- Gute Nachrichten für die Ampel-Parteien in einer schwierigen Phase der Koalitionsverhandlungen.
- SPD, Grüne und FDP können voraussichtlich mehr Steuereinnahmen verplanen als gedacht.
- Trotz Coronakrise sei Deutschland finanziell gut aufgestellt, prognostiziert Olaf Scholz.
Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP können in den nächsten Jahren mit deutlich mehr Steuereinnahmen rechnen. Steuerschätzer gehen aktuell davon aus, dass bis 2025 rund 179 Milliarden Euro mehr in die Kassen von Bund, Ländern und Kommunen fließen als noch im Mai vorhergesagt. "Die nächste Bundesregierung kann auf einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik aufbauen", erklärte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag in Berlin.
Allein der Bund wird der Experten-Prognose zufolge in diesem Jahr 11,7 Milliarden Euro mehr einnehmen als man zunächst erwartete. Insgesamt können dann 305,4 Milliarden verplant werden. In den Folgejahren soll es ähnlich gut weitergehen: Zwischen 2021 und 2025 werden pro Jahr im Durchschnitt mehr als 14 Milliarden Euro zusätzlich in den Bundeshaushalt fließen. Bei den Ländern fällt das Plus sogar noch höher aus.
Steuereinnahmen wachsen stärker als gedacht
Grund für den Optimismus gibt vor allem der erwartete wirtschaftliche Aufschwung nach Ende des Pandemie-Tiefs. Die Erholung kommt - gedämpft durch Lieferengpässe und Corona-Folge - zwar nicht so voran, wie die Bundesregierung zunächst erwartet hatte. Im kommenden Jahr wird die Wirtschaft laut Herbstprognose aber deutlich an Fahrt gewinnen. Auch die "Wirtschaftsweisen", Berater der Bundesregierung, rechnen damit, dass privater Konsum und Industrieproduktion sich dann wieder normalisieren.
Wegen der Pandemie schwingt bei den Steuerschätzungen seit dem vergangenen Jahr allerdings mehr Unsicherheit mit als früher. Es ist kaum vorhersehbar, ob weitere Infektionswellen Wirtschaft und Konsum noch einmal ausbremsen, wie das Virus mutiert und ob die Impfquoten steigen wie gewünscht.
Die optimistische Prognose gibt SPD, Grünen und FDP aber erst einmal mehr Spielraum in den laufenden Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag: Möglicherweise kann man sich das ein oder andere umkämpfte Projekt nun doch leisten. Das grundlegende Finanzproblem der Ampel aber lösen Mehreinnahmen in der erwarteten Größenordnung kaum. 50 Milliarden Euro sollen pro Jahr zusätzlich in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung investiert werden - mit Schuldenbremse und ohne nennenswerte Steuern zu erhöhen.
Die Verhandler ringen daher um Wege, mehr Mittel zu mobilisieren, etwa über die Förderbank KfW, über öffentliche Unternehmen oder Investitionsgesellschaften. Diese Gesellschaften und Unternehmen zählen nicht zum Kernhaushalt des Bundes, dürfen also Kredite aufnehmen. So könnte etwa eine Fernstraßengesellschaft Geld leihen und das Straßennetz sanieren. Selbst die "Wirtschaftsweisen" waren zuletzt unterschiedlicher Meinung darüber, ob eine solche Umgehung der Schuldenbremse sinnvoll ist oder nicht.
Nach Corona-Jahren soll jetzt der Aufschwung kommen
Fest steht: In den vergangenen Jahren hat die Corona-Krise ein riesiges Loch in die Staatshaushalte gerissen. 2020 und 2021 genehmigte sich der Bund neue Schulden von mehr als 370 Milliarden Euro. Nach vorläufigen Plänen könnten auch im kommenden Jahr mit ausgesetzter Schuldenbremse noch einmal fast 100 Milliarden Euro Kredite aufgenommen werden.
Gerade warnte der Bundesrechnungshof, der Schuldenberg des Bundes drohe bis Ende 2022 auf nahezu 1,5 Billionen Euro anzusteigen. "Der Bund hat seinen finanziellen Spielraum damit ausgereizt", hieß es. © dpa
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