Gedacht sind sie für kurze Wege. Aber abgestellt werden sie auch auf Geh- und Radwegen oder landen gar in Flüssen: E-Scooter. Seit fünf Jahren sind sie erlaubt. Beliebt sind sie nicht überall.
Die einen hassen sie, die andere lieben sie: E-Scooter. Vor fünf Jahren wurden die elektrischen Tretroller in Deutschland zugelassen. Seitdem stehen sie in den Innenstädten der Republik - neben eigens geschaffenen Flächen häufig auch auf Geh- und Fahrradwegen. Die Kritiker beklagen rücksichtsloses Fahren. Eine Übersicht, was sich in Deutschlands Innenstädten getan hat:
Regeln für E-Scooter
Seit 15. Juni 2019 düsen E-Scooter mit Betriebserlaubnis durch Städte und Dörfer. Am diesjährigen Tag der Verkehrssicherheit jährt sich ihre Zulassung zum fünften Mal. Eingeführt wurden sie, damit Nutzerinnen und Nutzer die sogenannte erste und letzte Meile zurückzulegen. Laut einem Sprecher der Verleihfirma Voi endet tatsächlich circa jede zweite Fahrt in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Auch wenn sie zum Alltagsbild gehören, fragen sich nach wie vor viele Menschen, welche Vorschriften für die elektrischen Roller gelten. E-Scooter dürfen ab 14 Jahren benutzt werden und maximal 20 Stundenkilometer schnell sein. Falls vorhanden, muss der Radweg benutzt werden, ansonsten die Straße - Bürgersteige sind verboten. Das Fahren zu zweit ist ebenfalls untersagt. Auch das scheint viele nicht zu stören, es ärgern sich vor allem die Kritiker.
Ringen um Regulierungen
Doch der Vormarsch der Roller ist vorerst gestoppt. Aus den öffentlichen Verkehrsmitteln einiger Städte wurden die E-Scooter mittlerweile wegen Explosions- und Brandgefahr verbannt, etwa in Hamburg oder München. Auch in Leipzig dürfen Fahrgäste seit Mai keine E-Scooter mehr mitnehmen.
Gänzlich verschwinden mussten die Tretroller zum Ausleihen Ende April in Gelsenkirchen. Die Stadt hatte von den Verleihfirmen verlangt, dass sie die Identität ihrer Nutzer feststellen müssen. Die Anbieter hatten sich dagegen gewandt, scheiterten aber in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Dabei handele es sich allerdings nicht um eine endgültige Entscheidung, betonte ein Sprecher der Firma Bolt vor einigen Wochen.
Das Vorgehen in der Ruhrgebietsstadt ist deutschlandweit bislang einzigartig. Aber: "Insgesamt ist in den Kommunen ein Trend zu einer zunehmenden Regulierung in diesem Bereich zu beobachten", heißt es vom Deutschen Städte- und Gemeindebund jüngst. Vielfach würden konkrete Kontingente oder Fahrverbotszonen für Leih-E-Tretroller vorgegeben.
Schon zu Beginn der Zulassung wurde zudem diskutiert, ob es Einschränkungen der E-Scooter in den Wintermonaten geben solle. Laut Anbieter Bolt schränken sie die Nutzung ihrer Roller im Winter generell nicht ein. Im vergangenen Winter hatten sie demnach jedoch ihre E-Scooter-Flotte in einzelnen Städten wegen Glatteis und Schneefall proaktiv deaktiviert.
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Leih-Verbot auch in Paris
Auch im europäischen Ausland gibt es schon Einschränkungen. So sind die Leih-Scooter seit September in Paris verboten, nachdem sich in einer Bürgerbefragung 89 Prozent der Beteiligten gegen E-Scooter-Verleihe ausgesprochen hatte.
Eine Mehrheit der Erwachsenen stand vergangenen Herbst auch in Deutschland E-Scootern negativ gegenüber: Einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zufolge sahen 51 Prozent der Befragten die mit Akku betriebenen Roller eher oder gar sehr negativ. 23 Prozent hingegen hatten ein eher oder sehr positives Bild.
Entwicklung der Unfälle durch E-Scooter
Immer wieder sind die Geräte in Unfälle verwickelt. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das zeigen vorläufige Daten des Statistischen Bundesamts. Im vergangenen Jahr gab es 9439 Unfälle mit Personenschaden in Deutschland. 2022 waren es noch 8443 Unfälle.
Nach Ansicht von Christopher Spering, Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Universitätsmedizin Göttingen, muss die gestiegene Unfallzahl aber auch im Kontext der vermehrten Nutzung gesehen werden. So lässt es sich ihm zufolge schwer sagen, ob E-Scooter gefährlicher seien als etwa Fahrräder. Aus Sicht der Fahrzeugtechnik könne es eigentlich nicht als Fahrzeug bezeichnet werden: "Denn es ist konstruktiv einfach so schlecht, dass es ein sehr hohes Unfallpotential mitbringt."
Unfallursache Alkohol
Eine Erhebung der Bundesstatistiker aus dem vergangenen Jahr zeigte, dass bei Unfällen im Zusammenhang mit E-Scootern am häufigsten die falsche Benutzung der Fahrbahn sowie Alkoholkonsum die Ursache waren. In 18,6 Prozent der Fälle wurden demnach die Fahrbahn oder Gehwege nicht vorschriftsmäßig benutzt, in 18,0 Prozent waren die Fahrer alkoholisiert.
Experte Spering zufolge spielt Alkohol eine große Rolle: "Durch die Alkoholisierung ist die Reaktionsfähigkeit verringert und führt zu mehr Übermut bei den Fahrenden. Dadurch gibt es natürlich auch mehr Unfälle."
Die immer wieder geforderte Helmpflicht würde aus seiner Sicht das Problem nur bedingt lösen. "Es verhält sich nicht wie bei der Gurtpflicht. Diese werden durch den TÜV geprüft, Helme nicht." Auch der richtige Schutz für den Kopf sei relevant. "So braucht ein E-Bike-Nutzer einen anderen Helm als jemand, der mit einem E-Scooter fährt", erklärt Spering.
Wie auch bei Autofahrern gilt bei der Nutzung der elektrischen Tretroller in Bezug auf Alkohol eine Grenze von 0,5 Promille. Bei einigen Anbietern gibt es deswegen inzwischen eine Art Reaktionstest, bei denen die Fahrerinnen und Fahrer ihre Fahrtüchtigkeit unter Beweis stellen müssen. Dies sei etwa bei Großveranstaltung wie dem Kölner Karneval oder dem Oktoberfest in München der Fall, hieß es vom Unternehmen Lime.
Kurioses: E-Scooter statt Esel?
Wie viel kosten die E-Scooter zum Ausleihen eigentlich in Deutschland? Das kann je nach Tageszeit, Standort als auch mit Blick auf das Bezahlmodell variieren. Der Minutenpreis liegt derzeit bei verschiedenen Anbietern zwischen 19 und 29 Cent.
Auch Kurioses gab es - und gehört in diese Bilanz: Anfang Mai fuhr etwa ein Mann im Landkreis Dachau in Bayern der Polizei auf einem E-Scooter mit 80 Stundenkilometern davon. Auch auf den Autobahnen wurden die Roller gesichtet - etwa im August 2021, als ein Mann auf der A2 bei Bielefeld nach eigenen Angaben die Reichweite seines Akkus testen wollte.
Und bei den Oberammergauer Passionsspielen sollte ein E-Scooter zum Einsatz kommen: Wiederholt forderten Tierschützer, dass der Christus-Darsteller in einer Szene statt auf einem Esel per E-Scooter nach Jerusalem einziehen solle. (Von Sarah Knorr, dpa/fab)
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