die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) vor kurzem nach Informationen der SZ. Am 17. August wurden laut Mess-Portal Pegel Online in Kaub nur noch 33 Zentimeter Wassertiefe gemessen. Noch am vergangenen Freitag lag der Pegel bei 42 Zentimetern.
Fahrverbote treten aber nicht ab einem gewissen Punkt automatisch in Kraft, so die Bundesanstalt für Gewässerkunde. Jeder Fuhrunternehmer entscheide selbst, wann er den Betrieb einstelle. Entscheidend hierfür sei die sogenannte "Wirtschaftlichkeitsschwelle". Wenn die Betriebskosten zu hoch werden, stellen dann die Unternehmer die Schifffahrt von sich aus ein, weil sich ihr Geschäft nicht mehr lohnt.
Kosten für Transport von Rohstoffen erhöhen sich
Durch die niedrigen Pegelstände der Flüsse könnten Frachtschiffe nur noch bis maximal zur Hälfte beladen werden, sagt Guido Baldi vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Dadurch würden sich die Kosten erhöhen, weil die ursprüngliche Ladung auf mehrere Schiffe geladen werden müsse. Dies betrifft aktuell Transporte von Kohle, Diesel und Benzin.
Weil sich Deutschland aufgrund des Ukraine-Krieges unabhängig von russischem Gas machen will, transportieren derzeit besonders viele Schiffe große Mengen an Steinkohle, sagt Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), am Dienstag in der Süddeutschen Zeitung. Auch sind gegenwärtig mehr Agrarprodukte als sonst auf Schiffen unterwegs, nicht zuletzt wegen der Verteilung von ukrainischem Getreide innerhalb Europas.
Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sieht Guido Baldi vom DIW bisher aber noch keine dramatischen Folgen, auch wenn das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal niedriger ausfallen könnte, als zunächst erwartet. Problematisch sei allerdings die sowieso schon angespannte Lage der Energieversorgung.
Die niedrigen Pegelstände würden vor allem die Unsicherheit bezüglich der Energieversorgung noch zusätzlich erhöhen, so Baldi. Durch die Verzögerungen bei den Transporten könnte nach Ansicht des Experten wegen des niedrigen Standes des Rheins auch die Versorgung von Kohlekraftwerken in NRW nicht ausreichend gewährleistet werden. Die Folge hiervon wäre dann sogar eine "Drosselung der Stromproduktion".
Doch Alternativen zum Transport auf Wasserstraßen sind nicht einfach zu finden. Ein Ausweichen auf LKW oder Bahn könnte die aktuellen Probleme nicht kompensieren. Dies erklärt Hans-Heinrich Witte, der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt auf tagesschau.de. Denn ein 110-Meter langes Binnenschiff könne allein schon 3000 Tonnen Ware transportieren.
Die Bundesregierung versucht nun trotzdem, zumindest schrittweise gegenzusteuern. Sie will auf die Schiene setzen und Transporten mit der Bahn, die der Energieversorgung dienen, einen Vorrang einräumen. "Ziel ist es, den Betrieb von Kraftwerken, Raffinerien, Stromnetzen sowie von weiteren lebenswichtigen Betrieben sicherzustellen", heißt es in einem Papier aus dem Wirtschaftsministerium vom vergangenen Sonntag, aus dem das ZDF zitiert.
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Auch in kommenden Wochen kaum Entspannung
Entspannung kann nur durch Regenfälle kommen. Diese Niederschläge müssten in Deutschland und in der Schweiz niedergehen, wo der Rhein entspringt. Doch sollte dies ausbleiben, könnte die Lage sich noch weiter zuspitzen. "Sollten die Trockenheit und die niedrigen Pegelstände noch mehrere Wochen anhalten, wären noch höhere negative Effekte auf die Konjunktur möglich", erklärt Guido Baldi vom DIW.
Auch die langfristigen Prognosen sehen nach Ansicht der Bundesanstalt für Gewässerkunde düster aus. Dominik Rösch, Sprecher der Bundesanstalt, weist darauf hin, dass sich die Anzahl von "Niedrigwassersituationen" nach Untersuchungen seines Hauses in Zukunft noch erhöhen könnten. Dies gelte "insbesondere in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts und unter der Annahme eines geringen Erfolges im Klimaschutz".
Für die nächsten Wochen gibt Rösch ebenfalls keine Entwarnung. Die angekündigten Niederschläge würden zwar die Pegel etwas erhöhen. Für eine Entspannung der Lage seien die erwarteten Regenmengen jedoch zu gering. Bis Mitte September erwartet die Bundesanstalt für Gewässerkunde "leichte Wasseranstiege und eine Stabilisierung der Wasserstände auf niedrigem Niveau."
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Guido Baldi
- Gespräch mit Dominik Rösch, Sprecher der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG)
- Bundesanstalt für Gewässerkunde: Informationen zu Niedrigwasser in Bundeswasserstraßen
- Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung: Dürremonitor
- Pegel Online: Mess-Portal
- Tagesschau.de: Zu wenig Wasser - was das für Flüsse bedeutet
- Süddeutsche Zeitung: Pegel nur noch knapp über 40 Zentimeter
- ZDF: Öl, Gas, Kohle: Energietransporte bekommen bei Bahn Vorrang
- Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), zitiert in: Christian Wernicke – Es droht der Infarkt, in: Süddeutsche Zeitung, 16.08.2022, S. 5.
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