Dieses Telefonat dürfte Tesla-Chef Elon Musk vielleicht noch bereuen: Gilt er bislang als Liebling der Wall Street, könnte der Tech-Milliardär den Bogen nun nach der Bilanzvorlage überspannt haben. In einer Telefonkonferenz vergreift er sich kräftig im Ton, Analysten sind genervt, die Aktie fällt stark.
An tiefrote Zahlen hat sich die Wall Street bei Autobauer Tesla inzwischen gewöhnt, doch
Tesla weist Rekordverlust aus
Dabei hatte es zuerst gar nicht so schlecht ausgesehen: Tesla schrieb im ersten Quartal zwar einen Rekordverlust von rund 710 Millionen Dollar (593 Mio Euro), wie das Unternehmen am Vorabend im kalifornischen Palo Alto mitgeteilt hatte. Damit wurde das Minus im Jahresvergleich mehr als verdoppelt.
Doch an der Wall Street war ein noch schlechteres Ergebnis befürchtet worden, deswegen wurden die Zahlen zunächst positiv aufgenommen. Auch der Umsatz übertraf mit einem Plus von 26 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar die Erwartungen.
Bizarre Telefonkonferenz mit Elon Musk schockt Anleger
Dann folgte allerdings die bizarre Telefonkonferenz von Tesla-Chef Elon Musk. Nachdem das übliche Frage-und-Antwort-Spiel mit Analysten und Investoren eine Weile unspektakulär vor sich hinplätscherte, fiel der Tech-Milliardär zunehmend aus der Rolle.
Musk bezeichnete Fragen als trocken, langweilig und "nicht cool" - und ließ sich stattdessen lieber von Privatanlegern via YouTube befragen. Wichtige Antworten, etwa wie viele Reservierungen noch für den Hoffnungsträger Model 3 vorliegen, blieb Musk schuldig. Die Frage, ob Tesla Kapitalbedarf habe, gefiel dem Starunternehmer überhaupt nicht.
Musk bleibt wichtige Antworten schuldig
Musk, der von seinen Anhängern als großer Visionär und genialer Innovator gefeiert wird, ist zwar durchaus für ungewöhnliche Aktionen bekannt. Doch die Art, wie er die Finanzprofis abkanzelte und Fragen auswich, die Anlegern unter den Nägeln brennen, ging vielen dann doch deutlich zu weit.
"Ich habe die Schalte sehr frustriert verlassen", sagte Expertin Lindland hinterher. Musk müsse sich den Fragen der Analysten stellen und nicht denen von "Fanboys" und Kleinanlegern, kritisierte sie. Zumal es so viel Informationsbedarf gibt, wie kaum jemals zuvor in der Geschichte des 2003 gegründeten Unternehmens.
Tesla steckt in der "Produktionshölle"
Denn Tesla kämpft weiterhin mit dem - von Musk selbst als "Produktionshölle" - bezeichneten Anlauf der Serienfertigung seines ersten Mittelklasseautos Model 3. Hier holpert es bislang gewaltig.
Vor allem die Batterie bereitet Probleme. Deshalb musste der Autobauer die Produktion im April teils ganz aussetzen. Musk kündigte an, dass die Bänder in diesem Quartal erneut angehalten werden müssten, um die Produktionsprozesse zu optimieren. Wenn alles nach Plan verlaufe, dann werde Tesla ab der zweiten Jahreshälfte aber Gewinn machen, bekräftigte der Unternehmenschef in einem Brief an die Aktionäre.
Musk: Produktionsprobleme sind "weitgehend" behoben
Zudem seien die Produktionsprobleme laut Musk inzwischen "weitgehend" behoben, in zwei Monaten würden wieder rund 5.000 Autos pro Woche vom Band fahren. In den ersten Aprilwochen waren es nur rund 2.000.
Bereits in der Vergangenheit wurden aber die hochtrabenden Ziele des Firmenchefs oftmals gerissen. Vor diesem Hintergrund und mit dem bizarren Auftritt während der Telefonkonferenz ging die Tesla-Aktie auf Talfahrt. Die Verluste lagen deutlich über sechs Prozent im Vergleich zum Vortag.
Tesla will mit Model 3 Automobilmarkt umkrempeln
Mit seinem Model 3 will der Elektroautobauer den Durchbruch auch jenseits des Luxussegments schaffen. Für die Limousine, mit einem Startpreis von 35.000 Dollar (rund 28.000 Euro) erschwinglicher als die bisherigen Tesla-Modelle, gibt es 400.000 Vorbestellungen. Langfristig strebt Tesla eine Stückzahl von 10.000 Model-3-Fahrzeugen pro Woche an. Davon ist man momentan aber noch weit entfernt.
Zudem hat die Firma noch nie ein Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen. Einige Finanzexperten rechnen damit, dass das Unternehmen dieses Jahr noch einmal frisches Geld am Kapitalmarkt besorgen muss, um seine ambitionierten Ziele erreichen zu können.
Damit dürfte die Luft auch für einen Elon Musk langsam eng werden. (mgb / dpa / afp)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.